Der Dialekt ist Element unserer Kultur
Zu „Warum versteht uns denn keiner“(5.9.):
Der Autor stellt in seinem Essay vorwiegend negative Beispiele mit Dialekt-Problemen im Alltag vor. Er nimmt Bezug auf Bestrebungen des Kultusministeriums, den Dialekt zu fördern und unterstellt dabei, dass im Unterricht der Dialekt die Standardsprache sein soll und die Lehrer deshalb den Dialekt beherrschen und den Satz des Pythagoras auf Schwäbisch erklären müssten. Davon ist doch keine Rede. Es geht darum, dass der Lehrer Dialekt sprechende Schüler nicht bloßstellen, sondern ihnen Mut machen soll, zu reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Dann entfällt auch das Problem, dass Schüler wegen ihres Dialekts gemobbt werden. Statt negativer Beispiele könnte man auch positive anführen: Es ist inzwischen längst nachgewiesen, dass zweisprachige Schüler sprachlich begabter sind. Mundart reden und hochdeutsch schreiben ist kein Problem – das machen uns Vorarlberg und die Schweiz vor.
Auch sonst erfährt man im Artikel wenig über die Absicht des Kultusministeriums, wie und warum man den Dialekt fördern sollte. Laut Kretschmann gehe es nicht darum, ein Schulfach Dialekt einzuführen. Vielmehr wolle er bei Lehrkräften das Interesse am Thema wecken. „Insbesondere Kinder und Jugendliche wollen wir dabei für den Dialekt begeistern, denn nur so können wir diesen kulturellen Schatz in Zukunft bewahren“, so der Ministerpräsident. Dialekte verdienten Anerkennung und Unterstützung. Die eigene Sprache sei wohl eines der stärksten Merkmale von regionaler Identität. Und die gelte es zu fördern. Warum ist sie in BadenWürttemberg so wenig ausgeprägt im Unterschied zu Bayern, der Schweiz und Vorarlberg?
Die Politik ist laut UNESCO-Konvention von 2007 Politik verpflichtet, „Maßnahmen zum Schutz der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zu ergreifen“. Wenn der Dialekt als Element unserer Kultur verloren geht, heißt es am Ende: Wir können alles, außer Schwäbisch.
Berthold Büchele, Ratzenried
Verbot ist eine Nebelkerze
Zu: „Kükentöten vor Verbot“(10.9.) Männliche Küken, die bei der Aufzucht von Legehennen anfallen, sollen ab Ende 2021 nicht mehr direkt nach dem Schlüpfen getötet werden dürfen, obwohl sie weder für die Eierproduktion taugen, noch für eine wirtschaftliche Fleischproduktion. Ist das ein Grund zur Freude? Nein, das ist eine Nebelkerze, die mit dem Kindchenschema spielt („ach, die süßen Küken“) und den Kund*innen ein besseres Gefühl machen soll. Den Tieren ist damit nicht wirklich geholfen. Denn künftig werden – je nach technischem „Fortschritt“– die Tiere schon im Ei getötet oder sie werden ein paar Wochen nach dem Schlüpfen wie ihre Vettern aus den
Mastbetrieben ebenfalls geschlachtet – nach einem kurzen Leben in zumeist qualvoller Enge. Für den Großteil der Küken und Hühner ändert sich damit nichts. Das „Verschonen“der männlichen Küken wird zur billigen Rechtfertigung, um die Tierquälerei in Mast- und Legebetrieben weiter aufrechterhalten zu können. Ulrich Köpfler, Bad Waldsee
Erst eine fertiggestellte Gasleitung übt Druck aus
Zur Diskussion um Russland-Sanktionen: Die Diskussion zu „Fertigstellen oder Unterbrechen von Nord Stream 2“als Sanktion für Putins Russland halte ich für nicht erfolgversprechend. Bisherige Sanktionen – egal gegen welchen Staat und egal von wem – haben in keinem Fall die gewünschten Erfolge gebracht. Eine nicht fertiggestellte Gasleitung übt keinen Druck aus, wohl aber eine fertiggestellte, durch die man Gas verkaufen könnte, vorausgesetzt die Beziehungen zum Käufer stimmen. Also hier meine Meinung: Fertigstellen, aber keine Abnahme von Gas bis zur Lösung des Konfliktes.
Klaus Deckner, Eriskirch
Lobenswerte Beharrlichkeit
Zu: „Sie wurde nur fünf Jahre alt“(25.8.) Besten Dank, Frau Hagenberg-Miliu, für den guten, ausgewogenen und sachlichen Bericht. Ich war auch Besucher der Wanderausstellung „Geliebte Gabi, ein Mädchen aus dem Allgäu – ermordet in Auschwitz“in der Lindenberger Kulturfabrik und hörte dort am 28. Dezember 2019 den Vortrag von Leo Hiemer zu seiner Buchvorstellung „Gabi (1937–1943) geboren im Allgäu ermordet in Auschwitz“. Die Lektüre kann ich nur wärmstens empfehlen. Den Einsatz, die akribische Recherche, belegt durch die fast unzähligen Quellenangaben und das Engagement, das Herr Hiemer zum Schreiben seines Buches erbracht hat, sind bei vielen Autoren nicht selbstverständlich. Seine Beharrlichkeit, seine Gründlichkeit und das lange, kräftige Schwimmen gegen den Strom – das ist lobenswert! Den Besuch der sehr sehenswerten Wanderausstellung sollte jeder einplanen der sich, auch nur ein wenig, mit unserer jüngsten Vergangenheit beschäftigt.
Gerhard Alger, Ellhofen