Rechte Randalierer vor dem Reichstag
Bundespräsident und Politik üben Kritik – Debatte über Grenzen der Versammlungsfreiheit
- Entsetzen, Wut, Scham und Betroffenheit bei Politikern, Bürgern und beim Bundespräsidenten: Nach dem Vordringen von rechten Randalierern und Demonstranten auf die Treppe des Reichstagsgebäudes in Berlin am Samstag verurteilte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Szenen. „Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie. Das werden wir niemals hinnehmen“, sagte er.
Nach den Vorfällen ist eine Debatte
über die Grenzen der Versammlungsfreiheit und einen besseren Schutz des Parlaments entbrannt. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble forderte schnelle Aufklärung, wie es zum Angriff kommen konnte. Der CDU-Politiker sah auch die friedlichen Demonstranten in der Verantwortung: „Nach diesen Szenen sollte der Letzte verstanden haben, dass es auch Grenzen des Anstands gibt, wie weit man mitträgt, wer mit einem mitläuft“, erklärte er.
Dutzende aggressive Demonstranten gegen die Corona-Politik hatte am Samstag gegen 19 Uhr die Absperrgitter am Reichstag überwunden und waren die Treppe zum Westportal hochgestürmt. Dort bauten sie sich grölend direkt vor dem Besuchereingang auf und schwenkten unter anderem auch die von sogenannten Reichsbürgern verwendete schwarz-weiß-roten Reichsflaggen. Anfangs standen der Menge nur drei Polizisten gegenüber. Nach einer Weile kam Verstärkung, und die Polizei drängte die Menschen auch mithilfe von Pfefferspray zurück. Warum das Parlament kaum gesichert war, blieb am Sonntag unklar.
Zuvor hatten Schätzungen zufolge bis zu 50 000 Menschen in Berlin meist friedlich gegen die deutsche
Corona-Politik demonstriert. Vor Russlands Botschaft war es aber bereits vorher zu Ausschreitungen gekommen. Der Initiator der Hauptdemonstration, Michael Ballweg von der Initiative „Querdenken 711“, distanzierte sich von den Angreifern. „Die haben mit unserer Bewegung nichts zu tun“, erklärte er. „Querdenken“sei eine friedliche und demokratische Bewegung. Die „Querdenken“-Kundgebung blieb weitgehend friedlich. Am Sonntagabend bestätigte das Bundesverfassungsgericht noch das Verbot eines Protestcamps, das als Dauermahnwache geplant war.