Aus Nepal zurück zu den Kässpatzen im Knappenhock
Wegen der Corona-Pandemie kam Wirt Thilen Sherpa erst später ins Museumsdorf am Grünten zurück
- Seit Anfang August ist er wieder da: Thilen Sherpa. Der 37-Jährige ist seit vier Jahren Pächter der kleinen Gaststätte Knappenhock beim Museumsdorf der ErzgrubenErlebniswelt am Grünten. Wegen des Lockdowns in seiner Heimat Nepal hatte sich seine Rückkehr ins Oberallgäu verschoben. „Es gab keinen Flug“, sagt der Nepalese in flüssigem Deutsch. Aber der Knappenhock sollte Anfang Juli nach dem Lockdown bald öffnen. Was tun? Auf Freunde setzen, wie so oft im Leben. Das hat auch bei Sherpa geklappt. Seine ehemalige Chefin und Vertraute Christine Schratz unterstütze ihn mit einem weiteren Freund. Die beiden hielten den Laden im Museumsdorf den Juli über am Laufen. Bei Schratz lernte Sherpa auch, was man braucht, um eine Gaststätte zu führen – und wie man Kässpatzen macht.
Sherpa kam vor 13 Jahren nach Deutschland, heiratete und suchte sich einen Job. Den fand er bei Christine Schratz als Küchenhilfe im damaligen Gasthaus Ostrachwellen in Bad Hindelang. Doch dann wurde das Haus verkauft. Seine ehemalige Chefin kümmerte sich dennoch weiter um Sherpa und suchte für ihn einen neuen Job. Sie fand für ihn eine Stelle als Pächter des Knappenhocks und half ihm anfangs noch bei den vielfältigen Aufgaben. Sherpa hat in der Regel keine Mitarbeiter. Vom Abrechnen
übers Kochen bis zum Servieren und Abräumen: Alles macht der Nepalese selbst. Auf der Speisekarte gibt es aber keine Linsen und Reis, wie in Nepal üblich, sondern zum Beispiel Kaiserschmarrn und Allgäuer Kässpatzen. „Ja, Kässpatzen mag ich schon gerne“, sagt Sherpa, der nach wie vor in Hinterstein wohnt und mittlerweile den Dialekt dort auch versteht. „Meistens zumindest.“
Die Landschaft im Allgäu erinnert ihn an seine Heimat Nepal. Dorthin reist er immer den Winter über, wenn der Knappenhock geschlossen ist. Seine Mutter und Schwestern leben zwei Tagestouren entfernt von
Kathmandu, sagt Sherpa. Als ältester Sohn sei er moralisch verpflichtet, sich finanziell um die Familie zu kümmern. Das macht er auch, so gut es geht. Das war für ihn auch 2015 selbstverständlich, als ein schlimmes Erdbeben in Nepal „90 Prozent aller Häuser zerstörte“, wie Sherpa sagt. Die meisten Gebäude in Nepal seien aus Stein und Lehm gebaut, „anders als in Deutschland“. In Deutschland habe er sich auch angewöhnt, Kaffee zu trinken. In seiner Heimat gebe es meist Buttertee oder Milchtee, verfeinert mit Kardamom und anderen Gewürzen.
Es sei immer ein Reisen in eine andere Welt: Hier Europa – dort
Asien. Aber die Landschaft ähnle sich ziemlich. Es gebe Rinder, meist Yaks in Nepal auf über 3000 Metern Höhe, aber auch Milchvieh, Ziegen und Schafe. Käse werde in Nepal auch produziert, meist Hartkäse. Der sei ziemlich trocken, ähnlich dem italienischen Parmesan. Sherpa hatte vor vielen Jahren angefangen, Landwirtschaft zu studieren. Doch dann blieb die finanzielle Unterstützung des Vaters aus – er musste sich etwas anderes überlegen. Staatliche Unterstützung für Studenten gibt es in Nepal nicht.
Sherpa – so werden auch Träger von Material bei Hochgebirgstouren im Himalaya genannt. Für Thilen Sherpa war das aber nie ein erstrebenswerter Beruf. Er träumte, wie viele junge Nepalesen, davon, die weite Welt zu sehen. Heute sei eine Cousine von ihm in Australien, andere Verwandte in den USA – und in Deutschland. Eine Weile möchte er bleiben – und auch den Knappenhock weiterführen. Was dann kommt? Das wird sich zeigen, sagt Sherpa. „Jetzt geht es erst einmal weiter.“Und wie steht es mit Bergwandern? „Nein, das mach’ ich nicht.“Er sei ja den ganzen Tag auf den Beinen und genieße die schöne Umgebung am Knappenhock. Jeden Tag ist dort geöffnet. Ende Oktober geht es wieder in die Heimat nach Nepal – sofern es Flüge gibt. Und nicht wieder einen Lockdown wegen der Corona-Pandemie – hüben oder drüben.