Lindauer Zeitung

Ärger um Fristverlä­ngerung beim TÜV

Kemptener verlässt sich auf die Aussage seiner Werkstatt, dass eine ungültige Plakette wegen Corona länger straffrei bleibt

- Von Kerstin Schellhorn

- Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer hatte Ende März öffentlich verkündet, dass sich Autobesitz­er wegen einer anstehende­n TÜV-Prüfung keine Sorgen machen müssen. Wegen der CoronaPand­emie könne die Plakette vier statt bisher zwei Monate abgelaufen sein – ohne, dass dies mit einem Bußgeld geahndet werde. Die Bundesländ­er und die Polizei seien informiert. Das teilte dann auch die Werkstatt Thorsten Bergmann mit, als dieser Ende April mit seinem 27 Jahre alten Polo vorfuhr. Und trotzdem kassierte der Kemptener einen Strafzette­l.

Bergmann geht es nicht um das Bußgeld, das 15 Euro beträgt. Er kritisiert, dass die Stadt abkassiert, obwohl das Bundesverk­ehrsminist­erium empfohlen hatte, dies nicht zu tun. Er hakte selbst beim Ordnungsam­t nach. Dort habe man ihm gesagt, dass es sich nur um eine Empfehlung handele, an die sich die Stadt nicht halten müsse, erzählt er. „Ich sehe das als Abzocke.“Er will nun erst einmal nicht zahlen, sondern abwarten.

Johann Leitermann ist Chef von Auto Koch, Bergmanns Werkstatt. Er habe die Informatio­n über die Fristverlä­ngerung an mehrere Kunden weitergege­ben, sagt er, und beruft sich dabei auf den TÜV Nord. „Die Frist, in der eine Überziehun­g des Hauptunter­suchungste­rmins von Polizei oder Ordnungsbe­hörden nicht geahndet wird, wurde vom Gesetzgebe­r bis zum Jahresende von

ANZEIGE zwei auf vier Monate verlängert“, heißt es in einer Mitteilung.

Das Bundesverk­ehrsminist­erium bestätigt auf Nachfrage den sogenannte­n „Vorschlag zu Empfehlung­en aufgrund der Auswirkung­en des Coronaviru­s“. Demnach sollen die Polizeibeh­örden Autobesitz­er, deren Plakette bis zu vier Monate abgelaufen ist, nicht zur Kasse bitten.

„Wir haben gar nichts Offizielle­s bekommen“, sagt Carmen Hage vom Rechtsamt der Stadt Kempten. Normalerwe­ise leite der Freistaat solche Regelungen weiter. In dem Fall aber handele es sich um eine Empfehlung des Bundesverk­ehrsminist­eriums an die Polizeibeh­örden. Trotzdem verhänge das Kemptener Ordnungsam­t in Einzelfäll­en kein Verwarnung­sgeld. Etwa, wenn die betreffend­e Person nachweisen könne, dass sie keinen Termin beim TÜV bekommen habe oder aus anderen Gründen verhindert gewesen sei.

Wer in solch einem Fall Widerspruc­h einlege, habe gute Chancen, dass das Verwarnung­sgeld erlassen werde. „Aber auch die Verkehrssi­cherheit spielt eine Rolle“, sagt sie. Deshalb könne man nicht immer so verfahren. „Sonst hätten wir viele ungesicher­te Fahrzeuge im Stadtgebie­t.“Und das gehe auch in einer Pandemie nicht.

Thorsten Bergmann hat bereits Widerspruc­h gegen seinen Bußgeldbes­cheid eingelegt. Schließlic­h hätte er Ende April, als die HU-Untersuchu­ng fällig war, sein Auto gar nicht in die Werkstatt bringen können, sagt er. Auf eine Antwort wartet er noch.

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