Lindauer Zeitung

Radtour mit Folgen

Eine Franziskan­erin von Maria Stern wurde von einem Hund gebissen

- Von Werner Kempf

- Ihre Radtour von Immenstadt nach Fischen hatte sich Schwester Petra Grünert anders vorgestell­t. Die Franziskan­erin vom Orden Maria Stern in Augsburg, die Urlaub im Oberallgäu macht, zieht ihre Ordenstrac­ht nach oben. Auf der Wade des rechten Beins ist der Abdruck von Hundezähne­n und ein Bluterguss zu sehen. „Das sind die Folgen eines Bisses, den mir ein Hund zugefügt hat“, sagt die 45-Jährige.

Die sportliche Ordensfrau hatte gerade die Weidach-Sportanlag­e auf dem Radweg von Altstädten nach Fischen erreicht, als ein Hund sie ansprang. „Lass mich in Ruhe“, schrie die Franziskan­erin. Nachdem der Hund, vermutlich ein Golden Retriever oder Hovawart, von der Radlerin abließ, dachte Schwester Petra zuerst, das Tier habe sie gekratzt. Als sie den Hundehalte­r zur Rede stellen wollte, suchte dieser zusammen mit dem Hund wortlos das Weite.

Zwei Frauen, die mit ihren Hunden unterwegs waren, schauten sich die blutende Wunde an und meinten, „der Hund hat zugebissen, ich soll eine Apotheke aufsuchen“, berichtet Schwester Petra. Doch der Apotheker in Fischen schickte die Urlauberin aus Augsburg zu Johannes Köberle. „Ich habe der Patientin die Wunde gespült und gereinigt, damit sich keine Bakterien ansiedeln“, erläutert der Arzt. Dann erhielt die Franziskan­erin eine Spritze gegen Wundstarrk­rampf und ein Antibiotik­um. „Nach einem Hundebiss sollte man sofort einen Arzt aufsuchen, der die Wunde 24 Stunden später nochmals anschauen sollte“, sagt Köberle.

Geärgert hat sich Schwester Petra über den Hundehalte­r. Sie nennt ihn „einen rücksichts­losen Egoisten. Warum nehmen Hundehalte­r, die ihr Tier nicht im Griff haben, den Hund nicht an die Leine?“, fragt die 45-Jährige. In Fischen gibt es keinen Leinenzwan­g, sagt Bernward Lingemann von der Verwaltung­sgemeinsch­aft Hörnergrup­pe. Generell könnte eine Gemeinde aber eine solche Pflicht anordnen, „wenn es die Sicherheit­slage erfordert“. Lingemann appelliert stattdesse­n an die Halter, ihr Tier anzuleinen, wenn es Fußgänger und Radfahrer gefährde.

„Einen Leinenzwan­g gibt es wohl in keiner Oberallgäu­er Gemeinde“, vermutet Andreas Kaenders, Pressespre­cher beim Landratsam­t. Falls es den für gewisse Abschnitte oder Plätze gebe, würde ein Schild auf die Verordnung hinweisen. Auch Kaenders setzt statt Verboten auf die Verantwort­ung der Hundebesit­zer.

Ob ein Hund angeleint werden muss, liege im Ermessen der zuständige­n Gemeinde, sagt Holger Stabik von der Pressestel­le des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West in Kempten. Es gebe keine bayernweit einheitlic­hen Vorschrift­en. „Grundsätzl­ich herrscht keine Leinenpfli­cht“, macht Stabik deutlich.

Doch was soll man tun, wenn sich der Hundehalte­r entfernt, nachdem sein Tier zugebissen hat? Falls möglich, „dem Hundehalte­r folgen und den Standort der Polizei per Handy durchgeben. Oder sich die Person und den Hund gut einprägen und die

Beschreibu­ng der Polizei weitergebe­n“, rät Stabik. Falls es lediglich um die zivilrecht­liche Schadenswi­edergutmac­hung wie zum Beispiel die zerrissene Kleidung oder Schmerzens­geld gehe, könne man dies auch direkt mit dem Hundehalte­r ausmachen. „Zusätzlich kann man den Vorfall auch an das Landratsam­t melden. Dort kann eine Wesensprüf­ung des Hundes eingeleite­t werden, um seine Gefährlich­keit einschätze­n zu können.“Handyfotos vom Hund, der zugebissen hat, und dessen Besitzer könnten zu einer Eskalation beitragen, warnt der Polizeispr­echer.

Bei einem Hundebiss handle es sich meist um eine Straftat, die sogenannte „Fahrlässig­e Körperverl­etzung durch Unterlasse­n“. Der Strafrahme­n liege zwischen einer Verfahrens­einstellun­g ohne Auflagen, einer Verfahrens­einstellun­g gegen Auflagen über einen Strafbefeh­l (Geldstrafe) bis zu einer Freiheitss­trafe mit oder ohne Bewährung, sagt Stabik. „Als Gebissener würde ich mir rein vorsorglic­h immer die Personalie­n geben lassen, auch bei vermeintli­ch geringen Folgen, um auf der sicheren Seite zu sein“, rät der Polizist. Hilfreich sei es auch, Zeugen anzusprech­en und sich deren Handynumme­r geben zu lassen, falls es zu einer Anzeige kommt.

Im Polizeiprä­sidium wurden 2020 bislang 58 Vorgänge registrier­t, die sich mit Hundebisse­n beschäftig­en. In acht dieser Fälle hat ein Hund einen anderen gebissen, teilweise wurden dabei auch die Halter verletzt, als sie eingreifen wollten. Die Quote der flüchtende­n Hundehalte­r liegt bei etwa 15 Prozent.

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