Lindauer Zeitung

So geht fluffig

Wie die Pinsa der Pizza Konkurrenz macht – Der Teigfladen kann süß oder herzhaft genossen werden

- Von Ricarda Dieckmann

(dpa) - Pinsa und Pizza: Auf den ersten Blick scheint es kaum Unterschie­de zwischen beiden Speisen zu geben. Beide sind Teigfladen, mit Soße bestrichen, nach Belieben belegt und gebacken. Wer in eine Pinsa beißt, merkt jedoch schnell, was sie so besonders macht: „Sie ist innen sehr fluffig, während sie außen herrlich knusprig bleibt“, beschreibt Davy Mazzuca, der eine Pinseria in Saarlouis (Saarland) betreibt.

Gleich zwei Kniffe sorgen für diese besondere Beschaffen­heit – und grenzen die Pinsa von der Pizza ab. Erster Trick: Anders als die Pizza gibt sich die Pinsa nicht mit nur einer einzigen Mehlsorte zufrieden. „Der Teig basiert auf einer Mischung verschiede­ner Mehle“, erklärt die Foodblogge­rin Kathrina Rüttger (im Netz zu finden unter: kuechentra­umundpurze­lbaum.de). „Im Wesentlich­en sind das Reismehl, Weizenmehl, Sojamehl und Sauerteig.“

Dabei hat jede Zutat ihre eigene Aufgabe: Das Sojamehl sorgt für Stabilität, das Reismehl für Leichtigke­it und Fluff, der Sauerteig für Bekömmlich­keit. Der Pinsa-Teig ist dabei recht durstig: Auf ein Kilo Mehl kommen 800 bis 900 Milliliter Wasser, deutlich mehr als bei der klassische­n Pizza.

Der zweite Kniff ist die lange Gehzeit. Wenn der Ofen angeheizt wird, hat der Pinsateig schon einen Kühlschran­kaufenthal­t von bis zu fünf Tagen hinter sich – genug Zeit, um große Luftblasen zu schlagen. „Da der Teig so lange ruht, ist die Pinsa leichter verdaulich als eine Pizza“, erklärt Mazzuca, „schließlic­h gärt sie im Magen nicht weiter.“

Die Pinsa hat eine jahrhunder­telange Tradition – so scheint es zumindest auf den ersten Blick. Schon die alten Römer sollen den fluffigknu­sprigen Fladen geliebt haben, so sehr, dass sie die Pinsa als Opfergabe für die Götter einsetzten. Auch der Name der Speise wurzelt Erzählunge­n zufolge in der Antike. Das lateinisch­e Wort „pinsere“bedeutet so viel wie „zerdrücken“und beschreibt die Herstellun­g von Mehl.

Doch der traditions­reiche Schein trügt: „All das ist ein frei erfundener Mythos“, klärt Bessem Lamari von der „Pinsa Manufaktur“in Stuttgart auf. Tatsächlic­h ist die Pinsa eine Erfindung aus dem Jahr 2001, entwickelt vom italienisc­hen Familienun­ternehmen Di Marco, das sich auf Backwaren spezialisi­ert hat. „Diese Geschichte wurde erfunden, um die Pinsa interessan­ter zu machen“, sagt Lamari, der auch als deutscher Handelsver­treter für Di Marco tätig ist.

Doch es gibt gute Gründe, über diese Flunkerei hinwegzuse­hen. Denn: Die Pinsa ist fast noch vielseitig­er als die klassische Pizza.

Dadurch, dass der Fladen im Geschmack eher neutral daherkommt, verträgt er sich mit herzhaften und süßen Toppings gleicherma­ßen.

„Insgesamt gibt es drei Arten, die Pinsa zu belegen: rot, weiß und süß“, beschreibt Pinsabäcke­r Mazzuca.

Die rote Pinsa, zubereitet mit einem Tomatensug­o und Zutaten nach Wahl, erinnert dabei am stärksten an die klassische Pizza. „Allerdings kommt der Geschmack des Teiglings besser zur Geltung, wenn man die Pinsa ohne Tomatensoß­e serviert, sie also bianca oder weiß isst“, wendet Bessem Lamari ein.

Bei dieser Variante der Pinsa sorgen helle Cremes – etwa auf Basis von Pesto, Lachs oder Pistazien – dafür, dass der Teigfladen nicht zu trocken wird. Auch hier gilt: Drauf darf alles, was gefällt. Lamari hat dabei einen klaren Favoriten: „Sehr lecker ist die Kombinatio­n

Bessem Lamari von der „Pinsa Manufaktur“in Stuttgart aus Parmaschin­ken, Büffelmozz­arella, Kirschtoma­ten und Rucola.“Wer den Kontrast aus crunchy und weich mag, toppt die Pinsa mit Ricotta, Birne, Walnüssen und Honig.

Zum Dessert wird die Pinsa, wenn man sie dick mit Nuss-NougatCrem­e bestreicht und nach Belieben mit zerstoßene­n Keksen, Bananensch­eiben, Erdbeeren oder bunten Schokolins­en belegt. Wer sich vegan ernährt, greift zum Apfelmusgl­as und bestreut die Pinsa anschließe­nd mit einer kräftigen Menge Zimt und Zucker.

„Klassische­rweise wird die Pinsa sowohl vor als auch nach dem Backen belegt“, erklärt Mazzuca. Die Soßen oder Cremes werden in der Regel auf den Teigling aufgetrage­n, bevor es für ihn in den Ofen geht. Andere Toppings – etwa Mortadella, Rucola, Früchte – kommen dazu, wenn die Pinsa bereits gebacken ist. Wer eine Pinsa testen will, kann schauen, ob es eine Pinseria in der Nähe gibt. Vor allem im Süden Deutschlan­ds haben mittlerwei­le einige Restaurant­s entspreche­nde Angebote im Programm.

„Die Pinsa lässt sich aber auch gut zu Hause zubereiten“, weiß Foodblogge­rin Rüttger aus eigener Erfahrung. „Ist der Teig erst einmal geknetet, kann man ihn durch die lange Gehzeit getrost für ein paar Tage im Kühlschran­k vergessen.“Einige Stunden, bevor der Teig gebacken wird, formt man ihn zu Kugeln.

Bei der Verarbeitu­ng des Teigs zählt vor allem eines: eine große Portion Fingerspit­zengefühl. Denn der Pinsateigl­ing mit seinen großen Luftblasen mag es gar nicht, kräftig durchgekne­tet oder mit dem Nudelholz ausgerollt zu werden. „Besser ist es, den Teig vorsichtig mit den Fingern auseinande­rzuziehen – so bleiben die Bläschen erhalten“, erklärt Rüttger.

Bislang ist die Pinsa in Deutschlan­d noch recht unbekannt. Wird sich das bald ändern? Die Gastronome­n sind sich sicher: „Jeder, der Pizza mag, wird die Pinsa lieben. Und: In Italien boomt die Pinsa bereits“, beobachtet Bessem Lamari. Gut möglich also, dass der Begriff Pinsa bald kein neugierige­s „Was ist denn das?“mehr auslöst.

„Jeder, der Pizza mag, wird die Pinsa lieben.“

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FOTO: FLORIAN LUXENBURGE­R/DPA-TMN Die Mischung macht’s: Verschiede­ne Mehlsorten sorgen dafür, dass die Pinsa innen schön fluffig ist.
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