Leckere Ferkeleien im Stadtbräu zu Wangen
Es gehört Mut dazu, sich in ein gastronomisches Abenteuer von der Kragenweite eines Großlokals mit weitläufigem Außenbereich zu stürzen. Theresa und Markus Stoffel haben sich das getraut – und sogar noch umgebaut und renoviert in den Gewölben der Wangener Adresse Eselberg 4. Dann kam Corona. Doch die Stoffels haben sich nicht in die Knie zwingen lassen und präsentieren ein selbstbewusstes Konzept, in dem schon die weiblichen Bedienungen keine Zweifel an der Professionalität des Unternehmens aufkommen lassen – und das ist absolut und ironiefrei positiv gemeint.
Der Gastraum im Bereich des Haupteingangs ist dominiert von zwei Kupferkesseln, die nicht nur als Deko dienen – tatsächlich wird in ihnen Bier gebraut, etwa das „Stoffel’s Pale Ale“. Diese Spezialität zeichnet sich durch eine gewisse Schwere aus, die aber von Zitrusaromen und einem Hauch Ingwer schön abgefedert wird. Dem Ambiente verhelfen helles Holz und rustikale Details wie eine Klinkerwand zu Atmosphäre. Markus Stoffel, zuvor Küchenchef im Seglerclub Lindau, wagt sich mit seinem kulinarischen Angebot aus der Deckung: überraschend, ein bisschen frech und in der Zubereitung routiniert. Etwa mit den Allgäu-Tapas gibt der Chef dem Speiseangebot eine eigene Identität. Beim Anrichten ist da noch ein bisschen Luft nach oben – die Schüsseln, in denen zum Beispiel die Spanferkel-Nuggets und Mini-Maultaschen serviert werden, sind schlicht zu groß, um auch optisch was herzumachen. Das an sich gute Essen verliert sich darin – und macht die leckeren Happen kleiner als sie sind. Die kleine Spanferkelei kommt in knuspriger Hülle.
Der Inhalt ist gepökelt mit schön herzhafter Aromatik. Die dazu gelieferte Knoblauch-Mayonnaise verfügt über eine rauchige Note. Die Maultaschen sind deutlich unscheinbarer – die gemüsige Füllung wirkt ein bisschen zu wenig gewürzt. Lustig beim putzigen Fleischkäs: gebratene Wachteleier on top.
Der Reigen der Hauptgänge stellt der Küche fast durchweg ein gutes Zeugnis aus, leichtere Schwächen machen sich nur in Details bemerkbar. Etwa bei den Kässpätzle mit cremigem Touch. Die Spätzle sind sehr hell, die Rezeptur bedingt keinen angenehmen Biss. Hervorragend indes die wirklich sehr gut mürbe geschmälzten Zwiebeln. Alles richtig gemacht hat die Küche beim klassischen Wiener Schnitzel vom Kalb: Eine fein soufflierte Panade bewahrt den Saft des gut abgeschmeckten Fleischs. Die Salate mit einem süßlich-leichten Dressing machen vor lauter Frische fast Luftsprünge. Der Barbecue-Burger ist mit saftigem Fleisch gesegnet und lackiert mit einer schnell süchtig machenden Soße.
Fleisch scheint überhaupt das Thema des Chefs – selbst die Rindfleischstreifen beim Risotto mit Pilzen, Rucola, Tomaten und Parmesan haben bei überzeugendem Geschmack ein sehr saftiges Herz – unter diesen Vorzeichen ist es verzeihlich, dass die Küche den Risotto nicht mit Rundkornreis klassisch zubereitet, sondern eher unkonventionell ohne breiige Konsistenz. Doch das kann nichts am Eindruck ändern, dass die Stoffels im Stadtbräu mit ihrem Konzept genau an der richtigen Adresse gelandet sind.
Stoffels Stadtbräu
Eselberg 4
88239 Wangen
Tel. 07522/ 707484
www.stoffels-stadtbraeu.de Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 9-23 Uhr, Montag Ruhetag. Frühstück bis 11 Uhr, durchgehend warme Küche. Hauptgerichte 10-20,90 Euro. Weitere „Aufgegabelt“-Folgen:
www.schwäbische.de/aufgegabelt