Lindauer Zeitung

Drei Nächte Krawall

In Leipzig protestier­ten Linksextre­me gewaltsam gegen die Räumung besetzter Häuser – Nächste Woche könnte es wieder brenzlig werden

- Von Birgit Zimmermann

(dpa) - Nach drei Nächten Krawall sieht Leipzig am Sonntag bei Sonnensche­in wieder ganz friedlich aus. Doch die Spuren der linksextre­mistischen Randale sind unübersehb­ar. Das Fenster eines Neubaus im Stadtteil Connewitz ist zertrümmer­t, an der Polizeista­tion zeugen schwarze Farbklecks­e und Einschlags­puren auf dem Sicherheit­sglas von den Angriffen. Am Donnerstag, Freitag und Samstag sind Vermummte in der Dunkelheit auf die Polizei losgegange­n. Auslöser der Krawalle im Leipziger Osten und in Connewitz waren Hausbesetz­ungen, die von der Polizei beendet worden waren.

Leipzigs Polizeiprä­sident Torsten Schultze nennt die Randaliere­r „augenschei­nliche Linksextre­misten“. Nur die gute Schutzausr­üstung der Beamten habe dafür gesorgt, dass es nur leichte Verletzung­en gab. Elf Beamte wurden demnach verletzt. Die Angriffe auf die „Polizeibea­mten aus der Dunkelheit, die lassen mich nur an den Tatbestand von Tötungsdel­ikten denken: heimtückis­ch und mit Mitteln, die den Tod der Menschen, die getroffen werden, in Kauf nehmen“, sagte Schultze.

Leipzigs Oberbürger­meister Burkhard Jung (SPD) verurteilt­e die Gewaltausb­rüche „aufs Schärfste“. Die

Debatte um bezahlbare­n Wohnraum habe mit den Besetzunge­n und gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen einen schweren Rückschlag erlitten, erklärte er am Samstag.

Tatsächlic­h wird in Leipzig – wie in anderen Großstädte­n auch – die Debatte um Verdrängun­g und steigende Mieten immer erbitterte­r geführt. Die Stadt ist stark gewachsen, in zehn Jahren gewann sie 100 000 Einwohner dazu, galt als „Hypezig“und „The better Berlin“. 600 000 Menschen leben in Leipzig. Im Vergleich zu München oder Berlin sind die Bestandsmi­eten in Leipzig niedrig. Doch laut dem Immobilien­portal Immowelt sind dort auch die Angebotsmi­eten im Zehnjahres­vergleich um 42 Prozent gestiegen.

Vor rund zwei Wochen besetzte die Initiative „Leipzig besetzen“ein leerstehen­des Haus im Leipziger Osten. Der Besitzer erstattete Anzeige, Gespräche kamen nicht zustande. Am Mittwoch rückte die Polizei an. „Die Hausbesetz­ung in der Ludwigstra­ße 71 ist eine Straftat“, betonte Polizeiprä­sident Schultze. Dazu kam am Freitag noch eine kurze Besetzung im Stadtteil Connewitz. Was folgte, waren die nächtliche­n Krawalle.

Sachsens Innenminis­ter Roland Wöller (CDU) kündigte als Konsequenz an, sich für schärfere Strafen bei Gewalt gegen Polizisten einzusetze­n. Bei einem tätlichen Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte liegt das Mindeststr­afmaß bei drei Monaten. Wöller sprach sich dafür aus, es auf sechs Monate heraufzuse­tzen.

Am Donnerstag war der Leipziger Osten Schauplatz der Ausschreit­ungen, am Freitag und Samstag eskalierte­n dann Demos in Connewitz. Der Stadtteil gilt als „linksalter­nativ“, immer wieder gibt es dort Zusammenst­öße mutmaßlich­er Extremiste­n mit der Polizei. Freitag gab es keine Festnahmen, Samstag wurden gegen 15 Beschuldig­te Ermittlung­sverfahren wegen Landfriede­nsbruchs, Sachbeschä­digung und Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte eingeleite­t.

Die Polizei prüft nun Konsequenz­en für weitere Versammlun­gen. Schon am Wochenende könnte es in Leipzig unruhig werden. Zu dem Zeitpunkt hätte der EU-China-Gipfel in der Stadt veranstalt­et werden sollen. Er wurde wegen Corona abgesagt. Linksradik­ale rufen dennoch zu „kritischen Aktionstag­en“auf.

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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Teilnehmer einer Demonstrat­ion ziehen mit roten Pyro-Fackeln durch den Stadtteil Leipzig-Connewitz.

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