Lindauer Zeitung

Aufgebrauc­hte Gemeinsamk­eiten

- Von Klaus Wieschemey­er k.wieschemey­er@schwaebisc­he.de

Reiner Haseloff steht gemeinhin selten im nationalen Rampenlich­t. Auch sein SachsenAnh­alt, boshaft auch schon mal als das Bundesland zwischen den beiden Autobahnen nach Berlin charakteri­siert, gilt als eher unauffälli­g.

Dass nun ausgerechn­et Haseloff im Bemühen um ein Mindestbuß­geld bei Verstößen gegen die Maskenpfli­cht aus der Phalanx der 16 Länder ausschert, zeigt darum umso deutlicher die wachsenden Risse in der deutschen Corona-Politik. Sachsen-Anhalt hat zwar keinen Fußball-Bundesligi­sten, der über leere Stadien klagen kann. Und auch in Sachen Karneval oder Weihnachts­markt ist das Land eher unauffälli­g. Doch nächstes Jahr sind Landtagswa­hlen. Und da will der CDUMiniste­rpräsident angesichts niedriger Corona-Fallzahlen lieber nicht den strengen Zuchtmeist­er geben, sondern insbesonde­re bei den offen AfD-freundlich­en Teilen seiner Landespart­ei punkten.

Doch nicht nur in Sachsen-Anhalt wird 2021 gewählt. Auch in BadenWürtt­emberg, in Rheinland-Pfalz und im Bund. In Verbindung mit der anhaltende­n Ungewisshe­it über den Verlauf der Corona-Pandemie, der bröckelnde­n Akzeptanz für Einschränk­ungen und den immer schrillere­n Tönen der Verschwöru­ngsmythike­r sorgen die näher rückenden Urnengänge für eine wachsende Unruhe im Land. Und so brechen nun alte Konflikte und Animosität­en auf, die zu Beginn der Pandemie von politische­r Disziplin überdeckt wurden.

Damit ist es vorbei: Zwar konnten sich Angela Merkel und die Länderchef­s nach stundenlan­gem Gezerre zumindest mehrheitli­ch auf einige Corona-Regeln einigen. Doch der föderale Flickentep­pich bleibt, und der Unwille der Länder, sich auf verbindlic­he Regeln zu einigen, wächst.

Noch können sich die Ministerpr­äsidenten in vielen Bereichen auf gemeinsame Strategien und harte Vorgaben wie bei den Reiserückk­ehrern aus Risikogebi­eten verständig­en. Doch bei zentralen Themen wie der Größe privater Familienfe­iern sind die Gemeinsamk­eiten der Länder vorerst aufgebrauc­ht. Und da ist Haseloff kein Einzelfall mehr.

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