Waldkindergarten startet im Oktober
Vorbereitungen für die neue Kita in Sigmarszell laufen auf Hochtouren – Viele Eltern interessiert
- Der neue Waldkindergarten heißt „Wiesenknopf“. Schon im Oktober will Sigmarszell mit diesem alternativen Betreuungsangebot für Kindergartenkinder starten. Das Interesse war im Vorfeld schon einmal riesig. Rund 30 Mütter und Väter sind zur ersten Informationsveranstaltung in den Wald gekommen, um sich vor Ort ein Bild zu machen.
Die Begeisterung ist Jörg Agthe anzusehen. Ganz abgesehen davon, dass der Sigmarszeller Bürgermeister selbst auch keinen Hehl daraus macht. „Wenn wir gewusst hätten, wie toll so ein Waldkindergarten ist, hätten wir ihn schon früher beschlossen“, sagte er. Beim Ortstermin am Waldrand in der Nähe der Sportheime des TSV Schlachters und des Tennisclubs Sigmarszell zählte der Gemeindechef die positiven Auswirkungen der Wald- und Naturpädagogik auf die Entwicklung von Kindern auf. Gut 30 Eltern hörten Agthe zu.
Mitgebracht hatte der Bürgermeister Marina Frey als künftige Leiterin und Kinderpflegerin Johanna Schlichte. Die beiden Erzieherinnen bilden das pädagogische Kernteam und entwickeln das Konzept für den neuen Waldkindergarten. Die Gemeinde will zudem zwei weitere Fachkräfte einstellen, wobei die dritte Pädagogin das Team nur an belegungsstarken Tagen ergänzt und die vierte Erzieherin als Springerin eingesetzt werden soll. Agthe freute sich, dass erfreulich viele Bewerbungen eingegangen seien.
Marina Frey ist in Sigmarszell zu Hause und Johanna Schlichte in Niederstaufen: Beide Frauen sind Montessori-Pädagoginnen, die zuletzt zwei Jahre im gleichen Kindergarten in Österreich zusammen gearbeitet haben. Im neuen Sigmarszeller Waldkindergarten wollen sie nun Montessori- und Naturpädagogik miteinander verknüpfen.
„Montessori ist eine innere Haltung“, sagt Frey und erklärte den Eltern, dass diese
Haltung einen respektvollen, liebevollen und verantwortungsbewussten Umgang mit den Kindern bedeute. Die Erzieher seien Wegbegleiter, die jenen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen sich die Kinder individuell entwickeln könnten. Die Arbeit am Konzept wie auch an allem anderen, was mit dem neuen Kindergarten zu tun hat, laufe auf „Hochtouren“, versicherte Frey. Schließlich soll der Waldkindergarten, der nach der Pflanze Pimpinelle „Wiesenknopf“benannt ist, im Oktober starten.
Und das bewusst zunächst erst einmal klein: mit nur 15 bis 20 Kindern ab drei Jahren. „Wenn Sie Ihre Kinder gleich anmelden, haben Sie einen idealen Betreuungsschlüssel“, warb der Bürgermeister in dem Bewusstsein, dass das Kindergartenjahr eigentlich bereits im September beginnt und Anmeldungen für andere Betreuungseinrichtungen bereits getan sind.
„Wir sind das ganze Jahr über draußen“, erklärte Frey den pädagogischen Ansatz eines Waldkindergartens. Und ergänzte, dass es zwar einen beheizbaren Bauwagen für die Wald-Kinder geben werde, dieser jedoch kein Gruppenraum sei: Er soll nur zum Aufwärmen und zur Materiallagerung dienen. Zudem soll dort Ersatzkleidung der Kinder untergebracht werden. Aufgestellt wird
Wald-Kiga-Leiterin Marina Frey dieser auf der Wiese vor dem Wald, in einer Linie, aber in einiger Entfernung zum Sportareal. Eine Nachbarschaft, die nach Agthes Ansicht ideal sei, da bei Sturm oder Ähnlichem die Kinder ins Sportlerheim dürften.
Abgesehen davon, dass die Wiesenfläche um den Bauwagen herum aufgeforstet werden soll, wird es dort eine Außengarderobe geben sowie eine Kompost-Toilette. Außerdem soll hier ein Gemeinschaftsplatz mit Sitzmöglichkeiten entstehen, der für Zusammenkünfte als auch für das Frühstück und Mittagessen dient.
Während das Frühstück als „gleitende Brotzeit“gedacht ist, für die die Kinder den Zeitpunkt je nach eigenem Hungergefühl selbst bestimmen, wird das Mittagsvesper gemeinsam eingenommen. Am Bauwagen werden sich die Kinder innerhalb der Ankommenszeit zwischen 7.45 und 8.45 Uhr sammeln, um frei zu spielen. Jene Kinder, die nicht zum Mittagsvesper bleiben, werden vormittags von 7.45 bis 12.15 Uhr betreut, die anderen mit Vesper bis 13.30 Uhr, erfuhren die Eltern beim Ortstermin.
„Basisplatz“und damit jener Platz im Wald, wo die Kinder spielen, forschen und entdecken können, ist ein 2000 Quadratmeter großes Waldstück gegenüber der Wiese mit dem Bauwagen. Dieses Kernareal werde bis zum Kindergartenstart noch hergerichtet, gelichtet und von allen Gefahren befreit. Auch danach werde die Fläche regelmäßig kontrolliert, versicherte Agthe und erklärte, dass die Fläche darüber hinaus ebenfalls genutzt werden dürfe, „aber da liegt dann auch mal ein Totholz“.
Grundsätzlich seien jene Flächen, auf denen sich die Kinder aufhalten dürfen, nicht umzäunt. Vielmehr würden, so erklärte Frey, die Grenzen durch Regeln gesetzt. Diese „visuellen Grenzen“würden immer wieder mit den Kindern besprochen und seien wirkungsvoller als jeder Zaun. Eine Thematik, die eine Mutter wegen der Nähe des Waldkindergartens
zum Schlachtener Weiher interessierte. Denn, so gab sie zu bedenken, „wenn mal einer stiften geht, kann’s hier gefährlich sein“.
Eine andere Mutter wollte wissen, wie der Zeckengefahr begegnet würde. Auch wenn keine Impfpflicht bestehe, empfahl der Bürgermeister eine Impfung gegen FSME. Die Erzieherin riet den Eltern, ihre Kinder täglich nach Zecken abzusuchen. Zusätzlich empfahl sie lange Kleidung und festes Schuhwerk auch an heißen Tagen. Trotz dieser Bedenken waren sich beide Erzieher sicher, dass die Vorteile eines Waldkindergartens – der ohne vorgefertigtes Spielzeug, dafür aber mit einer Riesenportion Kreativität, Kommunikation und Sozialkompetenz auskomme – überwiege. „Ich bin überzeugt, die Kinder machen vielfältige Erfahrungen, die ihre Wurzeln und ihre Entwicklung stärken“, sagte Marina Frey.
Leiterin Marina Frey
„Montessori ist eine innere Haltung.“
„Wir sind das ganze Jahr über draußen.“