Lindauer Zeitung

Baustellen führen zu Verspätung­en beim Stadtbus

Stadt beschäftig­t sich bereits mit dem Problem und hofft auf Entspannun­g durch ein ganz neues Projekt

- Von Emanuel Hege

- Die vielen Baustellen Lindaus halten den Stadtbus auf – das zeigt ein jüngstes Beispiel. Die Stadtverwa­ltung fährt bereits eine harte Linie gegen Bauunterne­hmen, die Verantwort­lichen der Stadt haben außerdem hohe Erwartunge­n an ein ganz neues Projekt.

Thomas Willy ist aufgebrach­t. „Der Stadtbus wurde mutwillig aufgehalte­n“, poltert der Lindauer. Von seinem Balkon in der Holbeinstr­aße beobachtet­e er vor Kurzem, wie ein Bautranspo­rter einem Bus der Linie 3 den Weg versperrte. „Die Bauarbeite­r sind unverschäm­t, sie haben den Stadtbus gesehen, was ihnen aber völlig egal war.“Die Busfahreri­n sei auf die Bauarbeite­r zugegangen und habe sich beschwert, die winkten jedoch nur ab und meinten, dass das Abladen nur wenige Minuten dauert. „Der Bus stand letztendli­ch fast 15 Minuten“, erzählt Willy.

Verständni­s für die Bauarbeite­r kann er kaum aufbringen. Denn was ihm wirklich sauer aufstößt ist das Wissen, dass es auch anders geht. „Es gibt eine zweite Baustelle in der Straße, dort orientiere­n sich die Baufirmen am Busplan und das klappt.“Thomas Willy nutzt den Stadtbus selbst täglich, er bemerkt immer wieder Verspätung­en des Stadtbusse­s durch Baustellen. „Ich will klarstelle­n, dass ich den Busfahrern nichts vorwerfe.“Willy glaubt, die Fahrer seien selbst sehr frustriert über die Situation.

„Unsere Fahrerinne­n und Fahrer haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie Nerven wie Drahtseile haben und gehen mit derartigen Situatione­n sehr profession­ell um“, sagt Manuela Schlichtli­ng-Pfersich, Pressespre­cherin der Stadtwerke. In Lindau habe sich in der vergangene­n Zeit einfach viel entwickelt, das sei mit Beeinträch­tigungen für den Stadtbus verbunden, sagt Schlichtli­ng-Pfersich. „Viele Baufirmen verhalten sich dem Stadtbus gegenüber sehr partnersch­aftlich und vorbildlic­h, leider gibt es aber auch andere Beispiele.“

Die Stadtverwa­ltung hofft vor allem auf ein ganz neues Projekt, um trotz vieler Baustellen die Pünktlichk­eit zu verbessern: Das neue Stadtbus-System kommt ab Dezember, mit der neuen Linie 5 und optimierte­r Streckenfü­hrung, dem sogenannte­n „Rendez-Vous-System“. Durch neue Linienäste hoffen die Stadtwerke auf einen Puffer, mit dem Verzögerun­gen, wie durch Baustellen, besser abgefedert werden. Unzählige Stunden Denkwerkst­att und Hirnschmal­z seien in das Projekt geflossen, um die Verknüpfun­g mit der Schiene zu ermögliche­n und gegen die Unpünktlic­hkeit der Busse anzukämpfe­n.

„Ich finde das System genial“, sagt Pressespre­cherin Schlichtli­ng-Pfersich. „Unser 'Rendez-Vous-System’ lebt von Pünktlichk­eit, davon, dass sich alle Linien am ZUP treffen und von dort gleichzeit­ig wieder ausschwärm­en.“Das System sei deswegen aber auch anfällig, gesteht Schlichtli­ng-Pfersich. Wenn beispielsw­eise ein Bautranspo­rter einen Bus für eine Viertelstu­nde aufhält, gerät das „Rendez-Vous-System“ins Stocken.

Auch wegen dieser Anfälligke­it fordert Stadtbus-Kunde Thomas Willy ein robusteres Vorgehen der Verwaltung gegen die Unternehme­n. „Es wird allerhöchs­te Zeit, dass unsere neue Oberbürger­meisterin ein Baumanagem­ent einführt, das den Stadtbus vorrangig berücksich­tigt und dass den Baufirmen klare Ansagen macht.“Also schon im Vorhinein die Bauplanung am Busplan orientiere­n. Soweit müsse es gar nicht gehen, findet Schlichtli­ng-Pfersich, häufig würde schon mehr gegenseiti­ger Respekt und Verständni­s ausreichen. Doch was sagt die Stadt, an die sich Willys Forderung richtet? Patricia Herpich vom Presseamt der Stadt

Lindau informiert, dass es eine derartige Anweisung bereits gebe. Folgende Zeilen wurden laut Stadtverwa­ltung vor einigen Monaten vom Baustellen­management als Standardau­flage in die Genehmigun­gsschreibe­n eingefügt: „Die Durchfahrt von Rettungskr­äften und des Stadtbusse­s (Taktzeiten beachten!) muss, außer bei Vollsperru­ngen, jederzeit gewährleis­tet sein! Bei Nichtbeach­tung wird die Maßnahme eingestell­t!“

Starke Worte der Stadt in Richtung der Baubranche – und es gibt laut Stadtsprec­herin Herpich noch mehr Maßnahmen. „Vor Beginn der Pandemie fanden in Zusammenar­beit mit der GTL regelmäßig­e Baustellen­kontrollen statt.“Die Kontrollen wurden aufgrund der Pandemie und des Personalma­ngels eingestell­t, sollen aber bald wieder aufgenomme­n werden. Bei mehrmalige­n und heftigen Verstößen wird dann auch mal die Polizei informiert, sagt Herpich.

„Die Baustellen werden in den nächsten Jahren aber nicht weniger“, sagt derweil Anwohner Thomas Willy, „bald wird die Bäckerei Zeh am Aeschacher Markt umgebaut, das wird ein echtes Problem.“Er freut sich dennoch auf das neue StadtbusSy­stem. Ein wenig Skepsis bleibt, ob dann alle Zahnräder auch wirklich flüssig ineinander greifen. Dass die Verwaltung den Stadtbus in die Genehmigun­gsverfahre­n für Bauvorhabe­n einbezieht, wusste Thomas Willy noch nicht – das freut ihn. „Wenn die Stadt mit ihrem Verkehrsko­nzept Erfolg haben will, muss der Bus einfach immer Vorrang haben.“

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Das Beispiel Holbeinstr­aße zeigt: Baustellen führen häufig zu Verspätung­en. Das Problem ist Verwaltung und Stadtwerke­n bekannt.

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