Unermüdlich gestrampelt für die Verkehrswende
Eine Gruppe Kemptener setzt sich seit 1996 dafür ein, dass sich für Radfahrer und Fußgänger mehr bewegt
- Die Gruppe stand immer wieder vor dem Aus. Weil sie das Gefühl hatte, dass nichts vorwärts geht. Weil sie frustriert war. Bereits seit 1996 setzt sich die Projektgruppe Mobilität der Agenda 21 Kempten ehrenamtlich ein. Ihr Ziel: eine Verkehrswende in der Stadt. Mittlerweile hat der Arbeitskreis wieder Kraft gewonnen. Weil auch andere fordern, dass sich auf Kemptens Straßen und Wegen etwas ändern muss. „Jetzt spüren wir eine neue Welle, die Klimaveränderungen finden mehr Beachtung“, sagt Reinhard Grünes. Der 75-Jährige ist Sprecher der Gruppe und seit der ersten Stunde dabei. „Jetzt fühlen wir uns darin bestärkt, weiterzumachen.“
Reinhard Grünes erinnert sich noch gut an jenen Abend im Haus Hochland, als 1996 unter Oberbürgermeister Ulrich Netzer verschiedene Arbeitskreise gegründet wurden. „Die Beteiligung war riesig“, sagt der 75-Jährige. Der damalige Biologie-Lehrer am Carl-von-LindeGymnasium wollte sich eigentlich beim Arbeitskreis Umwelt eintragen. Weil der Andrang dort zu groß war, entschied er sich für den Verkehr. „Ich habe mich schon immer für Mobilität und Umwelt interessiert und wollte mich in der Stadt einbringen“, sagt er rückblickend. Viele der Arbeitskreise von damals seien eingeschlafen, Grünes und seine Mitstreiter hingegen treffen sich nach wie vor einmal im Monat.
Sie besprechen Verkehrsthemen und unterbreiten den Politikern vor Ort Vorschläge. Auch am Kemptener Mobilitätskonzept arbeitetet die Gruppe mit. „Das war schön, wie die Bürger da eingebunden waren“, lobt Grünes. Eine weitere Beteiligungsrunde sei für Mai vorgesehen gewesen, verschiebe sich aufgrund der Corona-Krise nun aber auf Herbst.
Grünes und seine Kollegen setzen auf den Ausbau von Fahrrad- und Fußwegen. „Mit mehr Aufenthaltsqualität und geschützt von Abgasen und Autoverkehr“, sagt der Kemptener. Ihn freut es daher sehr, dass die Immenstädter Straße nun einen Radweg erhält. Außerdem ist Grünes Verfechter einer Regionalbahn Allgäu – mit einem Gleis vom Hauptbahnhof zur ZUM.
Und eine Seilbahn? „Grundsätzlich finde ich die Idee nicht schlecht, aber für Kempten ist das nicht gut“, findet Grünes. Er verweist auf die nötigen Masten und Stationen. „Das würde das Stadtbild unheimlich verhunzen.“Aus seiner und aus Sicht der Gruppe müsse der Hauptbahnhof auf andere Art besser an die ZUM angebunden werden. Er verweist zudem auf das Mobilitätskonzept, das auch eine Verbindung vom Hauptbahnhof zum Klinikum vorsieht.
In den vergangenen 24 Jahren habe sich eher wenig getan, was den Verkehr angeht, sagt der ehemalige Lehrer. Vieles sei stets in den selben Bahnen weitergelaufen, hier und da habe es lediglich kleine Verbesserungen gegeben. „Die Verwaltung, speziell das Tiefbauamt war immer sehr aufgeschlossen“, betont er. Mittlerweile, so hofft er, ist in Kempten auch politisch mehr möglich.
Das motiviert ihn und die fünf weiteren Mitglieder der MobilitätsGruppe. Auch die Fridays-for-Future-Bewegung habe ihnen neue Kraft gegeben. „Wir waren schon teilweise frustriert. Heute sind wir froh, dass wir so einen langen Atem hatten.“Für die Zukunft wünsche er sich „neue Mitglieder mit neuen Ideen und neuem Engagement“. Seine Sprecher-Funktion in dem Arbeitskreis will Reinhard Grünes demnächst allerdings abgeben. „Mit 75 kann man sich das leisten“, sagt er und lächelt.
Die Gruppe trifft sich wieder am Montag, 21. September, ab 17 Uhr in der Kronenstraße 18. Anmeldung wegen Corona erbeten unter der Nummer 0831/29772 oder per E-Mail an: reichrigreun@web.de