Lindauer Zeitung

Er hat verstanden

- Von Hannes Koch politik@schwaebisc­he.de

Die Botschaft ist angekommen. Der Bundeswirt­schaftsmin­ister hat einen bemerkensw­erten Schritt getan. Peter Altmaier (CDU) erklärte am Freitag, den Klimawande­l ernst zu nehmen – so ernst, dass er die Klimaneutr­alität bis 2050 zum obersten Ziel der Politik befördern würde. Derartiges hat man an dieser Bundesregi­erung oft vermisst – ein Leitbild, einen Zukunftsen­twurf, plausibel, in einfachen Worten, dennoch überzeugen­d und zwingend. Altmaier übernimmt Verantwort­ung und zeigt Engagement. Der Wirtschaft­sminister ist damit auf der Höhe der Zeit, denn die Mehrheit der Bevölkerun­g teilt seine Erkenntnis.

Altmaier schlägt vor, bis nächsten Sommer eine Klima-Charta auszuarbei­ten – möglichst im gesellscha­ftlichen Konsens. Diese soll den Weg für die nächsten 30 Jahre beschreibe­n, etwa für jedes Jahr konkrete Kohlendiox­idmengen festlegen, um im Jahr 2050 dann tatsächlic­h annähernd auf null zu kommen. Diesem Ziel müsse auch jährlich ein Teil der Wirtschaft­sleistung gewidmet werden, um die „enormen Kosten“zu finanziere­n.

Das kann man einerseits für einen realistisc­hen Ansatz halten. Altmaier hat erkannt, dass die Politik etwas tun muss, um nicht einen großen Teil der Jugend zu verlieren. Ohne den „Fridays for Future“-Sommer von 2019 hätte sich der Minister nicht so bewegt. Außerdem denkt er in Machtoptio­nen. Die Klima-Charta stellt ein Angebot an die Grünen dar, die nächste Bundesregi­erung zu bilden. Aber kann der Aufschlag praktisch funktionie­ren – in Zeiten von Corona und Wirtschaft­skrise? Es ist eine gewaltige Anstrengun­g, Altmaier müsste sich dahinterkl­emmen.

Und eine große Frage lässt sich heute kaum beantworte­n. Weniger Treibhausg­as-Ausstoß mit immer mehr Wohlstand? Wie soll das klappen? Altmaier will Klimaschut­z und Wirtschaft­swachstum versöhnen, er stellt das Wachstumsm­odell nicht infrage. Doch geraten nicht reiche Industriel­änder irgendwann an einen Punkt, hinter dem die ewige Expansion die natürliche­n Ressourcen endgültig überforder­t? Die Antwort ist umstritten. Diese Botschaft kann noch nicht ankommen.

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