Für den Baubeginn fehlt weiter ein Termin
100 Wohnungen sollen im denkmalgeschützten Bau des ehemaligen Kreiskrankenhauses in Kempten entstehen – Kemptener fühlen sich ans Große Loch erinnert
- Als Klinik hat das ehemalige Kreiskrankenhaus längst ausgedient. Am 23. November 2012 zog die damalige Belegschaft mit 75 Patienten von der Memminger Straße ins Klinikum an der Robert-WeixlerStraße um. Der Großteil des Geländes zwischen Gottesackerweg und Madlenerstraße ging an ein Konsortium aus Sozialbau und Sozialwirtschaftswerk, das in den vergangenen Jahren 120 Wohnungen errichtet hat. Unter Sozialbau-Regie entstanden zudem das neue Allgäu-Hospiz sowie ein Büro- und Geschäftshaus. Wo sich dagegen gar nichts tut, ist im denkmalgeschützten Kopfbau des ehemaligen Distriktspitals.
Ein Käufer war seinerzeit schnell gefunden: Die Münchner Millenium Development AG bot dem Klinikverbund den besten Preis für den markanten Trakt und bekam den Zuschlag. Ausgeräumt und neu vermessen war bald. 100 Wohnungen, hauptsächlich für den Verkauf, sollten im Denkmal eingebaut werden.
Nach einigem juristischen Hin und Her kam ein städtebaulicher Vertrag zustande. Er regelt beispielsweise, welche Maßnahmen zum Lärmschutz der künftigen Bewohner notwendig sind. Von einem verpflichtenden Datum für einen Baubeginn ist darin nicht die Rede.
Gewisse Fristen gibt es dennoch. So sind Baugenehmigungen vier Jahre lang gültig ab dem Tag ihrer Erteilung. Der Bescheid der Stadt für die Memminger Straße 52 trägt das Datum 25. Januar 2017.
Wird Anfang des nächsten Jahres also doch etwas passieren? Nein, danach sieht es nicht aus: „Wir haben unsere vorausgehende baugenehmigte Planung inzwischen tektieren müssen und erhielten im März 2019 eine Baugenehmigung für diese Tektur erteilt“, antwortet MilleniumVertriebsleiterin Andrea Horn auf Anfrage. Unter Tektur verstehen Baufachleute nachträgliche Ergänzungen öder Änderungen, die allerdings den grundlegenden Charakter des Vorhabens wahren müssen. Einen Baubeginn in Kempten könne die Aktiengesellschaft nicht festlegen, „nachdem wir derzeit immer noch stark in anderen Großprojekten eingebunden sind“, schreibt Horn.
Die Millenium-Gruppe hat einen Großteil des ehemaligen Fabrikgeländes der Augsburger KammgarnSpinnerei entwickelt und ist dort auf einem weiteren Areal aktiv.
Solche Aktivitäten wünschen sich viele Kemptener auch fürs ehemalige Kreiskrankenhaus. Heimatverein, Stiftsstadtfreunde, Hospizverein, Stadträte haben die Brache mittlerweile beklagt, als „Schandfleck“bezeichnet und sogar Parallelen zur Skandalbaustelle, dem Großen Loch, gezogen. Auch die Stadt hat bereits Kontakt mit den aktuellen Eigentümern aufgenommen – ohne Ergebnis. Die Vermutung, dass Millenium das Gelände letztlich nur gewinnbringend veräußern wolle, haben die Verantwortlichen stets zurückgewiesen. Der städtebauliche Vertrag ist für diesen Fall indes so ausgelegt, dass die darin vereinbarten Pflichten auf einen neuen Käufer übergehen würden.