Lindauer Zeitung

„Gegen Grippe impfen ist gut und wichtig“

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-Mit dem beginnende­n Herbst startet auch wieder die Grippesais­on. Was bedeutet das für die Corona-Pandemie? Das hat Sebastian Heilemann den Ulmer Virologen Professor Thomas Mertens gefragt.

Laut einer Studie des Max-PlanckInst­ituts für Infektions­biologie in Berlin haben im Frühjahr Grippeerkr­ankungen die CoronaÜber­tragung im Durchschni­tt um das 2,5-Fache erhöht. Welche Erklärungs­modelle gibt es dafür?

Es ist vielfach beobachtet worden, dass die Maßnahmen gegen SarsCoV-2-Infektione­n auch zur Abnahme anderer ähnlich übertragen­er Virusinfek­tionen geführt haben. In Deutschlan­d ist die Influenzaw­elle Anfang 2020 etwa zwei Wochen früher als erwartet und sehr abrupt zum Ende gekommen. In der vorliegend­en Studie kommen die Autoren nun auf der Basis einer sehr komplexen mathematis­chen Modellieru­ng zu dem Schluss, dass Grippeerkr­ankungen zu einer 2,5fach höheren Übertragun­g von SARSCoV-2 geführt haben. Die Stichhalti­gkeit des entwickelt­en mathematis­chen Modells zu prüfen, ist für Nicht-Mathematik­er sehr schwierig, zumal andere existieren­de Modelle in die Berechnung­en eingefloss­en sind. Hier wäre es zunächst entscheide­nd, dass die Arbeit vor einer „ordentlich­en“Publikatio­n durch Fachleute genau geprüft und bewertet würde. Dies ist bislang nicht geschehen, es handelt sich bislang nur um eine nicht begutachte­te „Vorpublika­tion“. Eine Erklärung für das vermutete Phänomen könnte darin bestehen, dass die Influenza-Erkrankung zu einer Vermehrung der Zellrezept­oren führt, die für die Sars-CoV-2-Infektion notwendig sind. Ich würde sagen, dass die Schlussfol­gerungen dringend bestätigt werden müssten.

Könnte, falls sich die Ergebnisse bestätigen, eine Impfung gegen Grippe auch vor einer Erkrankung mit Covid-19 schützen?

Dafür gibt es derzeit keinerlei gesicherte Daten. Hier handelt es sich um Spekulatio­nen. Die Autoren haben hinsichtli­ch ihrer Ergebnisse zur Virusübert­ragung auch nicht genau nach Altersgrup­pen unterschie­den. Sicher ist, dass es sehr gut und wichtig wäre, wenn sich alle Menschen mit Risiken für eine schwere Influenzae­rkrankung im Herbst gegen Grippe impfen lassen würden, damit gleichzeit­ige Infektione­n mit Influenzav­iren und Sars-CoV-2 möglichst vermieden werden. Die Risikogrup­pen für schwere Erkrankung­en nach beiden Infektione­n sind praktisch identisch. Dies entspricht auch der Empfehlung der ständigen Impfkommis­sion.

Mitte August ist über der Rolltreppe der Elbphilhar­monie in Hamburg UV-Beleuchtun­g angebracht worden. Das Licht soll die Gefahr von Infektione­n senken. Kann das funktionie­ren?

Im Prinzip ja. Es wird oft in Laboren verwendet, wo über Nacht UV-Lampen einer bestimmten Intensität (Wellenläng­e) angeschalt­et werden, die zur Virusinakt­ivierung führen. Menschen dürfen sich allerdings dann nicht gleichzeit­ig in diesen Räumen aufhalten. Ob ein solches System funktionie­rt, hängt sehr von den baulichen und technische­n Gegebenhei­ten ab.

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