„Ziele setzen und Zeiträume definieren“
Alwin Neulinger: Einzelhandel und seniorengerechtes Wohnen würde Sigmarszell gut zu Gesicht stehen
- Alwin Neulinger hat sich seit 2010 für die Wählergemeinschaft Bösenreutin-SigmarszellNiederstaufen (WBSN) im Gemeinderat Sigmarszell engagiert. In der aktuellen Wahlperiode hat er sich nicht mehr zur Wahl gestellt, weil sich sein Beruf und die Gemeinderatstätigkeit nicht mehr vereinbaren lassen. LZ-Mitarbeiterin Susi Donner hat sich mit dem Bauingenieur unterhalten.
Seine Herzensangelegenheit ist die Entwicklung der Grundversorgung. „Auf dem Weg dorthin ist mit dem Dorfladen in Niederstaufen erst eine kleine Lösung erreicht. Er ist nicht genug für gesamt Sigmarszell“, gibt er zu bedenken. Durch die Schließung der Metzgerei Rädler habe sich die Grundversorgung nochmals verschlechtert. „Ich bin der Meinung, dass die Ansiedlung von Einzelhandel im Gemeindegebiet Sigmarszell grundsätzlich möglich und absolut notwendig ist.“Es gebe kaum mehr Kommunen in der Größenordnung Sigmarszells, in denen kein Einzelhandel vorhanden sei. Für ebenso wichtig halte er die Förderung eines seniorengerechten Umfeldes, also die Umsetzung einer Seniorenwohnanlage. „Hier müssen die Ideen, die es durchaus gibt, vorangetrieben werden“, sagt er. „Beides würde Sigmarszell gut zu Gesicht stehen.“
Alwin Neulinger ist 1962 in Schwandorf geboren. 1975 siedelte seine Familie nach Markdorf um, wo er die Realschule und anschließend das Technische Gymnasium in Friedrichshafen besuchte. Es folgten zwei Jahre Wehrdienst und das Studium Bauingenieurwesen an der FHT Stuttgart. In dieser Zeit lernte er seine Frau Friederike kennen. Nach dem Studium bewarb er sich in Lindau bei der Niederlassung der Baresel AG. Das Paar suchte eine Wohnung und fand sie in Sigmarszell, wo es mit offenen Armen von der Familie Eichelberger im Dornacher Wald aufgenommen wurde, bis es 1998 sein Eigenheim in der Sonnenhalde baute.
Acht Jahre lang war Neulinger als Bauleiter mit dem Schwerpunkt Ingenieurbau am Bau vieler Projekte in der Region beteiligt, wie bei der Flughafenbrücke über die Bundesbahn, den Brücken entlang der B 31 neu und den Bahnbrücken in Weißensberg und Sigmarszell. Die nächsten zehn Jahre war er Oberbauleiter und Niederlassungsleiter Tettnang für die Kirchhoff AG mit dem Schwerpunkt Brückeninstandsetzung. Seit 2009 war er Niederlassungsleiter der Geiger Unternehmensgruppe Oberstdorf in Ravensburg/Bodnegg und sanierte unter anderem die großen Parkhäuser in der Region. „Es gab kaum ein Großprojekt, bei dem wir nicht die Finger im Spiel hatten“, erzählt der Ingenieur. Zwei Jahre lang leitete er gleichzeitig die Niederlassung seiner Firma in Stuttgart. Aktuell übernimmt er innerhalb der Geiger Bauwerksanierung neue Aufgabenbereiche mit vermehrter Reisetätigkeit. Er entwickelt neue Methoden und fortschrittliche Techniken weiter, wie den kathodischen Korrosionsschutz, und bekam die Geschäftsführung der KNG Consulting GmbH übertragen, einer Beratungsgesellschaft, die die neuen Techniken deutschlandweit auf den Markt bringen wird.
„In all dieser beruflichen Verantwortung war und ist Sigmarszell meine Basis, mein Rückzugsort, mein Lebensmittelpunkt. Unsere drei Kinder durften hier wunderbar aufwachsen und wir fühlen uns seit 30 Jahren pudelwohl in Sigmarszell“, schwärmt Neulinger. Mit dem Dorf, in dem sie eher zufällig gelandet seien, verbinde er Heimat, gelebtes Brauchtum, ein umfangreiches Vereinswesen, die einmalige landschaftliche Lage im Vierländereck und die kulturelle Vielfalt. Und nicht zu vergessen: „Sigmarszell liegt sehr verkehrsgünstig, was für die Ausübung meines Berufs sehr hilfreich ist.“
Das Vereinsleben nutzt die ganze Familie Neulinger gern. Sie sind Mitglieder im TSV Schlachters, im Musikverein Sigmarszell und im Tennisclub Sigmarszell, dessen Jugendwart Alwin Neulinger sechs Jahre lang war, von 2004 bis 2010. „Das war eine intensive und gute Vereinszeit, die ich durch die Unterstützung meiner Frau sehr schön erlebt habe.“
Nachfragen der WBSN, sich für die Gemeinde zu engagieren, und dabei insbesondere der Kontakt zu Christian Kern, weckten in ihm die Bereitschaft, sich 2008 zur Wahl aufstellen zu lassen. Er unterstützte die Wahlzeit der Fraktion, verpasste knapp den Einzug in den Gemeinderat, war 2010 schließlich Nachrücker und wurde 2014 erneut gewählt. In beiden Amtsperioden engagierte er sich im Bauausschuss, in der zweiten Amtsperiode zudem in der Verbandsversammlung des Zweckverbands
Wasserversorgung Handwerksgruppe. Ebenfalls habe er sich für den Erhalt des dörflichen und ländlichen Charakters der Gemeinde eingesetzt, berichtet Neulinger im LZ-Gespräch weiter, für eine maßvolle Entwicklung innerhalb des Gemeindegebietes, sowie für die Stärkung und Förderung der Vereine. Er habe viele kleine Maßnahmen im Bereich Bau und Unterhalt begleitet: Die Hilfe bei der Planung und Umsetzung des Kunstrasenplatzes für den TSV Schlachters und die Planung und Umsetzung des Mahnmals am Friedhof im Kirchdorf Sigmarszell nennt er als Beispiele. „Selbstverständlich“werde er sich weiter in der Gemeinde einbringen und insbesondere in Fragen der Bestandserhaltung, Instandsetzung, Sanierung und Werterhalt von Gebäuden als Ansprechpartner verfügbar sein.
Dem neuen Gemeinderat wünscht Neulinger, dass ihm die moderate Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten gelingt sowie die Definition von Zielen für die Gemeindeentwicklung samt klarer Formulierung von Zeiträumen zur Umsetzung der Projekte.
Er sei es beruflich gewohnt, Ziele immer zusammen mit einem Zeitraum zu setzen. „Das fehlt mir in der Gemeindearbeit, da geht vieles zu zäh und zu langsam. Das ist ein strukturelles Problem der Kommunalpolitik, an das ich mich erst habe gewöhnen müssen.“