Die zwei Seiten eines Ministers
Widersprüche zwischen Anspruch und Wirklichkeit sind menschlichem Handeln immanent. Was Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gerade anschaulich zeigt: Einerseits präsentierte er kürzlich seinen ambitionierten Entwurf für eine Klima-Charta, die im gesellschaftlichen Konsens den Weg zur deutschen Klimaneutralität bis 2050 festlegen soll. Andererseits legt er den Entwurf für die Reform des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG) vor. Dieser kann den Anspruch der Klima-Charta an wesentlichen Stellen nicht ausfüllen.
Nicht alles ist schlecht am EEGEntwurf. Wenn Kommunen und ihre Einwohner künftig an den Gewinnen der Windparks in ihrer Nähe beteiligt werden, hilft das vielleicht dabei, den sozialverträglichen Ausbau der Ökoenergie voranzubringen. Richtig ist auch der Ansatz, dass die Bundesländer ihre Ausbauplanungen regelmäßig veröffentlichen und koordinieren. So lässt sich sicherstellen, dass es ausreichend neue Kraftwerke gibt, wenn die alten, die Uran, Kohle und Gas verbrennen, abgeschaltet werden.
Bei der Nutzung der Solarenergie springt das Wirtschaftsministerium aber deutlich zu kurz. Die geplanten Regeln für den Weiterbetrieb alter, kleiner Sonnenkraftwerke auf Hausdächern sind hinderlich. Wenn sie erst aufwendige neue Messtechnik einbauen müssen, werden viele Eigenheimbesitzer ihre kleinen Photovoltaikanlagen lieber abschalten. Die Produktion von Solarstrom auf Miethäusern bleibt mit dem Gesetzentwurf ebenfalls zu kompliziert.
Außerdem plant Altmaier wohl mit einem zu niedrigen Strombedarf der Unternehmen und Privathaushalte in den kommenden Jahrzehnten. Daraus folgt: Die Ziele für den Ausbau der regenerativen Energien bleiben unter dem Notwendigen. Der Minister will damit wohl seiner teilweise Windenergie-kritischen Partei entgegenkommen. Der Widerspruch zur eigenen Charta ist jedoch nicht zu übersehen. Da könnten die Grünen eingreifen, falls sie nach der nächsten Bundestagswahl mit der Union die Bundesregierung bilden.