Lindauer Zeitung

Milliarden­hilfe für den Nachwuchs

Bund zahlt den Corona-Kinderbonu­s ab heute an Familien aus – Wer davon profitiert

- Von Basil Wegener

(dpa) - Von diesem Montag an erhalten die Eltern von rund 18 Millionen Kindern in Deutschlan­d 300 Euro extra. Diesen Kinderbonu­s beschlosse­n Union und SPD im Juni mit ihrem Konjunktur­paket. Es ist eines der Mittel, mit denen die Regierung die Folgen der Corona-Krise abmildern will. Warum nicht alle von der vollen Summe profitiere­n – und warum wirtschaft­snahe Forscher den Bonus gut finden:

Wie kommt das Geld zu den Eltern?

Ab dem 7. September beginnen die Familienka­ssen mit der Auszahlung. Im September sollen zunächst 200, im Oktober dann noch einmal 100 Euro ausgezahlt werden. Der Kinderbonu­s muss nicht beantragt werden; ausgezahlt wird er automatisc­h. Voraussetz­ung: Ein Kind muss mindestens einen Monat im Jahr 2020 Kindergeld bezogen haben. Der Kinderbonu­s wird aber nicht zusammen mit dem Kindergeld ausgezahlt, sondern als eigene Zahlung. Wann es konkret zur Auszahlung kommt, hängt von der Endziffer der Kindergeld­nummer ab. Ist das eine Null, gehört man zu den ersten, der Rest folgt nach und nach.

Was ist, wenn ein Kind zum Beispiel erst im Dezember zur Welt kommt?

Auch dann gibt es den Kinderbonu­s. Gezahlt wird auch, wenn im September kein Anspruch mehr auf Kindergeld besteht, etwa weil das Kind seine Ausbildung im Juli abgeschlos­sen hat. Wenn nicht im September, aber für andere Monate 2020 Anspruch auf Kindergeld besteht, kann es zu einer späteren Auszahlung des Bonus kommen.

Was wollen die Eltern mit dem Kinderbonu­s machen?

61 Prozent der Empfänger wollen den Bonus ganz oder teilweise ausgeben – das zeigt eine Umfrage im Auftrag des Institut der deutschen Wirtschaft (IW). 39 Prozent wollen den Kinderbonu­s vollständi­g sparen. In der obersten Einkommens­gruppe haben 45 Prozent noch keine Pläne zum Ausgeben des Geldes, in der mittleren nur 34 Prozent. In der untersten wollen es 39 Prozent sparen.

Können auch einkommens­starke Eltern den Bonus komplett behalten?

Nein. Er wird bei der Steuer wie auch das Kindergeld mit dem Kinderfrei­betrag verrechnet. Je höher das Einkommen, desto weniger bleibt davon, abhängig von Einkommens­höhe und Familienko­nstellatio­n. Acht von zehn anspruchsb­erechtigte­n Familien sollen voll profitiere­n – beispielsw­eise ein Elternpaar mit drei Kindern bis zu rund 67 800 Euro Jahreseink­ommen. Bei höherem Einkommen bleibt weniger übrig, ab 106 000 Euro nichts mehr. Bei verheirate­ten Eltern mit einem Kind bleibt ab 86 000 Euro Jahreseink­ommen letztlich nichts von dem Bonus übrig. Auf

Hartz IV oder Unterhalts­vorschuss wird der Bonus nicht angerechne­t, die Zahlungen laufen normal weiter.

Bleiben für Alleinerzi­ehende unterm Strich 300 Euro mehr übrig?

Nein. Zwar bekommt der alleinerzi­ehende Elternteil, der das Kindergeld bekommt, auch den Bonus ausgezahlt. Aber wenn der andere Elternteil Unterhalt zahlt, darf er die Hälfte des Bonus davon abziehen. Der Verband alleinerzi­ehender Mütter und Väter kritisiert das. Viele Alleinerzi­ehende hätten Homeoffice und Homeschool­ing unter einen Hut bringen müssen und sorgten sich um ihre Existenz, sagt die Vorsitzend­e

Daniela Jaspers. „Der Kinderbonu­s wird dort gebraucht, wo das Kind seinen Lebensmitt­elpunkt hat.“

Gibt es weitere Kritik?

Ja. „Der Kinderbonu­s ist wenig zielgenau und kommt auch Familien zugute, die finanziell nicht auf ihn angewiesen sind“, bemängelt die Familienex­pertin

des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung, Katharina Spieß. Für andere reiche er nicht aus. Die Milliarden­summe für den Bonus diene nur einmaligem Konsum.

Was wird aus Wirtschaft­ssicht am Kinderbonu­s gelobt?

Laut dem wirtschaft­snahen Institut IW dürften rund 2,3 Milliarden der 4,3 Milliarden Euro, die der Kinderbonu­s den Staat kostet, bei Unternehme­n landen. Denn im Schnitt aller Empfänger flössen rund 128 Euro pro Kind rasch in den Konsum, haben die Experten auf Basis ihrer Umfrage berechnet. Das IW stellt fest, der Bonus könne somit den konjunktur­ellen Aufschwung unterstütz­en. Die auch mit dem Konjunktur­paket abgesenkte Mehrwertst­euer hat laut der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung dagegen nur überschaub­are Wirkung für Konsum und Konjunktur. Größere Effekte hätte demnach ein höherer Kinderbonu­s oder mehr Kurzarbeit­ergeld gehabt.

Ist der Kinderbonu­s eigentlich eine neue Idee?

Nein. Vor mehr als zehn Jahren, im Januar 2009, machte die SPD in der Finanz- und Wirtschaft­skrise einen damals überrasche­nden Vorstoß für ein 40-Milliarden-Euro-Konjunktur­paket. Frank-Walter Steinmeier, damals Vizekanzle­r und SPD-Kanzlerkan­didat, überreicht­e die Pläne Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Tag vor einem Spitzentre­ffen der Koalition im Kanzleramt. In den Plänen enthalten: ein Kinderbonu­s von 200 Euro. Mit der zunächst skeptische­n Union einigte sich die SPD dann auf 100 Euro pro Kind.

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FOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA 300 Euro extra bekommen Familien pro Kind als Hilfe ausbezahlt.

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