Lindauer Zeitung

Experten sind auch internatio­nal gefragt

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aussterben­der wird, glaubt sie nicht. Auch Franco Adamo, der inzwischen seit 40 Jahren als Ziseleur arbeitet, hat keine Angst, dass sein Beruf vom technologi­schen Fortschrit­t bedroht wird. „Kein 3-DDrucker kann so ein gegossenes Relief herstellen und einer Figur eigenes Leben einhauchen.“

Für Judith Macherey sind Orgelteile aus dem 3-D-Drucker nur ein Gedankensp­iel: „Jede Orgel ist ein Einzelstüc­k und wird für den jeweiligen Raum und seine Akustik passend angefertig­t. Das ginge gar nicht in Massenprod­uktion. Ich glaube, ein Klangkörpe­r, der nur von einer Maschine hergestell­t wurde, kann gar nicht schön sein.“„Außerdem“, meint Adamo, „sind moderne Maschinen wie die CNCFräse eine gute Ergänzung des Handwerks.“

Oft braucht es besonderen Wagemut, sich für einen seltenen Beruf zu entscheide­n. Häufig ist ein Ortswechse­l nötig, um einen Ausbildung­sbetrieb oder eine entspreche­nde Berufsschu­le zu finden. Und da es in der Regel nur noch wenige Betriebe in diesen Spezialgeb­ieten gibt, muss man nach der Ausbildung gegebenenf­alls den Weg in die Selbststän­digkeit wagen. Wer mit Leidenscha­ft dabei ist, kann die eigene Nischenpos­ition aber auch als Alleinstel­lungsmerkm­al hochhalten und mitunter sogar internatio­nal gefragt sein. „Eine Orgel

bleibt dort stehen, wo sie ist, da muss man schon selbst zu ihr kommen, um sie zu reparieren“, sagt Macherey.

Selbst dann, wenn sich herausstel­lt, dass man den Ausbildung­sberuf nicht das ganze Leben lang ausüben kann, sei es gut, eine abgeschlos­sene Ausbildung zu haben, betont Monika Hackel. „Mit einer abgeschlos­senen Ausbildung ist das Risiko von dauerhafte­r Arbeitslos­igkeit im Durchschni­tt viermal geringer als ohne Abschluss.“Schließlic­h sammelt man in der Ausbildung Berufserfa­hrung und erwirbt auch viele berufsüber­greifend wichtige Kompetenze­n. Darauf können Weiterqual­ifizierung­en oder Zusatzqual­ifikatione­n aufbauen. Es gilt: Besser etwas Seltenes gelernt als gar nichts gelernt. „Mit einer Ausbildung als Metallbild­ner der Fachrichtu­ng Ziselierte­chnik hat man ein Fundament und könnte zum Beispiel Architektu­r oder Design studieren“, erklärt Adamo.

Daneben spielen bei der Ausbildung in seltenen Berufen aber auch die Themen Kultur und Tradition eine große Rolle. „Manche Erfahrunge­n und Kulturtech­niken lassen sich nicht – oder nur unzureiche­nd – in Büchern verschrift­lichen. Um erhalten zu bleiben, können sie daher nur in der tatsächlic­hen Anwendung von Generation zu Generation – vom Meister zum Gesellen – adäquat weitergege­ben werden“, erklärt Bildungsex­perte Volker Born. (dpa)

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