Ein Friedenspreis, zwei Okönomen
Der frühere Ministerpräsident von Sachsen, Georg Milbradt, erhält den Scheidegger Friedenspreis, die Laudatio hält Hans-Werner Sinn
- Beide sind Volkswirte, beide kennen sich seit vielen Jahren. Georg Milbradt wird am 3. Oktober den Scheidegger Friedenspreis erhalten, die Laudatio wird Hans-Werner Sinn halten. Der eine war Ministerpräsident von Sachsen, der andere einer der bekanntesten Ökonomen im deutschsprachigen Raum. „Wir haben selten so viel Prominenz an einem Abend im Kurhaus“, freut sich Bürgermeister Ulrich Pfanner.
Der Scheidegger Friedenspreis wird heuer zum 12. Mal verliehen. Gedacht ist die Auszeichnung in Form einer weißen Friedenstaube für Personen, die sich für die Deutsche Einheit eingesetzt haben. Insofern fällt Milbradt etwas aus dem Rahmen. Als er die Bühne der großen Politik betrat, war „die Einheit bereits vollzogen“, sagt Manfred Przybylski, der Stifter des Preises.
Gleichwohl hat sich der Ökonom um die Einheit verdient gemacht. Milbradt war von 1990 bis 2001 Finanzminister des Freistaates Sachsen. Als Fachmann für alle Wirtschaftsfragen stellte er den Haushalt auf gesunde Beine. „Er war der Gottvater der Finanzminister im Osten“, beschreibt Przybylski die Bedeutung des 75-Jährigen. Der frühere Leiter des Bildungshauses der Konrad-Adenauer-Stiftung in Cadenabbia am Comer See kennt Milbradt seit vielen Jahren.
Der Ökonom gilt als bescheidener, uneitler Mensch. Eine Eigenschaft, die nicht jedem Ministerpräsidenten
zugeschrieben wird. Das Amt übernahm Milbradt, als Kurt Biedenkopf 2002 als Landeschef in Sachsen abtrat. Sechs Jahre lang war der heute 75-Jährige erster Mann in dem Freistaat. Am Ende stolperte er über eine Affäre um die sächsische Landesbank. Der Vater zweier Söhne, der vor seinem Wechsel in den Osten sieben Jahre lang Finanzdezernent der Stadt Münster war, ist heute außerplanmäßiger Professor für Volkswirtschaftslehre in Dresden.
Die Disziplin teilt er mit HansWerner Sinn. Beide gehörten zu den 136 deutschen Wirtschaftsprofessoren, die der Europäischen Zentralbank vor sieben Jahren in einem Aufruf eine rechtswidrige Staatsfinanzierung vorwarfen. Der 72-jährige Sinn war lange einer der einflussreichsten Volkswirte der Republik. Auch wegen seiner pointierten Sprache ist der langjährige Leiter des IfoInstitutes in München gefragter Interviewpartner
und häufiger Gast im TV. Wenige Vertreter seines Fachs wurden international so häufig zitiert wie er. Sinn kommt zum ersten Mal ins Westallgäu und hat auf Anfrage von Przybylski „sofort“für die Laudatio zugesagt. „Für uns ist es eine große Ehre, dass er zu uns kommt“, sagt Pfanner. Milbradt und Sinn verbindet im Übrigen noch etwas: Milbradt war der Doktorvater von Sinn in Mannheim.
Der 12. Friedenspreis markiert einen Einschnitt. Manfred Przybylski, der die Auszeichnung gestiftet hat und bis heute die Kosten übernimmt, wird sich danach von dieser Aufgabe zurückziehen. Angekündigt hatte er das bereits vor einem Jahr. Die Kontakte zu möglichen Preisträgern wird der 80-Jährige aber weiter herstellen. „Ohne das geht es nicht“, sagt Pfanner. Ob und wie die Gemeinde den Friedenspreis weiter verleiht, wird der Gemeinderat nach dem 3. Oktober diskutieren.