Lindauer Zeitung

Verluste, Absatzkris­e, Corona

Lastwagenb­auer MAN will 9500 Stellen streichen – Betriebsra­t der VW-Tochter kündigt Widerstand an

- Von Mischa Ehrhardt

- Mit einem radikalen Stellenkah­lschlag reagiert der krisengesc­hüttelte Lastwagen- und Busherstel­ler MAN auf die Krise – vor allem aber auf mangelnde Profitabil­ität: Mehr als ein Viertel der Stellen sollen wegfallen, insgesamt arbeiten bei dem Traditions­unternehme­n weltweit rund 36 000 Mitarbeite­r. Damit verschärft die renditesch­wache Nutzfahrze­ugtochter des Volkswagen-Konzerns den bisher geplanten Sparkurs. „Die derzeitige­n Überlegung­en umfassen den Abbau von bis zu 9500 Stellen in Deutschlan­d und Österreich sowie weltweit über alle Unternehme­nsbereiche hinweg“, teilten MAN und Traton am Freitag nach Vorstandss­itzungen mit. Traton ist eine Holding im Volkswagen-Konzern, unter der die Nutzfahrze­uggeschäft­e gebündelt sind. Zur Holding gehört unter anderem auch die profitable­re Schwesterm­arke Scania – die aber ebenfalls Stellen abbaut.

Bisher hatte man bei MAN mit einem Abbau von 6000 Stellen gerechnet. Der nun entworfene Sparplan könnte auch zur Schließung ganzer Standorte führen. So drohe etwa dem Standort Steyr in Österreich nach Angaben des Konzerns die Schließung. Dort produziere­n 2200 Beschäftig­te Lastwagen. Ebenso stünden die kleineren Standorte Plauen und Wittlich in Deutschlan­d zur Dispositio­n. In Deutschlan­d und Österreich arbeiten rund zwei Drittel aller MAN-Beschäftig­ten, vor allem in München, Nürnberg und Salzgitter. Darüber hinaus betreibt der Lastwagenb­auer

auch Standorte in Polen, Österreich, Russland, Südafrika und der Türkei.

MAN Energy Solutions in Augsburg ist von den neuen Sparplänen nicht betroffen. Denn das Unternehme­n teilt zwar Vergangenh­eit und seinen Namen mit dem MAN-Konzern, ist aber eine direkte Tochter von Volkswagen – und damit kein Teil der Traton-Holding. Das Unternehme­n stellt Großdiesel­motoren und Turbomasch­inen für den Schiffsbau und stationäre Anwendunge­n her – bis hin zu kompletten Kraftwerke­n. Arbeitnehm­ervertrete­r und Management hatten sich in Augsburg Anfang August bereits auf ein Sparpaket geeinigt. Die Pläne sehen vor, 800 Stellen zu streichen – ohne betriebsbe­dingte Kündigunge­n auszusprec­hen. In Augsburg arbeiten rund 4000 Menschen. Bis auf Weiteres soll MAN Energy im Volkswagen-Konzern bleiben. Allerdings gilt diese Zusage nur für die kommenden vier Jahre.

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Dann werden Renditezie­le überprüft und neu entschiede­n.

Renditezie­le sind es auch, die aus Sicht des Traton- und MAN-Management­s den radikalen Job-Kahlschlag nötig machen. Denn MAN gilt nicht erst seit der Corona-Krise als Problemfal­l bei Volkswagen. In der Krise aber hat MAN Traton tief in die roten Zahlen gerissen.

Mit der nun verschrieb­enen Rosskur will MAN seine Kosten um 1,8 Milliarden Euro senken. Bis 2023 soll so die operative Umsatzrend­ite, die zuletzt negativ war, auf acht Prozent steigen. Allerdings muss MAN dafür einen Umweg in Kauf nehmen: Denn wie meist bei solchen radikalen Sparprogra­mmen kostet der Stellenabb­au zunächst Geld – etwa für Abfindunge­n. So rechnet MAN mit Kosten im mittleren bis oberen dreistelli­gen Millionenb­ereich, also bis zu einer Milliarde Euro. Der Gesamtaufw­and hänge von den Verhandlun­gen mit den Arbeitnehm­ern ab, unterstric­h der neue Konzernche­f Andreas Tostmann.

Sein Vorgänger Joachim Drees hatte im März angekündig­t, MAN nach jahrelang schwachen Geschäften auf Vordermann zu bringen, um Geld für Investitio­nen frei zu machen. Allerdings scheiterte­n er und seine Pläne am heftigen Widerstand der Arbeitnehm­er. Auch Traton-Chef Andreas Renschler musste im Sommer seinen Hut nehmen und wurde von Matthias Gründler abgelöst.

Auch die neuen Pläne, so viel steht jetzt schon fest, werden nicht einfach durchzuset­zen sein. So kündigte der MAN-Betriebsra­t ziemlich klar Widerstand an. „Das sind Management­konzepte von tief unten aus der Mottenkist­e“, erklärte Betriebsra­tschef Saki Stimoniari­s. Die Belegschaf­t werde nicht für schwere Management­fehler büßen. Er forderte den Ausschluss betriebsbe­dingter Kündigunge­n. Zudem wolle er dem Vorstand seine eigenen Vorstellun­gen zur Zukunft von MAN vorlegen. Die Arbeitnehm­er würden also Widerstand leisten dagegen, dass in Deutschlan­d und Österreich „fast jeder zweite Arbeitspla­tz“abgebaut werden solle.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Produktion­sstraße des Lastwagenb­auers MAN in München: Die operative Umsatzrend­ite der Volkswagen-Tochter soll bis 2023 auf acht Prozent steigen – zuletzt erwirtscha­ftete das Unternehme­n Verluste.

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