Vater soll Baby fast totgeschlagen haben
Vor dem Memminger Landgericht beginnt der Prozess gegen einen 24-Jährigen
- Ja, er habe seinen erst vier Monate alten Sohn mit der Faust mehrmals gegen den Kopf geschlagen, sagt der 24-Jährige – dass er das Kind auch fast zu Tode gewürgt und geschüttelt habe, könne er nicht ausschließen: „Daran kann ich mich nicht erinnern.“Der Angeklagte war beim Prozessauftakt vor dem Memminger Landgericht weitgehend geständig. Der Mann ist dort wegen „gefährlicher Körperverletzung“und „Misshandlung von Schutzbefohlenen“angeklagt. Den Vorwurf eines Tötungsdelikts konnte die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen nicht erhärten.
Es gab auch eine erfreuliche Nachricht bei dem Prozess: Dem Buben soll es trotz Schädelbruchs und einer Unterblutung der Hirnhaut sowie vieler Blutergüsse am ganzen Körper heute soweit gut gehen, sagte seine Mutter vor Gericht. Die 17-Jährige war als Zeugin geladen. Das Kind lebt nach einer kurzen Unterbrechung nach dem Vorfall wieder bei ihr und ihren Eltern – unter Aufsicht des Jugendamts.
Am ersten Prozesstag ging es um die Ereignisse am Tatwochenende, das für das Kind auf der Intensivstation
und für seinen Vater in der Untersuchungshaft endete. Am 11. Januar, einem Samstag, sollte der Angeklagte erstmals seinen Sohn über Nacht bei sich haben. Um 13.30 Uhr holte er das Baby in Memmingen ab. Die Mutter des kleinen Buben ist inzwischen seine Ex-Freundin.
Im Laufe des Nachmittags habe das Kind in einer Unterallgäuer Wohnung, wo der Angeklagte mit seiner Mutter lebt, munter gebrabbelt, auch etwas geschrien, sei dann aber wieder ruhig gewesen. Der Vater fütterte seinen Sohn, wechselte die Windeln, spielte mit ihm und legte ihn in den Stubenwagen bei sich im Zimmer. Von 22 bis 4 Uhr habe das Kind geschlafen. Dann habe es geschrien und gequengelt – „da war ich komplett überfordert und wollte nur weiterschlafen“, sagte der Angeklagte.
Als der Säugling sich nicht beruhigte, habe er ihn auf den Arm genommen – doch der Bub schrie weiter. „Da habe ich ihn ohne nachzudenken mit der rechten Faust zweioder dreimal gegen den Kopf geschlagen“, sagte der Angeklagte beim Prozessauftakt. Er sprach von einer „Kurzschlussreaktion“.
Den nun ruhigen Buben habe er zu sich ins Bett gelegt, sagte der 24-Jährige. Als er am Sonntag gegen 6.30 Uhr wach geworden sei, habe er die Verletzungen nicht bemerkt. Doch gegen 7 Uhr hat seine Mutter ihren Enkel mit blauem Gesicht vorgefunden. Eine Stunde verging, bis der Angeklagte seine damals 16-jährige Freundin anrief.
Sie sagt jedoch, dass ihr das ganze Ausmaß der Verletzung erst bei einem weiteren Telefonat gegen 9 Uhr geschildert worden sei. Der Angeklagte habe ihr gesagt, dass das Kind vom Sofa beziehungsweise aus dem Bett gefallen sei. Sie entschieden letztlich, mit dem Buben ins Krankenhaus zu fahren, wo eine Ärztin die Polizei informierte.
Das Gericht machte sich auch ein Bild vom Angeklagten. Dessen Vater starb, als er sechs war, die Mutter ist arbeitslos. Eine Ausbildung zum Gebäudereiniger brach er ab, arbeitete für eine Zeitarbeitsfirma als Metallfeinarbeiter, hat nach eigenen Angaben etwa 20 000 Euro Schulden und ist wegen Schwarzfahrens vorbestraft. Zeugen schildern ihn als „nicht aggressiv“.
Ein Urteil fällt voraussichtlich am 17. September. Sollte das Gericht der Anklage folgen, könnte der 24-Jährige eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren bekommen.