Der Staat als Krisenmanager
ber Jahrzehnte predigten Wirtschaftspolitiker das Credo des freien Spiels des Marktes. Der Staat zog sich aus vielen Bereichen zurück, privatisierte Beteiligungen und sorgte bestenfalls im Nachgang für eine passable Regulierung, etwa bei der Telekommunikation. Von dieser Zurückhaltung ist heute wenig übrig geblieben. Der Staat ist wirtschaftlich aktiv wie wohl noch nie im Westen Deutschlands. Er beteiligt sich an Konzernen in Schieflage, stützt in Not geratene Mittelständler, fördert den Verkauf von E-Autos oder die Entwicklung wasserstoffgetriebener Züge.
Womöglich wird er auch dem Ruf nach einem Fonds für die Zulieferer der Autoindustrie erhören. Mit diesem Instrument wollen IG-Metall, Grüne und SPD mittelständischen Unternehmen die Zeit verschaffen, die sie für die Entwicklung von neuen Produkten brauchen. Ihre alten werden nach dem Umstieg auf die Elektromobilität oft nicht mehr gebraucht, und es droht damit im Herzen der deutschen Industrie ein Infarkt. Wenn dies durch einen Hilfsfonds vermieden werden kann, lohnt sich der Aufwand allein schon wegen der vielen damit verbundenen Existenzen.
Es zeigt sich jedoch auch ein Wandel in der Aufgabenverteilung zwischen Staat und Wirtschaft. Die liberale Vorstellung, der Markt wird es schon richten und private Unternehmer können alles besser als der Staat, hat ausgedient. Spätestens mit der Finanzkrise musste der Staat als Krisenmanager einspringen und für die entstandenen Schäden gerade stehen. In der aktuellen Pandemie ist seine Verantwortung wieder gefragt.
Aus dem Wettbewerb zwischen Unternehmen ist längst auch einer zwischen Staaten und Regionen geworden. Der Staat wird mehr steuern müssen, wenn Deutschland auch in Zukunft wirtschaftlich vorne mitspielen will. Zudem muss die Politik für einen sozialen Ausgleich in einer sich spaltenden Gesellschaft sorgen. Auch das leistet der Markt ebensowenig, wie er die Folgen des Klimawandels bewältigt. Der Sozialismus steht damit nicht vor der Tür. Der staatliche Machtzuwachs ist vielmehr ein Gebot der Vernunft.