Eine einzigartige Sammlung
Hasso Plattners Impressionisten verleihen Potsdamer Museum Barberini neue Anziehungskraft
- Es ist ein großer Coup für die deutsche Museumslandschaft insgesamt und das Potsdamer Barberini im Besonderen: Der Milliardär und SAP-Gründer Hasso Plattner hat 103 Bilder aus seiner Sammlung als Dauerleihgabe an das Museum gegeben. Werke des Impressionismus und Nach-Impressionismus, darunter 34 Monets. „In Europa hat nur Paris eine größere Zahl von Monets“, sagt Museumsleiterin Ortrud Westheider stolz, Potsdam werde damit zu einem der weltweit wichtigsten Zentren impressionistischer Landschaftsmalerei.
Westheider rückt Plattner in eine Reihe mit großen Mäzenen wie Städel in Frankfurt oder Vanderbilt und Rockefeller in den USA. Plattner sammle ohne Berater, er suche Bilder aus, die einen besonders starken Eindruck bei den Menschen hinterlassen. Und doch könne man anhand der Sammlung die ganze Kunstgeschichte des Impressionismus erzählen, so Westheider.
Hasso Plattners Tochter Stefanie, Mitglied im Stiftungsrat, berichtet, dass ihr Vater, der in Corona-Zeiten ein gutes Beispiel geben wollte und nicht aus den USA zur Eröffnung nach Potsdam reiste, sich nur schwer von seinen Bildern trennen konnte. Plattner selbst hatte schon bei der Monet-Ausstellung im Frühjahr berichtet, dass er sich freue, wenn seine Sammlung zusammenbleibe und die Menschen so erfreue wie ihn selbst. Der 76-Jährige stellte deshalb die Weichen rechtzeitig. „Ich bin immer traurig, wenn Kunstsammlungen bei Sotheby’s auftauchen und in alle Winde der Welt zerstreut werden“, so Plattner. „Sammlungen zu zerfleddern ist für mich ein Alptraum.“
Dass seine Sammlung großen Anklang finden dürfte, steht außer Frage. Denn Impressionismus ist bei den Deutschen unverändert beliebt. Schon zur Monet-Ausstellung kamen trotz Corona 110 000 Besucher nach Potsdam. Das wohl berühmteste Motiv, der Getreideschober, begeistert die Betrachter immer wieder. Den teuersten „Heuhaufen“der Welt hatte Plattner vor einem Jahr aus amerikanischem Privatbesitz für 111 Millionen Dollar gekauft. Für Kurator Daniel Zamani aber ist Monets „Hafen von Le Havre“von 1872 eines der bedeutendsten Bilder, denn hier sei Monet der Malerei seiner Zeit 30 Jahre voraus gewesen. Die Elemente Wasser und Luft zerfließen, die Lichter der Gaslaternen sind nur noch gelbe leuchtende Punkte, schwere Schiffe nur zu erahnen. Gegenstände und Gestalten lösen sich im Licht auf.
Die Bilder sind nicht chronologisch, sondern thematisch zusammengestellt. Einer der schönsten Räume ist der mit den Künstlergärten: Auch stiehlt Monet mit seinen Seerosenbildern, die für den Maler fast 30 Jahre lang ausschließliches Motiv waren, den anderen die Show. Aber auch Pissaros „Garten und Hühnerstall“und Renoirs „Birnbaum“begeistern die Besucher.
Das älteste Bild der Ausstellung ist Eugene Boudins Le Havre. Flusslandschaften,
Reflexionen des Lichts auf dem spiegelnden Wasser zogen die Impressionisten immer wieder an die Seine. Zu den bekanntesten Werken der Sammlung gehört Caillebottes „Die Brücke von Argenteuil“und „Die Seine“. Eindrucksvoll auch Paul Signacs Hafen bei Sonnenuntergang, entstanden bei einem Ausflug nach Saint Tropez. Die Maler des Impressionismus machten sich auf in die Natur, um die Stimmungen und den Wandel von Tages- und Jahreszeiten festzuhalten. Selbst die harten Winter der 80er- und 90er- Jahre des 19. Jahrhunderts hielten die Künstler nicht ab, stundenlang im Freien den klirrenden Raureif festzuhalten. Wie auch bei den Flusslandschaften verschwimmen hier Himmel und Schnee. Etwa bei Sisleys „Schnee in
Louveciennes“. Zwölf Sisleys und ein Pissarro sind bei dieser Ausstellung erstmals öffentlich zu bewundern.
Bei der Sammlung Plattner stehen vor allem Landschaftsbilder im Vordergrund: Kornfelder und Pappelalleen, Flüsse und Meer, Bäume und Blumen. Überraschend ist deshalb ein Picasso in der Sammlung, der „Boulevard de Clichy“, ein impressionistisches Werk, das nur kurz vor der blauen Periode Picassos entstand.
All diese Werke hinterlassen den Zuschauer heiter. Doch was heute einfach als idyllisch und schön empfunden wird, galt vielen Zeitgenossen der Impressionisten noch als radikal und eigensinnig. Denn die genau Wiedergabe der Natur weicht zugunsten einer Perspektive, die Gefühl und Sicht vereint. Der Segler
Hasso Plattner sagt: „Wir spüren den Wind auf der Haut und die Temperatur des Wassers, wenn wir Monets Segelbooten auf der Seine zusehen. Das schafft keine andere Kunst. Die Impressionisten sind Kommunikationsgenies.“
Die Ausstellung schließt mit den Bildern der Nachimpressionisten, der Fauves. Beeindruckend kraftvolle Werke von Maurice de Vlaminck künden vom Übergang in ein neues Jahrhundert – vom Impressionismus hin zum Expressionismus.
Museum Barberini. Geöffnet täglich außer Di., 10-19 Uhr. Tickets nur online für ein bestimmtes Zeitfenster buchbar: www.museum-barberini.de