Sie müssen weiter draußen bleiben
Hoffnungen auf eine baldige Fanrückkehr in die Arenen haben sich vorerst zerschlagen
(SID) - Bundeskanzlerin Angela Merkel war der Sport erst am Ende ihres rund zwölfminütigen Statements eine kurze Erwähnung wert, wesentlich deutlicher wurde da Markus Söder. „Beim Fußball ist es nicht sinnvoll, jetzt im September mit Zuschauern zu starten“, sagte Bayerns Ministerpräsident nach dem Bund-Länder-Gipfel, dies sei „bei steigenden Infektionszahlen ein falsches Signal“. Doch nicht nur der Fußball erhielt eine Abfuhr aus der Politik, auch die Hoffnungen der anderen Sportarten auf eine nennenswerte Zuschauerrückkehr in die Arenen haben sich vorerst zerschlagen. Einen kleinen Lichtblick ließen Merkel und Co. jedoch.
Bis mindestens Ende Oktober wird der Profisport in Deutschland als Folge der Corona-Pandemie im Grundsatz ohne Besucher auskommen müssen. Großveranstaltungen, bei denen die Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen von Besuchern nicht möglich ist, sind sogar mindestens bis Jahresende untersagt. Ob schon früher zumindest einige Hundert Zuschauer in die Stadien dürfen, blieb am Donnerstag offen.
„Wir müssen erst schauen, dass Schulen, Kitas und der Wirtschaftsbetrieb laufen, das hat Priorität“, sagte Söder. Eine Arbeitsgruppe mit den Chefs der Staatskanzleien soll aber bis Ende Oktober Vorschläge erarbeiten, wie anschließend mit Fans bei bundesweiten Sportveranstaltungen umgegangen werden kann – ein Hoffnungsschimmer gerade für Sportarten wie Handball, Basketball und Eishockey, für die Ticketeinnahmen überlebenswichtig sind. „Wir werden zeitnah mit den Clubs sowie innerhalb der Ausschüsse beraten“, teilte die Deutsche Eishockey Liga (DEL) mit.
Alfons Hörmann warnte vor gravierenden Folgen. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) sieht einen „immer schwierigeren Spagat“. Zwar trage man die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung mit. „Fakt ist aber auch, dass jede Verlängerung der Einschränkungen im Sport eine wachsende Gefahr für Vereine, Verbände,
Ligen sowie Veranstalter und damit für die Vielfalt von ganz Sportdeutschland darstellt.“
Dass mit einem guten Konzept Ausnahmen möglich sind, stellte Söder bereits in Aussicht. Es könnten durchaus „schrittweise Möglichkeiten vereinbart werden“, sagte der CSU-Politiker: „Das kann vor Weihnachten noch der Fall sein, aber es hängt echt davon ab, wie das Infektionsgeschehen ist.“So lobte Söder ausdrücklich das Hygienekonzept der Deutschen Fußball Liga (DFL), das zur Kontaktverfolgung schon personalisierte Tickets vorsieht.
Ganz andere Probleme tun sich aber am Horizont schon auf. Wie der Beschluss des Gipfels vorsieht, sollen möglichst ab 1. Oktober Reiserückkehrer aus Risikogebieten eine Quarantäne frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach der Einreise nach Deutschland verlassen können. Sollte es keine Ausnahmen für Fußballprofis geben, würden Reisen
zu Europacup- und Länderspielen demnach ein immenses Chaos hervorrufen – etwa auch die NationsLeague-Partie der deutschen Nationalmannschaft am 10. Oktober in der Ukraine wäre betroffen.
Auf eine Zuschauerrückkehr hatte zuletzt vor allem der an Geisterspiele gewohnte Fußball gedrängt, obwohl andere Sportarten heftiger gebeutelt sind. Drei Wochen vor dem Saisonstart ging es auch um die rund 500 Millionen Euro, die allein die 18 Bundesligisten in einer normalen Spielzeit durch Zuschauereinnahmen insgesamt generieren. „Natürlich bedeutet das Einnahmeverluste. Es ist für alle Vereine ein Problem, auch für Hertha BSC“, sagte Michael Preetz, Manager der Berliner. Während sich das Hygienekonzept schon in der vergangenen Saison bewährt hat, konnte der Fußball mit Blick auf eine Fanrückkehr keine Fakten schaffen. So musste der DFB um Präsident Fritz Keller („Wir müssen an Systemen
arbeiten, wie wir wieder Zuschauer in die Stadien kriegen“) seinen Plan für das kommende Länderspiel der Nationalmannschaft verwerfen und Bundesligist Union Berlin wird doch kein Testspiel vor 3000 Fans bestreiten.
Diese Rückschläge änderten allerdings nichts an den ehrgeizigen Vorhaben der Fußball-Protagonisten, an deren Spitze sich Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge von Triple-Gewinner Bayern München gestellt hatte. „Der Fußball braucht für seine Kultur Zuschauer“, hatte Rummenigge gesagt und auf einen „Doppelpass“mit der Politik und eine Stadionauslastung von 15 bis 20 Prozent gehofft.
DFL-Boss Christian Seifert wollte sich grundsätzlich an eine Zuschauerrückkehr „in kleinen verantwortungsvollen Schritten herantasten“. Nach den Ansagen der Politik muss sich der Sport aber weiterhin gedulden.