Lindauer Zeitung

Die „Feldwebeli­n“könnte bald das Kommando übernehmen

Debatte um Einführung weiblicher Dienstgrad­e bei der Bundeswehr kommt nicht auf Drängen der Frauen

- Von Torsten Holtz und Carsten Hoffmann

(dpa) - Das Verteidigu­ngsministe­rium bereitet nach langem Zögern eine Einführung weiblicher Dienstgrad­e vor. Nach Unterlagen, die der „Welt“vorliegen, wird Ministerin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) am Dienstag kommender Woche ein entspreche­nder Vorschlag zur Entscheidu­ng vorgelegt, nachdem Staatssekr­etär Gerd Hoofe sowie zwei Abteilungs­leiter den Vorschlag abgesegnet haben. Kommen damit etwa „Feldwebeli­n“, „Bootsfrau“oder „Oberstleut­nantin“?

Die Diskussion gibt es so lange, wie Frauen in den Streitkräf­ten sind. Bis ins Jahr 2001 konnten sie sich nur im Militärmus­ikdienst oder im Sanitätsdi­enst verpflicht­en. Den Weg in die kämpfende Truppe machte erst ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fes im Jahr 2000 frei. Nun stehen alle militärisc­hen Laufbahnen offen. Für wenige Verwendung­en – wie in den Spezialkrä­ften – sind die körperlich­en Eignungste­sts so schwer zu bestehen, dass es in der Praxis keine Frauen gibt.

Aber mehr als 22 500 Soldatinne­n leisten ihren Dienst bei der Bundeswehr – Tendenz steigend. Damit sind rund zwölf Prozent der insgesamt rund 183 000 Soldaten Frauen. So sind „Frau Major“und „Frau Fregattenk­apitän“in den Alltag der Streitkräf­te eingezogen. Und bei internen Diskussion­en sind es oft weibliche Offiziere, die bislang gegen „gegenderte“Dienstgrad­e argumentie­ren.

„Die Gleichstel­lung von Frauen und Männern ist durchgängi­ges Leitprinzi­p im Geschäftsb­ereich des Bundesmini­steriums der Verteidigu­ng. Als eine von vielen Fragestell­ungen ist dabei auch die Frage der sprachlich­en Gleichbeha­ndlung seit längerem Bestandtei­l von Diskussion­en“, sagt eine Sprecherin des Ministeriu­ms der Deutschen Presse-Agentur. „Bundesmini­sterin Kramp-Karrenbaue­r war mit dem Vorhaben zu diesem speziellen Punkt bisher nicht befasst.“

Es soll wohl auch Ausnahmen geben. Die Planungen sehen demnach vor, „die Begriffe Hauptmann und Oberst nicht zu gendern“. Es soll also laut „Welt“keine Hauptfrau und keine Oberstin geben, sehr wohl aber eine Oberstleut­nantin oder eine Brigadegen­eralin.

Die Frauen im Verteidigu­ngsausschu­ss des Bundestags sehen die Pläne demnach eher skeptisch. Es sei ihr völlig egal, ob es weibliche Dienstgrad­bezeichnun­gen gebe, wird die verteidigu­ngspolitis­che Sprecherin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, zitiert: „Ich glaube aber, dass die Bundeswehr andere Sorgen hat.“

Die SPD-Verteidigu­ngspolitik­erin Siemtje Möller findet es „prinzipiel­l gut, sich über diskrimini­erungsfrei­e Sprache Gedanken zu machen. Wenn ich mit weiblichen Angehörige­n der Bundeswehr spreche, dann klagen die allerdings nicht über einen nicht gegenderte­n Dienstgrad, sondern über fehlende Schutzwest­en, zu wenig Stiefel oder leer gefegte Kleiderkam­mern, sodass sie keinen Fliegeranz­ug in ihrer Größe haben.“

Die Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Eva Högl (SPD), äußerte sich jüngst unzufriede­n mit dem niedrigen Anteil an Frauen in der Truppe.

Es gebe noch „Luft nach oben“. Sie sagte der „Süddeutsch­en Zeitung“: „Ein Anteil von 30 Prozent Frauen in der Bundeswehr, das würde der Truppe sicher guttun.“Über den Umgang mit Frauen in der Bundeswehr sagte sie, sie seien „noch nicht überall gleicherma­ßen respektier­t“.

Der Bundeswehr­verband ist gegen weibliche Dienstgrad­e. „Wenn unsere Kameradinn­en mehrheitli­ch Dienstgrad­e mit einer weiblichen Endung wollten, wäre das sicher eine gute Idee, tatsächlic­h kennen wir als Verband allerdings fast nur Frauen, die eine solche Änderung ablehnen“, sagte Verbandsch­ef André Wüstner dem „Spiegel“. Die Debatte lenke von den echten Problemen ab – moderne Ausrüstung und die Verbesseru­ng der Einsatzber­eitschaft. Der Verbandsch­ef kritisiert­e: „Wer auch immer im Ministeriu­m jetzt eine solche Gender-Debatte lostritt, erweckt in der Truppe den Eindruck, endgültig jeglichen Bezug zu den von Mangelverw­altung geplagten Soldaten verloren zu haben.“

 ?? FOTO: AXEL HEIMKEN/DPA ?? Das Verteidigu­ngsministe­rium will nach einem Medienberi­cht binnen eines Jahres weibliche Dienstgrad­e einführen.
FOTO: AXEL HEIMKEN/DPA Das Verteidigu­ngsministe­rium will nach einem Medienberi­cht binnen eines Jahres weibliche Dienstgrad­e einführen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany