City-Maut soll Staus verhindern
Deutlicher Verkehrsrückgang schon ab sechs Euro – Gute Erfahrungen in anderen Städten
- Städte und Gemeinden wollen die Verkehrswende vorantreiben. Vor allem Autofahrten sollen langfristig zurückgedrängt werden. Ein Mittel gegen die Überlastung des Straßennetzes hat jetzt das Münchner Ifo-Institut vorgestellt. Die Forscher plädieren für die Einführung einer Anti-Stau-Gebühr. „Damit könnten wir die Stauprobleme in der Innenstadt in den Griff bekommen“, sagt Studienleiter Oliver Falck. Bei Kosten von sechs Euro würde der Verkehr in Münchens Mittlerem Ring um 23 Prozent zurückgehen, bei zehn Euro sogar um 30 Prozent. Die Ergebnisse seien auch auf andere stauträchtige Städte übertragbar, vermutet Falck.
Der Forscher verweist auf gute Erfahrungen mit einer City-Maut. In Singapur, London oder Stockholm konnte der Verkehr damit um bis zu 44 Prozent reduziert werden. Auch Berlin diskutiere über ein ähnliches Modell. Für die Wirtschaft wäre diese Entlastung laut Studie positiv. Der Handel kann demnach durch eine gestiegene Attraktivität der Innenstädte mehr Kunden anziehen. Lieferanten oder Taxis benötigten weniger Zeit für ihre Fahrten. Mit den Einnahmen könnten laut Falck mehr Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr ermöglicht und soziale Härten durch die Maut abgefedert werden. Das Institut rechnet für München bei einer Gebühr von sechs Euro mit 600 Millionen Euro Zusatzeinnahmen im Jahr.
Nutzungsgebühren sind nur eine Stellschraube für die von den Kommunen angestrebte Verkehrswende. Über weitere Schritte haben sich die Wissenschaftler des Instituts Agora Verkehrswende im Auftrag der Kommunalverbände Gedanken gemacht. Kernpunkte ihrer Studie sind der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und eine Umverteilung des städtischen Raumes weg vom Auto
Durchschnittlich mehr als
120 Stunden verloren Autofahrer in den zehn staureichsten Städten Deutschlands, wie aus dem StauRanking 2019 des Navigationsanbieters TomTom hervorgeht. Besonders viel Geduld mussten die Hamburger aufbringen. Dort brauchen Autofahrer durchschnittlich 34 Prozent länger für ihre Wege, als es bei freier Straße möglich gewesen wäre – und liegen damit auf Platz eins in Deutschland. Die Bundeshauptstadt Berlin landet auf Platz zwei, ist mit 32 Prozent Zeitverlust pro Wegstrecke allerdings gleichauf mit Wiesbaden. und hin zu Fußgängern, Radfahrern und Nutzern öffentlicher Verkehrsmittel.
„Wir werden zu einer Flächenumverteilung kommen müssen“, betont Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag. Das Auto vor der eigenen Haustür zu parken sei kein Menschenrecht. „Das wird so nicht haltbar sein“, sagt er.
Die Städte müssten drei Ziele erreichen: Die Klimaschutzvereinbarungen einhalten, die Lebensqualität und den Umweltschutz sichern. Das geht laut Städtetag nur über weniger
In München, Nürnberg und Stuttgart verbringen Autofahrer 30 Prozent mehr Zeit auf der Straße. Dahinter liegen Bonn, Kassel, Bremen und Frankfurt am Main mit 29 bis 27 Prozent. Bis auf wenige Ausnahmen ist das Verkehrsaufkommen in den zehn staureichsten Städten Deutschlands generell am Donnerstagnachmittag am größten. Zu dieser Zeit verursacht der Stau eine verlängerte Fahrzeit von bis zu 68 Prozent. Autofahrer müssen aber nicht nur Zeitverluste in Kauf nehmen: Hohe Stauzeiten bedeuten nämlich gleichzeitig auch eine große finanzielle Belastung. (sz) Autoverkehr und einen Ausbau von Bus- und Bahnverbindungen. Die Studie hat das Mobilitätsverhalten in der Pandemie untersucht. Danach hat die individuelle Mobilität per Fahrrad und Auto vor allem während des Lockdown deutlich zugenommen, der öffentliche Verkehr eingebüßt. „Das war ein mächtiger Schlag ins Kontor“, sagt Lojewski. Mit einer Kampagne wollen die Verkehrsunternehmen jetzt zwar Kunden zurück in Busse und Bahnen locken.
Doch das reicht nach Ansicht der Fachleute nicht, um zum Beispiel Pendler zum Umstieg vom Auto zu gewinnen. „Er steigt nur um, wenn er bequem fährt und weniger Zeit braucht“, erläutert Volker Deutsche vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Deshalb hält er die vor Corona geführte Diskussion um einen Nulltarif in öffentlichen Verkehrsmitteln für überholt. Statt um kostenlos gehe es nun um ein gut und sicher.
Aber das kostet viel Geld. So fordern die Verbände eine weitere Unterstützung des Bundes für den Ausbau des Nahverkehrs. Und es werden weitere Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Möglichkeiten bieten sich viele, von einer City-Maut über hohe Parkgebühren bis hin zu einer Zwangsabgabe für den Nahverkehr. „Da muss man kreativ sein“, sagt Deutsche.