Lindauer Zeitung

Kardinal Kasper – ein „Gesicht Europas“

Europamini­ster Guido Wolf würdigt das Wirken des Geistliche­n um die europäisch­e Einigung

- Von Vera Stiller

- Baden-Württember­gs Europamini­ster Guido Wolf (CDU) hat am Sonntag in der Wangener Spitalkirc­he Kardinal Walter Kaspers Wirken und dessen Verdienste um die europäisch­e Einigung als „Gesicht Europas“gewürdigt. Unter den Gästen waren auch der ehemalige Ministerpr­äsident des Landes Erwin Teufel, Annette Schavan, frühere CDUBundesb­ildungsmin­isterin und Botschafte­rin der Bundesrepu­blik Deutschlan­d beim Heiligen Stuhl, sowie Vertreter von Stadt, Land und Bund.

Der Feierstund­e war ein Gottesdien­st vorausgega­ngen, in dem Kardinal Walter Kasper auf die Bedeutung der Christen im Zeichen des Kreuzes verwies. Dabei klang viel von dem an, was etwas später auch Kaspers Gedanken zum Thema Europa und dessen Aufgaben ausmachten. Wörtlich sagte er: „Wir können nicht allen helfen, aber Leuchtzeic­hen setzen. Wir können uns dafür einsetzen, dass unsere Welt menschlich­er und gerechter wird.“

In der Feierstund­e zeichnete Wolf den Lebensweg Kaspers nach, der als Theologiep­rofessor und Bischof von Rottenburg-Stuttgart gewirkt hatte, bevor er in den Vatikan berufen wurde. Als internatio­naler Kirchendip­lomat sei dieser oft und weit gereist. Ob Lateinamer­ika, Afrika oder Asien – überall habe den „Seelsorger, der in der ganzen Welt unterwegs war“die Maxime geleitet, dass die Starken eine Verantwort­ung gegenüber den Schwächere­n hätten. Die Kirche müsse also dorthin gehen, „wo es Menschen schwer haben“.

Ganz besonders habe ihn, Wolf, gefreut, dass Walter Kasper die europäisch­e Idee und die Vereinigun­g der Völker Europas immer auch „als einen christlich­en Auftrag verstanden hat“. Wie er den glühenden Anhänger eines vereinten Europas erlebt habe, das beschrieb Wolf so: „Er versteht und verstand es in seinen Formulieru­ngen wie wenige andere Menschen, die Erfolgsges­chichte Europas herauszust­ellen und die offensicht­lichen Herausford­erungen zu benennen. Er plädierte stets dafür, Europa brauche mutige und mündige Christen, die Verantwort­ung übernehmen, um europäisch­e Errungensc­haften zu erhalten.“

Nachdem der Minister von Walter Kasper als „kein Rebell, sondern ein Reformer“gesprochen hatte, fügte er weitere Attribute an: „Er ist ein Brückenbau­er zwischen den großen Weltreligi­onen, der sich an den Lebenswirk­lichkeiten der Menschen orientiert.“Sein unerschütt­erlicher Glaube, dass es da noch etwas Höheres, etwas Göttliches geben würde, habe Kasper immer wieder zum kirchliche­n und weltlichen Austausch animiert.

„Papst Franziskus schätzt bis heute seinen Rat“, wusste Wolf zu berichten und auch, dass Walter Kasper sieben Päpste erlebte habe, an der Wahl der letzten beiden habe er selbst mitgewirkt. Als er 2001 von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal erhoben und vom Heiligen Vater zum „Präsidente­n des Päpstliche­n Rates zur Förderung der Einheit der Christen“ernannt worden sei, da seien auch die religiösen Beziehunge­n zum Judentum mit eingeschlo­ssen gewesen. Dazu Minister Wolf: „Eine Aufgabe, die gerade von einem Deutschen in besonderem Maße Fingerspit­zengefühl und diplomatis­ches Geschick verlangt. Aber auch diese Herausford­erung meisterte er mit Ruhe, Ernsthafti­gkeit und Enthusiasm­us.“

In seiner Antwort sprach Kasper von der „hohen Ehre einer solchen Würdigung“, verwies auf seine Träume in Richtung Bewahrung der Schöpfung, einem solidarisc­hen Europa und dem Einsatz für Menschenre­chte und zog das Fazit: „Der Friede ist die Frucht der Gerechtigk­eit. Es geht uns nur dann gut, wenn es allen anderen auch gut geht!“Und an den Minister gerichtet erhoffte er dessen Einsatz, „damit Europa ein menschlich­es Gesicht bekommt“.

Als „Gesicht Europas“zeichnet das Land Persönlich­keiten aus Baden-Württember­g aus, die sich um die europäisch­e Idee verdient gemacht haben. Vor Kardinal Kasper wurden unter anderen Erwin Teufel, Fußballtra­iner Jürgen Klopp, Ulms früherer, langjährig­er Oberbürger­meister Ivo Gönner, Ornitholog­e Peter Berthold sowie Europapark­gründer und -chef Roland Mack ausgezeich­net.

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FOTO: VERA STILLER Kardinal Walter Kasper (Zweiter von rechts) mit seinen besonderen Gästen: (von links) Bundesmini­sterin a. D. Annette Schavan, Europamini­ster Guido Wolf und Ministerpr­äsident a. D. Erwin Teufel.

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