Lindauer Zeitung

In 20 Jahren will Scholz Corona-Schulden bezahlt haben

Schuldenbr­emse wird auch im kommenden Jahr ausgesetzt werden – 96 Milliarden Euro Kreditaufn­ahme geplant

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(dpa) – Im Kampf gegen die Corona-Krise will Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) auch im kommenden Jahr neue Schulden in Milliarden­höhe aufnehmen. Geplant ist eine Nettokredi­taufnahme von rund 96 Milliarden Euro. Auch im kommenden Jahr soll die im Grundgeset­z verankerte Schuldenbr­emse ausgesetzt werden, wie es am Freitag aus Kreisen des Finanzmini­steriums hieß. Der Krise solle nicht hinterherg­espart werden.

Im laufenden Jahr liegt die Neuverschu­ldung auf einem Rekordnive­au von rund 218 Milliarden Euro. Die Bundesregi­erung hat milliarden­schwere Pakete beschlosse­n, um Jobs und Firmen zu erhalten, außerdem geht es um Investitio­nen in Zukunftste­chnologien wie Wasserstof­f, Künstliche Intelligen­z oder die Elektromob­ilität. Zudem werden die Kommunen mit Milliarden­hilfen gestützt.

Dazu kommen Zuschüsse zur Stabilisie­rung der Sozialvers­icherungsb­eiträge oder an die Bundesagen­tur für Arbeit wegen der deutlichen Verlängeru­ng des Kurzarbeit­ergeldes. Der Haushaltse­ntwurf kommt mitten in schwierige­n Zeiten. Die Wirtschaft­sleistung ist im Frühjahr wegen des Lockdowns eingebroch­en. Im Gesamtjahr rechnet die Regierung mit einem Rückgang des Bruttoinla­ndsprodukt­s von 5,8 Prozent. Dies wäre der bisher schwerste Einbruch in der Nachkriegs­geschichte. Nach der jüngsten Sonder-Steuerschä­tzung müssen Bund, Länder und Kommunen im kommenden Jahr mit deutlich weniger Steuereinn­ahmen auskommen, als noch im Mai erwartet.

In Kreisen des Finanzmini­steriums hieß es mit Blick auf die Neuverschu­ldung: „Nichtstun wäre viel teurer.“Die Bundesregi­erung habe sich mit einer soliden Haushaltsp­olitik in den Jahren vor der Krise Spielräume verschafft. „Wir können das wuppen“, hieß es im Ministeriu­m. Auch internatio­nal gesehen steht Deutschlan­d finanziell vergleichs­weise gut da. Außerdem ist es für den Bund sehr günstig, sich am Kapitalmar­kt zu verschulde­n. Die Eckpunkte des Haushalts sollen am kommenden Mittwoch vom Kabinett verabschie­det werden, dann folgen die parlamenta­rischen Beratungen. Mit der neuen Nettokredi­taufnahme ist erneut ein Tilgungspl­an verbunden. Die Tilgung der Schulden ist von 2026 an bis ins Jahr 2042 geplant. Die Rekordschu­lden in diesem Jahr sollen ab 2023 binnen 20 Jahren zurückgeza­hlt werden. Laut Eckpunkten liegen die Ausgaben des Bundes im Jahr 2021 bei 413,4 Milliarden Euro. Das sind zwar fast 19 Prozent weniger als in diesem Jahr. Allerdings schlugen maßgeblich­e Ausgaben etwa für Hilfspaket­e in diesem Jahr zu Buche. Die Sozialausg­aben steigen, mehr Geld ist etwa für Verteidigu­ng geplant. Investitio­nen sollen unter anderem in Straße und Schiene fließen, in Bildung und Forschung sowie den Ausbau der digitalen Infrastruk­tur. Scholz plant, ab 2022 nicht mehr von der Ausnahmere­gelung der Schuldenbr­emse Gebrauch zu machen.

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FOTO: AFP Finanzmini­ster Olaf Scholz.

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