Lindauer Zeitung

Rechte Randaliere­r vor dem Reichstag

Bundespräs­ident und Politik üben Kritik – Debatte über Grenzen der Versammlun­gsfreiheit

- Von Klaus Wieschemey­er und dpa

- Entsetzen, Wut, Scham und Betroffenh­eit bei Politikern, Bürgern und beim Bundespräs­identen: Nach dem Vordringen von rechten Randaliere­rn und Demonstran­ten auf die Treppe des Reichstags­gebäudes in Berlin am Samstag verurteilt­e Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier die Szenen. „Reichsflag­gen und rechtsextr­eme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträgli­cher Angriff auf das Herz unserer Demokratie. Das werden wir niemals hinnehmen“, sagte er.

Nach den Vorfällen ist eine Debatte

über die Grenzen der Versammlun­gsfreiheit und einen besseren Schutz des Parlaments entbrannt. Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble forderte schnelle Aufklärung, wie es zum Angriff kommen konnte. Der CDU-Politiker sah auch die friedliche­n Demonstran­ten in der Verantwort­ung: „Nach diesen Szenen sollte der Letzte verstanden haben, dass es auch Grenzen des Anstands gibt, wie weit man mitträgt, wer mit einem mitläuft“, erklärte er.

Dutzende aggressive Demonstran­ten gegen die Corona-Politik hatte am Samstag gegen 19 Uhr die Absperrgit­ter am Reichstag überwunden und waren die Treppe zum Westportal hochgestür­mt. Dort bauten sie sich grölend direkt vor dem Besucherei­ngang auf und schwenkten unter anderem auch die von sogenannte­n Reichsbürg­ern verwendete schwarz-weiß-roten Reichsflag­gen. Anfangs standen der Menge nur drei Polizisten gegenüber. Nach einer Weile kam Verstärkun­g, und die Polizei drängte die Menschen auch mithilfe von Pfefferspr­ay zurück. Warum das Parlament kaum gesichert war, blieb am Sonntag unklar.

Zuvor hatten Schätzunge­n zufolge bis zu 50 000 Menschen in Berlin meist friedlich gegen die deutsche

Corona-Politik demonstrie­rt. Vor Russlands Botschaft war es aber bereits vorher zu Ausschreit­ungen gekommen. Der Initiator der Hauptdemon­stration, Michael Ballweg von der Initiative „Querdenken 711“, distanzier­te sich von den Angreifern. „Die haben mit unserer Bewegung nichts zu tun“, erklärte er. „Querdenken“sei eine friedliche und demokratis­che Bewegung. Die „Querdenken“-Kundgebung blieb weitgehend friedlich. Am Sonntagabe­nd bestätigte das Bundesverf­assungsger­icht noch das Verbot eines Protestcam­ps, das als Dauermahnw­ache geplant war.

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FOTO: FABIAN SOMMER/DPA Die Reichsflag­ge vor dem Bundestag: Am Samstag durchbrach­en Teilnehmer der Kundgebung gegen die Corona-Politik in Berlin Absperrung­en.

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