Platz zwei macht Lust auf mehr
Deutsches Drama am Puy Mary – Kämna und Schachmann nur knapp geschlagen
(dpa) - Lennard Kämna haderte zwischen den Bergriesen des Zentralmassivs nur kurz über die verpasste „Riesenchance“, dann hatte er seine Angriffslaune wiedergefunden. „Wir haben gezeigt, dass wir super stark sind. Wir werden es jeden Tag versuchen. Das gibt uns einen RiesenMotivationsboost für die nächsten Tage“, sagte Kämna, nachdem er zwei Tage nach seinem 24. Geburtstag in 1589 Metern Höhe nur hauchdünn an seinem ersten Etappensieg bei der Tour de France vorbeigefahren war.
Kämna wurde auf der 13. Etappe nach 191,5 Kilometern und sieben Bergwertungen Zweiter hinter Daniel Martinez, Teamkollege Maximilian Schachmann Dritter. Der Kolumbianer ließ sich von den Bora-hansgroheFahrern nicht austricksen. „Es wäre schön gewesen, hätten wir den Sieg nach Hause gefahren, aber die Tour ist nicht vorbei“, sagte Schachmann, der 27 Tage nach seinem Schlüsselbeinbruch wieder Kämpferherz bewies.
Dabei war der Schachzug voll aufgegangen. Martinez musste die ganze Arbeit leisten, um Schachmann, der 20 Kilometer vor dem Ziel alleine losgezogen war, einzuholen. Als der Berliner
(„Der Tag war für mich 1,3 Kilometer zu lang“) dann auf den steilen Rampen des Puy Mary eingeholt und überholt wurde, gingen Kämna und Martinez ins Finish. Kämna taktierte, attackierte und hatte den Sieg vor Augen – am Ende rollte das Talent mit hängendem Kopf über den Zielstrich.
„Es lief alles wie am Schnürchen. Ich hätte 50 Meter später attackieren sollen“, haderte Kämna. So konnte der clevere Martinez noch kontern und „einen besonderen Tag in seinem Leben“feiern, und der erste deutsche Etappensieg seit John Degenkolb 2018 lässt auf sich warten. Auch der Schlagabtausch der Stars auf dem 5,4 Kilometer langen Schlussanstieg mit durchschnittlich 8,1 Prozent Steigung hatte es in sich. Favorit Primoz Roglic verteidigte sein Gelbes Trikot und schüttelte Vorjahressieger Egan Bernal ab. Der Kolumbianer verlor weitere 38 Sekunden auf Roglic. Zweiter ist nun Roglics Landsmann Tadej Pogacar, 44 Sekunden zurück. Die französischen Hoffnungsträger Guillaume Martin und Romain Bardet verloren Zeit und dürften ihre Chance auf den Toursieg eingebüßt haben.
Womöglich gehört auch Kämna eines Tages dazu. Am Freitag zeigte der Youngster wieder sein großes Potenzial. Vergessen und verdaut waren die drei Stürze zu Beginn, er knüpfte an die starke Vorstellung bei der Dauphiné an, als er in Megève gewann. Damals wie heute bekam er freie Fahrt. „So einen richtigen Leader haben wir nicht mehr, außer Peter Sagan für die Flachetappen“, meinte Kämna mit Blick auf den abgeschlagenen Vorjahresvierten Emanuel Buchmann: „Wir versuchen jeden Tag, in die Gruppe zu gehen und um den Sieg mitzukämpfen. Da bekommt jeder seine Chance.“