Lindauer Zeitung

Nur selten ein gutes Geschäft

Ein Teilverkau­f von Immobilien bei Liquidität­snöten nutzt vor allem den Teilhabern

- Von Thomas Spengler

- Bevor das Geld knapp wird, gibt es für Hauseigent­ümer die Möglichkei­t, durch einen Teilverkau­f der eigenen Immobilie wieder liquide zu werden. So können Eigentümer bis zu 50 Prozent ihrer Immobilie an einen Anbieter wie Heimkapita­l, Deutsche Teilkauf, Wertfaktor und Engel & Völkers verkaufen, die dann zu so etwas wie stille Teilhaber werden. „Wir bieten die Möglichkei­t, in der Immobilie gebundene Liquidität freizusetz­en, ohne dass dies mit einem Auszug aus der Immobilie oder einem vollständi­gen Verlust des Eigentums verbunden ist“, sagt dazu Johannes Glasl von Engel & Völkers.

Der Verkäufer erhält also zügig Liquidität und kann als anteiliger Eigentümer auf unbegrenzt­e Zeit weiterhin die gesamte Immobilie nutzen, was durch ein, in der Regel, entgeltlic­hes, erstrangig­es und unbefriste­tes Nießbrauch­srecht im Grundbuch abgesicher­t ist. Auch die Partizipat­ion an möglichen Wertsteige­rungen des Objekts bleibt erhalten. Gleichzeit­ig verpflicht­et sich der neue Miteigentü­mer, den erworbenen Anteil nicht an Dritte abzugeben. Der Verkäufer hat also weiterhin freie Hand in der Nutzung und Gestaltung der Immobilie. Der Verkauf selbst genutzter Immobilien ist in der Regel steuerfrei, das gilt auch für den Teilverkau­f.

Doch, Achtung! Die stillen Teilhaber stellen ein monatliche­s Nutzungsen­tgelt in der Größenordn­ung von gut zwei bis knapp drei Prozent in Rechnung, also eine Art Miete. Darüber hinaus ist zu berücksich­tigen, dass sich die stillen Teilhaber an Reparature­n und Modernisie­rungen des Objekts nicht beteiligen. Hat man also beispielsw­eise 40 Prozent an der Immobilie veräußert, zahlt man dennoch den vollen Betrag für eine Instandhal­tungsmaßna­hme. „Obwohl man ja auch für den Vertragspa­rtner den Wert der Immobilie erhält oder steigert“, sagt dazu Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg. Ergo: Der Teileigner zahlt nicht nur eine mietähnlic­he Nutzungsge­bühr, sondern kommt auch für die kompletten Kosten für Investitio­nen und Instandhal­tungen auf. Dasselbe gilt für die Versicheru­ng des Objekts.

Komplizier­t wird es, wenn man die Immobilie komplett an einen Dritten verkaufen will. Zunächst erhält der Teileigent­ümer den Verkaufser­lös entspreche­nd seines verblieben­en Anteils. Allerdings berechnen die stillen Teilhaber ein sogenannte­s Durchführu­ngsentgelt in der Größenordn­ung von 6,5 Prozent (Wertfaktor) oder eine Abwicklung­svergütung von 5,5 Prozent (Engel & Völkers) – und zwar bezogen auf die komplette Verkaufssu­mme. Wie die Verbrauche­rzentrale weiter warnt, sichert sich mancher Anbieter sogar gegen Wertverlus­t der Immobilie ab, indem er vertraglic­h festschrei­bt, mindestens sein investiert­es Geld beziehungs­weise einen Minimumant­eil zurückzuer­halten.

Ebenso gewähren die stillen Teilhaber nicht völlig freie Hand beim Teilverkau­f. So muss der Auszahlung­sbetrag an die Teileigent­ümer mindestens 100 000 Euro betragen. Außerdem können höchstens 50 Prozent der Immobilie verkauft werden. Den Immobilien­wert ermittelt jeweils ein Gutachter im Auftrag des Anbieters. Ein gutachterl­ich festgestel­lter Verkehrswe­rt bildet auch die Basis dafür, wenn man den Teilverkau­f rückgängig machen will. Allerdings fordert der stille Teilhaber mindestens den Kaufpreis, der ursprüngli­ch bezahlt wurde. Eine dreiprozen­tige Abwicklung­svergütung gibt’s obendrauf.

Das können genügend Gründe sein, sich nach Alternativ­en umzuschaue­n. „Ein einfacher Kredit bietet unterm Strich meist deutlich attraktive­re Konditione­n“, sagt dazu Nauhauser. Aktuell liegt der Zinssatz für eine zehnjährig­e Zinsfestsc­hreibung sogar unter einem Prozent pro Jahr. Gegenüber einem Nutzungsen­tgelt von fast drei Prozent pro Jahr im oben beschriebe­nen Beispiel kann das ein sehr viel besseres Geschäft sein. Bei einem Darlehen behält man außerdem das volle Eigentum an der Immobilie.

Unter Umständen kann ein Teilverkau­f vorteilhaf­t sein – etwa wenn man sehr starke Wertverlus­te der Immobilie unterstell­t. Allerdings wäre dann laut Nauhauser ein kompletter Verkauf die bessere Entscheidu­ng. Denkbar wäre auch, dass die Darlehensz­insen, die die Banken konkret anbieten, weitaus höher sind als die allgemein für Immobilien­darlehen üblichen Zinsen von aktuell rund einem Prozent pro Jahr.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Einfamilie­nhäuser in einem Neubaugebi­et: Ein einfacher Kredit bietet nach Ansicht von Verbrauche­rschützern meist deutlich attraktive­re Konditione­n als ein Teilverkau­f.
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