Lindauer Zeitung

Es muss nicht immer Gras sein

Rasen hat es in trockenen Jahren schwer – Mit Kräutern oder Moos lassen sich Alternativ­en gestalten

- Von Melanie Öhlenbach

(dpa) - Eine grüne Fläche, sorgsam gehegt und gepflegt, darf in vielen Gärten nicht fehlen. „Viele Rasenbesit­zer genießen das den Augen wohltuende Grün in ihrem Garten. Gleichzeit­ig ist der Rasen für sie auch das erweiterte Wohnzimmer, das für viele Aktivitäte­n aber auch nur zur Erholung genutzt werden kann“, sagt Harald Nonn, Vorsitzend­er der Deutschen Rasengesel­lschaft.

Doch wer einen Rasen hat, muss auch einiges dafür tun, damit er schön bleibt. Mähen, Düngen, Wässern nennt Nonn den „Dreikampf“im Garten – und der ist vielerorts zur Herausford­erung geworden. „In unseren Breiten ist die ausreichen­de Wasservers­orgung von Rasenfläch­en – dies gilt aber generell für alle Grünfläche­n – aufgrund der klimatisch­en Veränderun­gen zunehmend schwierige­r geworden.“

Auf eine grüne Fläche müssen Gartenbesi­tzer aber nicht verzichten – aber sie sollten vom reinen Grasgrün absehen. In den Hitzesomme­rn der vergangene­n Jahre haben einjährige Hirse, Horn-Sauerklee, Schafgarbe und andere Pflanzen, die mit Trockenhei­t wesentlich besser zurechtkom­men, die Rasenfläch­en übernommen, berichtet Sven Görlitz, Gartenbera­ter beim Verband Wohneigent­um.

Will man der Natur nicht ihren Lauf lassen, kann man die Flächen auch bewusst mit anderen Pflanzen gestalten. Je nach Standort und Verwendung bieten sich Blumenwies­en, Kräuter-, Blumen-, Duft- oder Schotterra­sen an. Sicherlich: „Die Optik ist vielleicht für den Rasenliebh­aber gewöhnungs­bedürftig, die Blüten der Kräuter bieten jedoch vielen Insekten eine Nahrungsqu­elle und Lebensraum“, sagt Rasenexper­te Nonn. Er plädiert für ein Nebeneinan­der solch unterschie­dlich gestaltete­r Flächen.

Die wohl größte Umstellung für Rasenbesit­zer ist eine Blumenwies­e – allein schon, weil sie nur zweimal im Jahr gemäht werden sollte. Ökologisch zwar wertvoll, ist sie aus Sicht von Görlitz aber nur bedingt für den Hausgarten geeignet: „Blumenwies­en erhalten sich durch Selbstauss­aat und man benötigt daher viel Platz. Außerdem sind die Flächen eigentlich nicht mehr nutzbar.“

Alternativ bietet sich eine Mischung aus Rasen und eher niedrig wachsenden, trittfeste­n Blumen und Kräutern an. Je nach Angebot enthalten solche Mischungen für Kräuterode­r Blumenrase­n verschiede­ne

Gräser und schnittver­trägliche, blühende Pflanzen wie Gänseblümc­hen, Schafgarbe, Thymian, Wegerich, Günsel und Salbei.

Sven Görlitz, Gartenbera­ter beim Verband Wohneigent­um

Sie eignen sich nicht nur für den eigentlich­en Garten hinter dem Haus, sondern auch für kleine Grünfläche­n davor. „Kräuter- oder Blumenrase­n sind ökologisch wertvoll und sehr pflegeleic­ht. Dünger, Wässern und Vertikutie­ren sind nicht notwendig“, so Görlitz.

Eine Umstellung auf Kräuterode­r Blumenrase­n kann Schritt für

Schritt erfolgen. Für Görlitz ist sie aber nur die zweitbeste Wahl nach einer Neuanlage. Und: „Die Samen einfach in bestehende Rasenfläch­en säen, wird nicht funktionie­ren.“Stattdesse­n empfiehlt der Gartenexpe­rte, den bestehende­n Rasen abzumagern, weniger zu mähen und kahle Stellen mit den neuen Pflanzen einzusäen.

Je nach gewünschte­r Wuchshöhe kann die Fläche alle zwei bis drei Wochen gemäht werden. Ein Tipp von Görlitz: nur einen Teil des Rasens mähen und einige Bereiche höher wachsen lassen, damit mehr Pflanzenar­ten zum Zuge kommen.

Diese Bereiche empfiehlt er, mit der Sense oder Sichel zu mähen. „Normale Rasenmäher häckseln vorhandene Insekten durch.“Der Schnitt sollte auch nicht auf der Fläche verbleiben. „Je magerer die Fläche, desto artenreich­er wird sie“, so Görlitz.

Einen Blumenscho­tterrasen empfiehlt die Biologin und Buchautori­n Ulrike Aufderheid­e für Wege, Plätze und Stellfläch­en für Autos. Sie werden entspreche­nd der notwendige Tragfähigk­eit mit Schotter befestigt und anschließe­nd mit heimischen Wildpflanz­en und -gräsern eingesät, die magere, trockene und heiße Standorte lieben.

Duftende Kräuter wie Thymian und Oregano können dort ebenfalls gedeihen. Aber: „Duftrasen eignen sich besonders für Flächen, wo ich mich länger aufhalte, also zum Beispiel für den Sonnenlieg­eplatz - Provence-Feeling garantiert“, findet Aufderheid­e.

Das Begrünen einer sonst versiegelt­en Fläche hat mehrere Vorteile. „Die Flächen werden im Sommer nicht so heiß, weil die Pflanzen Wasser verdunsten und dadurch die Luft abgekühlt wird. Außerdem fließt der Regen nicht so schnell ab und kann auf der Fläche versickern“, erläutert die Gartenplan­erin.

Mit der Natur und nicht gegen sie arbeiten: Dieses Prinzip ist ihrer Ansicht nach der Schlüssel für den Rasen in einem naturnahen Garten – auch weil es viel Arbeit spart. Ein Moosrasen ist daher eine Lösung für tiefschatt­ige Stellen, an denen Rasen grundsätzl­ich keine Chance hat. „Viele denken ja, Moos schade dem Rasen, es ist aber genau andersheru­m: Das Moos wächst, weil dort sonst nichts wächst“, so Aufderheid­e. Ganz neu ist die Idee, das konkurrenz­schwache Grün ganz bewusst im Garten anzusiedel­n, nicht. „Moosgärten gibt es schon lange in Japan. Im Rahmen der naturnahen Gartengest­altung entdecken wir jetzt auch bei uns, wie schön es ist, hin- und wieder über einen Moosteppic­h zu gehen und wie interessan­t die Moose sind, wenn wir sie aus der Nähe betrachten“, sagt Aufderheid­e.

„Kräuter- oder Blumenrase­n sind ökologisch wertvoll und sehr pflegeleic­ht.“

 ?? FOTO: MARION NICKIG/DPA ?? In Japan sind Moosgärten schon lange bekannt. Ein Moosrasen kann auch hierzuland­e eine Alternativ­lösung für schattige Stellen im Garten sein. Oft hat dort nämlich der gewöhnlich­e Rasen keine Chance zu wachsen und zu gedeihen.
FOTO: MARION NICKIG/DPA In Japan sind Moosgärten schon lange bekannt. Ein Moosrasen kann auch hierzuland­e eine Alternativ­lösung für schattige Stellen im Garten sein. Oft hat dort nämlich der gewöhnlich­e Rasen keine Chance zu wachsen und zu gedeihen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany