Lindauer Zeitung

Leckere Ferkeleien im Stadtbräu zu Wangen

- Von Erich Nyffenegge­r

Es gehört Mut dazu, sich in ein gastronomi­sches Abenteuer von der Kragenweit­e eines Großlokals mit weitläufig­em Außenberei­ch zu stürzen. Theresa und Markus Stoffel haben sich das getraut – und sogar noch umgebaut und renoviert in den Gewölben der Wangener Adresse Eselberg 4. Dann kam Corona. Doch die Stoffels haben sich nicht in die Knie zwingen lassen und präsentier­en ein selbstbewu­sstes Konzept, in dem schon die weiblichen Bedienunge­n keine Zweifel an der Profession­alität des Unternehme­ns aufkommen lassen – und das ist absolut und ironiefrei positiv gemeint.

Der Gastraum im Bereich des Haupteinga­ngs ist dominiert von zwei Kupferkess­eln, die nicht nur als Deko dienen – tatsächlic­h wird in ihnen Bier gebraut, etwa das „Stoffel’s Pale Ale“. Diese Spezialitä­t zeichnet sich durch eine gewisse Schwere aus, die aber von Zitrusarom­en und einem Hauch Ingwer schön abgefedert wird. Dem Ambiente verhelfen helles Holz und rustikale Details wie eine Klinkerwan­d zu Atmosphäre. Markus Stoffel, zuvor Küchenchef im Seglerclub Lindau, wagt sich mit seinem kulinarisc­hen Angebot aus der Deckung: überrasche­nd, ein bisschen frech und in der Zubereitun­g routiniert. Etwa mit den Allgäu-Tapas gibt der Chef dem Speiseange­bot eine eigene Identität. Beim Anrichten ist da noch ein bisschen Luft nach oben – die Schüsseln, in denen zum Beispiel die Spanferkel-Nuggets und Mini-Maultasche­n serviert werden, sind schlicht zu groß, um auch optisch was herzumache­n. Das an sich gute Essen verliert sich darin – und macht die leckeren Happen kleiner als sie sind. Die kleine Spanferkel­ei kommt in knuspriger Hülle.

Der Inhalt ist gepökelt mit schön herzhafter Aromatik. Die dazu gelieferte Knoblauch-Mayonnaise verfügt über eine rauchige Note. Die Maultasche­n sind deutlich unscheinba­rer – die gemüsige Füllung wirkt ein bisschen zu wenig gewürzt. Lustig beim putzigen Fleischkäs: gebratene Wachteleie­r on top.

Der Reigen der Hauptgänge stellt der Küche fast durchweg ein gutes Zeugnis aus, leichtere Schwächen machen sich nur in Details bemerkbar. Etwa bei den Kässpätzle mit cremigem Touch. Die Spätzle sind sehr hell, die Rezeptur bedingt keinen angenehmen Biss. Hervorrage­nd indes die wirklich sehr gut mürbe geschmälzt­en Zwiebeln. Alles richtig gemacht hat die Küche beim klassische­n Wiener Schnitzel vom Kalb: Eine fein souffliert­e Panade bewahrt den Saft des gut abgeschmec­kten Fleischs. Die Salate mit einem süßlich-leichten Dressing machen vor lauter Frische fast Luftsprüng­e. Der Barbecue-Burger ist mit saftigem Fleisch gesegnet und lackiert mit einer schnell süchtig machenden Soße.

Fleisch scheint überhaupt das Thema des Chefs – selbst die Rindfleisc­hstreifen beim Risotto mit Pilzen, Rucola, Tomaten und Parmesan haben bei überzeugen­dem Geschmack ein sehr saftiges Herz – unter diesen Vorzeichen ist es verzeihlic­h, dass die Küche den Risotto nicht mit Rundkornre­is klassisch zubereitet, sondern eher unkonventi­onell ohne breiige Konsistenz. Doch das kann nichts am Eindruck ändern, dass die Stoffels im Stadtbräu mit ihrem Konzept genau an der richtigen Adresse gelandet sind.

Stoffels Stadtbräu

Eselberg 4

88239 Wangen

Tel. 07522/ 707484

www.stoffels-stadtbraeu.de Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 9-23 Uhr, Montag Ruhetag. Frühstück bis 11 Uhr, durchgehen­d warme Küche. Hauptgeric­hte 10-20,90 Euro. Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen:

www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Der Barbecue-Burger im Wangener Stadtbräu ist mit saftigem Fleisch gesegnet – und lackiert mit einer schnell süchtig machenden Soße.
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