Lindauer Zeitung

Warten auf den Gerichtsen­tscheid

Merkel äußert Verständni­s für Verbot der Corona-Demo – Initiative Querdenken 711 reicht Eilantrag ein

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(dpa) - Nach dem Verbot der geplanten Demonstrat­ion in Berlin gegen die Corona-Politik liegt eine erste Entscheidu­ng dazu beim Berliner Verwaltung­sgericht. Die Veranstalt­er-Initiative Querdenken 711 aus Stuttgart legte erwartungs­gemäß Widerspruc­h gegen die Verbotsver­fügung der Berliner Polizei ein. Ein entspreche­nder Eilantrag sei am Donnerstag per Fax eingegange­n, sagte ein Gerichtssp­recher. Die Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts falle wahrschein­lich am Freitag.

Indes bereitete sich die Polizei auf das Wochenende und besonders den Samstag vor. Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) hatte bereits angekündig­t, die Polizei werde mit mehreren Tausend Beamten präsent sein, um entweder das Demonstrat­ionsverbot oder aber harte Bestimmung­en für die Protestier­er durchzuset­zen.

Kanzlerin Angela Merkel äußerte am Donnerstag nach Beratungen mit den Ministerpr­äsidenten der Länder Verständni­s für das Demonstrat­ionsverbot. „Dass Berlin natürlich auch sehr viel Wert darauf legt, dass auch Demonstrat­ionen Hygienevor­schriften unterliege­n, ist klar. Also: Respekt dafür“, sagte die CDU-Politikeri­n.

Polizisten luden am Donnerstag zahlreiche Absperrgit­ter an den Straßen im Regierungs­viertel nahe dem Reichstags­gebäude und dem Bundeskanz­leramt ab. Damit können große Bereiche relativ unkomplizi­ert abgeriegel­t werden. Anhänger von Querdenken bauten bereits in den vergangene­n Tagen ein Dutzend Zelte auf einem Parkplatz im Tiergarten am Regierungs­viertel auf.

Klar ist, dass die Kontrovers­e um die Demonstrat­ion am Freitag voraussich­tlich auch die nächste Gerichtsin­stanz beschäftig­en wird. Sowohl Querdenken als auch Senator Geisel hatten angekündig­t, wenn nötig auch vor das Oberverwal­tungsgeric­ht zu ziehen. Die Demonstrat­ionsanmeld­er wollen bei einer Niederlage sogar die oberste Instanz, das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe, anrufen.

Zu der Kundgebung am Samstag hatte die Initiative 22 000 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem Brandenbur­ger Tor angemeldet. Die Versammlun­gsbehörde der Polizei hatte diese größere Demonstrat­ion und neun weitere kleinere Veranstalt­ungen am Mittwoch verboten.

In der neunseitig­en Verfügung begründete sie das Verbot mit dem Gesundheit­sschutz für die Bevölkerun­g. Schon bei der letzten Demonstrat­ion am 1. August mit 30 000 Teilnehmer­n habe sich gezeigt, dass die meisten Menschen weder einen Sicherheit­sabstand eingehalte­n noch Masken getragen hätten. Daher sei eine Versammlun­g von noch mehr erwarteten Menschen, die die Corona-Schutzmaßn­ahmen im Alltag wie auch bei Demonstrat­ionen ablehnten und ignorierte­n und so das Virus verstärkt verbreiten würden, zu gefährlich. Das Infektions­risiko werde so „exponentie­ll gesteigert“.

Aus Protest gegen das Verbot sind bei der Berliner Polizei mittlerwei­le mehr als 1000 neue Demonstrat­ionen

für das Wochenende angemeldet worden. Man erwarte, dass diese Zahl weiter steigen werde, weil entspreche­nde Aufrufe im Internet kursierten, sagte eine Polizeispr­echerin. Eine Demonstrat­ion lässt sich einfach und schnell über ein Formular auf der Internetse­ite der Polizei anmelden. Im Internet waren bereits Aufrufe erschienen, trotz des Verbots in die Hauptstadt zu reisen und zu protestier­en. Teilweise wurden dabei Gewalt und politische­r Umsturz gefordert.

Innensenat­or Geisel zeigte sich laut einem „Tagesspieg­el“-Bericht besorgt, dass es zu Gewalt kommen könnte. Es habe erhebliche Drohungen gegen seine Behörde und die Polizei gegeben. Im RBB-Inforadio sagte er, am 1. August seien 3000 bis 4000 Neonazis unter den 20 000 bis 30 000 Demonstran­ten gewesen. „Wir erwarten am Wochenende einige Tausend Neonazis mehr, auch einige Tausend Demonstran­ten mehr.“

Nach Einschätzu­ng des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz spielen Rechtsextr­emisten allerdings keine führende Rolle bei den Demonstrat­ionen. Rechtsextr­emistische Parteien hätten immer wieder vergeblich versucht, Einfluss zu nehmen, sagte Verfassung­sschutzprä­sident Thomas Haldenwang dem ARD-Magazin „Kontraste“. Der Verfassung­sschutz sehe bei den Demonstrat­ionen „eine große Anzahl von Menschen, die den unterschie­dlichsten Verschwöru­ngstheorie­n anhängen“. Das sei aber alles im Bereich dessen, „was sich noch auf dem Boden des Grundgeset­zes bewegt“.

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FOTO: CHRISTOPH SOEDER/DPA Zur Kundgebung am Samstag hatte die Initiative 22 000 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni angemeldet.

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