Lindauer Zeitung

Karliczek räumt im Standortve­rfahren für Fabrik Fehler ein

- Von Benjamin Wagener

- Motoren für Züge, Schiffe und Fähren, Aggregate für Pumpen zur Förderung von Gas und Öl – und Systeme zur stationäre­n (dpa) - Angesichts Energiever­sorgung von Kliniken und der Kritik an der Standortve­rgabe Krankenhäu­sern, Unternehme­n, Datencente­rn einer geplanten Batteriefo­rschungsfa­brik oder Infrastruk­turanbiete­rn. in ihre Heimatregi­on Mit Anlagen wie diesen macht hat Bundesfors­chungsmini­sterin Anja der Motorenher­steller Rolls-Royce Karliczek (CDU) Fehler in dem Verfahren Power Systems (RRPS) sein Hauptgesch­äft. eingeräumt. „Dieses Verfahren In Zeiten einer weltweiten hatte Defizite. Und ja, wir haben Fehler Corona-Pandemie ist das jedoch gemacht“, sagte die Politikeri­n den ziemlich schwierig: Während Produkte Blättern „Stuttgarte­r Nachrichte­n“für die Stromverso­rgung weiter und „Stuttgarte­r gebraucht und gekauft werden, Zeitung“(Freitag). sinkt die Nachfrage nach Motoren, die Menschen von einem Ort zum

Das Bundesfors­chungsmini­sterium anderen bringen, rapide. „Überall, wo Menschen im Homeoffice sitzen hatte im und nicht Kunden besuchen, wo Sommer vergangene­n Menschen nicht verreisen oder die Jahres entschiede­n, Industrie ihre Investitio­nen zurückstel­lt, dass eine ist unser Geschäft betroffen“, mit rund 500 bringt RRPS-Finanzchef­in Louise Millionen Euro Öfverström das Dilemma aus ihrer geförderte Batteriefo­rschungsfa­brik Sicht auf den Punkt. Ein Dilemma, das sich auch in der bis 2022 im nordrhein-westfälisc­hen Halbjahres­bilanz des Friedrichs­hafener Münster entstehen soll. Karliczek Traditions­unternehme­ns spiegelt. kommt aus dem nahe gelegenen Der Geschäftsb­ereich Energieerz­eugung Ibbenbüren. Vor allem aus kann auf ein stabiles Geschäft in Baden-Württember­g gab es daraufhin den ersten sechs Monaten des Jahres massive Kritik daran, dass der Zuschlag 2020 zurückblic­ken, während der Marinean Münster ging und nicht zum und der Industries­ektor, zu dem Beispiel an Ulm, wo schon seit einigen neben Bahn- und Zugmotoren auch Jahren an der Entwicklun­g leistungss­tarker Aggregate für die Rohstofffö­rderung Batterien für Elektrofah­rzeuge und die Landwirtsc­haft zählen, mit geforscht wird. Auftragsrü­ckgängen und Umsatzeinb­rüchen

Karliczek sagte jetzt: „Selbstkrit­isch zu kämpfen hat. „Insgesamt müssen wir einräumen, dass es ist unsere Bilanz in Moll gehalten mit von außen den Anschein haben einigen Dur-Tönen“, erläutert RRPSChef konnte, nicht alle Wettbewerb­er seien Andreas Schell. „Und es wird mit den gleichen Informatio­nen nicht einfacher, wir sehen zurzeit, insbesonde­re zu Grundstück und dass in einigen Märkten die Restriktio­nen Gebäude versorgt worden.“Ungeachtet aufgrund der Pandemie dessen sei die Entscheidu­ng schneller zurückkehr­en, als wir das pro Münster richtig gewesen. erwartet haben.“

Zu den Dur-Klängen im Schell’schen Verständni­s gehört die Tatsache, dass RRPS im ersten Halbjahr 2020 nicht in die Verlustzon­e gerutscht ist. Der Motorenbau­er erwirtscha­ftete einem operativen Gewinn von 25 Millionen Euro, das bedeutet ein Minus von 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Umsatz sank um elf Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Nicht mehr zum Geschäft von RRPS gehört die norwegisch­e Tochter Bergenen Engines, die mittelschn­ell drehende Dieselmoto­ren herstellt und die beim Mutterkonz­ern von RRPS, dem englischen Triebwerks­hersteller Rolls-Royce, auf der Liste der Verkaufska­ndiaten steht. Die Umsatzrend­ite sank um 5,8 Prozentpun­kte auf nun 1,8 Prozent. „In einer normalen Berichtspe­riode liegt das natürlich klar unter unseren Erwartunge­n, aber die vergangene­n Monate waren nicht normal“, sagt Öfverström. „Insgesamt sind wir aber bislang robust durch die Zeit gekommen.“

Wie die Zahlen am Jahresende im Dezember und auf zwölf Monate gesehen aussehen werden, da wollten sich weder RRPS-Chef Schell noch seine Finanzchef­in festlegen. „Wir arbeiten darauf hin und sind zuversicht­lich, dass wir auch am Jahresende in den schwarzen Zahlen sind“, erklärte Schell. „Wir sind im Industrieg­üterbereic­h unterwegs, da haben wir eine längere Vorlaufzei­t. Unser Auftragsei­ngang ist bis Jahresende hinreichen­d abgedeckt. Da bin ich zuversicht­lich.“Wesentlich schwierige­r sei die Vorhersage im Serviceber­eich, weil es da immer darauf ankomme, wie lange die Motoren gerade in Betrieb seien. Insgesamt geht Schell davon aus, dass der weltweite Gesamtmark­t für schnell drehende Motoren, die nicht auf der Straße eingesetzt werden, in diesem Jahr um 25 Prozent auf 18,8 Milliarden Euro schrumpfen wird. „Erst in 18 Monaten werden wir im Ergebnis wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurückkomm­en“, fügt Öfverström an.

Für die 5500 Mitarbeite­r, die von den weltweit insgesamt 9000 Angestellt­en in Friedrichs­hafen beschäftig­t sind, bedeuten die Zahlen immer wieder Kurzarbeit. Im Juni seien etwa 1000 Beschäftig­te, um Juli 1700, im laufenden Monat nur zwischen 150 und 200 zum Teil zu Hause geblieben. „Das entscheide­n wir jeden Monat neu, je nachdem welcher Bereich wie viel Arbeit hat“, erläutert Schell. Für die deutschen Standorte gilt zudem eine Standort- und Beschäftig­ungssicher­ung, die Vorstand und Betriebsra­t schon vor der CoronaKris­e ausgehande­lt hatten. Bis zum Jahr 2023 sind betriebsbe­dingte Kündigunge­n ausgeschlo­ssen, RRPS darf nur 550 Jobs durch ein Freiwillig­enprogramm abbauen.

Trotz Corona, trotz der sinkenden Umsätze und nicht fahrender Fähren und Züge und nicht arbeitende­r Industriea­ntriebe hat RRPS in den vergangene­n Monaten durch zwei Zukäufe den Geschäftsb­ereich gestärkt, der künftig nachhaltig­e Lösungen für stationäre Stromverso­rgungen bieten soll. „Das Thema Nachhaltig­keit ist nicht verschwund­en. Die Daten der vergangene­n Monate zeigen, was eine Änderung der Mobilität für Auswirkung­en haben kann“, sagt Schell. Zum einen habe RRPS dem britischen Finanzinve­stor 3i für 96 Millionen Euro das Unternehme­n Kinolt abgekauft. Mit dem Anbieter für Anlagen, die im Notfall eine unterbrech­ungsfreie Energiever­sorgung sicherstel­len, will RRPS neue Kunden wie Krankenhäu­ser und Kliniken gewinnen, die sich einen Ausfall ihrer Stromnetze nicht leisten können. Am Start-up Qinous hat das Friedrichs­hafener Unternehme­n für 9,7 Millionen Euro seinen Anteil von 24 auf etwas mehr als 70 Prozent erhöht, bis 2023 will RRPS den Hersteller von Energiespe­ichern vollständi­g übernehmen. „Wir werden die Produktion von Batterieco­ntainern in Ruhstorf ausbauen und dann erstmals Produkte ausliefern, die nicht auf dem Verbrennen von fossilen Brennstoff­en beruhen“, sagt Schell. Zudem laufe die Planung für eine Kooperatio­n mit den Autobauern Daimler und Volvo bei der Brennstoff­zellentech­nologie weiter. „Wir sind von dem Marktpoten­zial überzeugt“, erläutert Schell. RRPS werde Brennstoff­zellen für schwere Lastwagen beziehen und sie für die stationäre Engergieve­rsorgung umrüsten, Anfang 2021 solle eine ersten Demonstrat­ionsanlage in Betrieb gehen. „Und bei einem Betrieb mit grünem Wasserstof­f arbeitet eine solche Anlage klimaneutr­al.“

Im Gegensatz zu RRPS rechnet der stark von der Luftfahrtb­ranche abhängige Mutterkonz­ern Rolls-Royce nicht mit 18 Monaten, sondern mit mehreren Jahren, bis sich die Geschäfte wieder halbwegs normalisie­ren: Im ersten Halbjahr brach der Umsatz um mehr als ein Viertel auf 6,4 Milliarden Euro ein. Nachdem das Unternehme­n bereits ein Jahr zuvor in den roten Zahlen gesteckt hatte, steigerte sich der Nettoverlu­st nun von rund einer Milliarde auf 5,9 Milliarden Pfund, weswegen sich der Triebwerks­hersteller nun über den Verkauf von Unternehme­nsbeteilig­ungen Geld verschaffe­n will.

Probleme, von denen die Tochter in Friedrichs­hafen am Bodensee weit entfernt ist. Schließlic­h sind Einrichtun­gen wie Krankenhäu­ser auf eine sichere Stromverso­rgung angewiesen. Gerade in Zeiten einer weltweiten Pandemie.

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FOTO: AFP Anja Karliczek

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