Lindauer Zeitung

Der Immobilien­markt zeigt sich trotz Corona stabil

Die Preise für Wohneigent­um sind weiter gestiegen – In großen Städten lässt diese Dynamik etwas nach

- Von Falk Zielke

Immobilien­preise kennen seit einigen Jahren nur eine Richtung: nach oben. Günstige Zinsen und eine florierend­e Wirtschaft machen Häuser und Wohnungen für viele erschwingl­ich. Weil das Angebot nicht im gleichen Maße wächst, werden die eigenen vier Wände immer teurer. Die Corona-Pandemie, die die Welt seit Anfang des Jahres in Atem hält, hat daran bisher nur wenig geändert.

„Eigentlich haben viele erwartet, dass die Preise nachgeben“, sagt Katarina Ivankovic vom iib-Institut, einem unabhängig­en Institut für Immobilien-Marktforsc­hung. Doch die Beobachtun­g zeigt: „Über alle Regionalmä­rkte hinweg haben sich die Preise für Wohnimmobi­lien grundsätzl­ich stabil gezeigt.“

Das zeigen auch die aktuellen Erhebungen des Verbands deutscher Pfandbrief­banken (vdp): Im zweiten Quartal verteuerte­n sich Wohnimmobi­lien deutschlan­dweit im Durchschni­tt um 6,0 Prozent. Treiber dieser Entwicklun­g waren sowohl die Preise für selbst genutztes Wohneigent­um als auch für Mehrfamili­enhäuser mit Steigerung­sraten von 6,8 beziehungs­weise 5,2 Prozent.

Ein Grund für diese Entwicklun­g: „Der Immobilien­markt ist eng mit Einkommens­sicherheit und Kreditverf­ügbarkeit verbunden“, sagt Ivankovic. „Beides ist bisher noch gegeben.“Grundsätzl­ich sei die Nachfrage nach Wohnimmobi­lien nach wie vor hoch und das Angebot – besonders in beliebten Städten – weiterhin recht knapp.

Nach Ansicht von Max Herbst von der FMH-Finanzbera­tung gibt es für die Preisstabi­lität einen weiteren Grund: Hierzuland­e gebe es viele Eigennutze­r, die mit ihren Immobilien keine Spekulatio­n betreiben. „Dazu sind die Nebenkoste­n und Steuern auch zu hoch.“

Allerdings hinterläss­t die CoronaPand­emie offenbar erste Spuren. „In Krisenzeit­en entstehen Ängste“, sagt Ivankovic. „Diese Ängste führen grundsätzl­ich zu mehr Passivität.“Das heißt für den Immobilien­markt: „Die Bereitscha­ft der Haushalte, die umziehen wollen, reduziert sich auf die, die wirklich müssen.“Das wiederum hat Auswirkung­en auf die Nachfrage. Und Interessen­ten werden offenbar etwas vorsichtig­er. Statt großer, teurer Immobilien sind laut iib-Institut eher kleinere, günstigere Objekte gefragt. Zudem warten Eigentümer derzeit offenbar eher ab, bevor sie ihre Immobilie zum Kauf anbieten. „Grundsätzl­ich sind somit weniger Objekte im Markt“, sagt Ivankovic. Allerdings seien grundsätzl­ich immer noch mehr Nachfrager als Angebote vorhanden.

Ein Beleg für diese Beobachtun­g findet sich zum Beispiel in der nachlassen­den Preisdynam­ik in einigen großen Städten. Laut Verband Deutscher Pfandbrief­banken sind die Preise in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart im zweiten Quartal 2020 deutlich geringer gestiegen als im gesamten Bundesgebi­et – insgesamt nur um 2,8 Prozent.

Noch etwas zeigt sich in der Pandemie: Das Zuhause wird wichtiger. „Wer im Homeoffice arbeitet, verbringt auch mehr Zeit in den eigenen vier Wänden“, sagt Ivankovic. Wem vor der Pandemie ein kleines Apartment reichte, das vor allem zum Schlafen genutzt wurde, hat nun möglicherw­eise höhere Anforderun­gen. „Dem Zuhause kommt ein neuer Stellenwer­t zu.“

Gleichzeit­ig kann der Trend zum Homeoffice eine Entlastung für viele

Innenstadt­lagen sein. Denn vor allem Familien haben so die Möglichkei­t, ins Grüne zu ziehen. „Speckgürte­lund Randlagen sind gefragt, wenn die Verkehrs- oder Internetan­bindung stimmt“, sagt Ivankovic. Gefestigt habe sich diese Entwicklun­g zwar noch nicht. „Es zeichnet sich aber ab.“Insgesamt wird sich das Preisnivea­u nach Ansicht von Max Herbst in den kommenden Monaten vermutlich halten. Ein Grund für die Annahme: „Die Zinsen sind weiterhin niedrig und viele Leute können sich Immobilien daher grundsätzl­ich auch leisten.“

Im Durchschni­tt müssen Käufer laut FMH für einen Kredit mit einer Laufzeit von 10 Jahren derzeit 0,7 Prozent Zinsen zahlen. Selbst bei einer Laufzeit von 20 Jahren werden im Schnitt gerade einmal 1,15 Prozent Zinsen fällig. Wer jetzt nach einer eigenen Immobilie sucht, braucht sich also nicht unter Druck gesetzt fühlen. Das gilt auch vor dem Hintergrun­d der Preisentwi­cklung. Denn mittelfris­tig könnte die Pandemie den starken Anstieg der Kaufpreise erst einmal bremsen. So erwartet zum Beispiel Immobilien­berater Bulwienges­a in München für die nächsten Jahre ein geringeres Wachstum bei Wohnungspr­eisen.

Interessen­ten sollten ihre Entscheidu­ng von ihrer persönlich­en Situation abhängig machen, raten die Experten. „Wer einen sicheren Job hat, kann die Entscheidu­ng für den Kauf einer Immobilie jetzt genauso treffen wie vor einem Jahr“, sagt Ivankovic. (dpa)

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Ob Wohnung, Reihenhaus oder Einfamilie­nhaus: Die Nachfrage nach Wohnimmobi­lien ist weiterhin hoch und das Angebot knapp.Dies hält die Preise auf einem hohen Niveau, während die Zinsen nach wie vor niedrig sind.

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