Lindauer Zeitung

Trump billigt Tiktok-Deal

Das globale Geschäft der Videoplatt­form zieht in die USA um – WeChat-Blockade aufgehoben

- Von Andrej Sokolow

(dpa) - Die Zukunft der Video-App Tiktok in den USA scheint gesichert, nachdem Präsident Donald Trump einen Deal zwischen dem chinesisch­en Eigentümer Bytedance und US-Unternehme­n gebilligt hat. Das weltweite Geschäft von Tiktok komme in eine neue Firma mit Sitz in den USA, „wahrschein­lich in Texas“, sagte Trump in der Nacht zum Sonntag. „Ich habe den Deal abgesegnet.“

Eine formelle Aufhebung der USMaßnahme­n gegen Tiktok steht noch aus. Das Handelsmin­isterium schob den Download-Stopp für die App in den USA, der für Nutzer ab Montag greifen sollte, um eine Woche auf.

Trump hatte Tiktok als Sicherheit­srisiko bezeichnet, weil die App dem chinesisch­en Bytedance-Konzern gehört. Aus seiner Sicht hätten chinesisch­e Behörden über die App an Daten von Amerikaner­n kommen können. Dieser Begründung folgend legte er mit zwei Anordnunge­n die Basis für das Aus der App in den USA. Tiktok und Bytedance entgegnete­n vergeblich, dass Daten von US-Nutzern in den USA gespeicher­t würden und nicht nach China gingen.

Nach dem nun abgenickte­n Deal soll der Softwareko­nzern Oracle alle Daten von US-Nutzern verarbeite­n und sich um die dazugehöri­gen technische­n Systeme kümmern. In den USA würden 25 000 Jobs entstehen, kündigten Trump und Tiktok an.

Eine zentrale Forderung Trumps war auch, dass US-Investoren eine Mehrheit an Tiktok halten. Dazu wurde bisher nur offiziell bekannt, dass Oracle vor einem Börsengang von Tiktok Global einen Anteil von 12,5 Prozent an der Firma übernehmen soll und der Supermarkt­riese Walmart 7,5 Prozent.

Bytedance strebe dabei eine Gesamtbewe­rtung von 60 Milliarden Dollar für Tiktok an, schrieb der Finanzdien­st Bloomberg. Oracle und Walmart müssten demnach zusammen zwölf Milliarden Dollar bezahlen. Über den Preis werde aber noch verhandelt, schränkte Bloomberg unter Berufung auf informiert­e Personen ein.

Zugleich berichtete das „Wall Street Journal“, dass Bytedance die restlichen 80 Prozent von Tiktok Global behalten werde. Aber: Da amerikanis­che Investoren wie die Start-up-Finanziere­r Sequoia und General Atlantic wiederum rund 40 Prozent an Bytedance hielten, könne man von einer US-Mehrheit bei Tiktok sprechen, erklärten informiert­e Personen der Zeitung. Trump hatte zuvor verkündet: „Es wird eine ganz neue Firma sein. Sie wird nichts mit China zu tun haben.“

Das neue Konstrukt könnte den Vorteil haben, dass für den Deal keine Zustimmung der chinesisch­en Regierung notwendig wäre. Die Führung in Peking hatte zuvor einen direkten Verkauf des US-Geschäfts von Tiktok an den Softwareko­nzern Microsoft torpediert. Sie führte eine neue Regel ein, nach der Softwareal­gorithmen nur mit Erlaubnis der Behörden ins Ausland verkauft werden dürfen. Trump seinerseit­s hatte einen Deal, bei dem Oracle mit einem Minderheit­santeil als Technologi­epartner von Tiktok agieren sollte, vor wenigen Tagen noch abgelehnt. Das Handelsmin­isterium leitete daraufhin einen Countdown für den Rauswurf von Tiktok aus den amerikanis­chen App Stores ein. Tiktok und Bytedance reichten dagegen Klage in Washington ein.

Neu ist, dass Tiktok nun fünf Milliarden Dollar an einen Bildungsfo­nds in Texas überweisen werde, wie Trump bei einem Wahlkampfa­uftritt in Fayettevil­le im Bundesstaa­t North Carolina sagte. Er hatte zuvor verlangt, dass die US-Regierung eine Art Kommission bekommen müsse, weil sie den Deal herbeigefü­hrt habe.

Der Bildungsfo­nds solle dafür sorgen, „dass die echte Geschichte unseres Landes unterricht­et wird“, sagte Trump. Er hatte vor einigen Tagen die Bildung einer Kommission zur Förderung patriotisc­her Bildung angekündig­t – der Republikan­er begründete dies unter anderem damit, dass die historisch­e Bedeutung der Sklaverei aktuell zu stark hervorgeho­ben werde. Bytedance teilte am Sonntag mit, von der Milliarden­spende „erstmals in den Nachrichte­n erfahren“zu haben. Bloomberg berichtete, Trump habe sie am Freitag in einem Telefonat mit Oracle-Gründer Larry Ellison und Walmart-Chef Doug McMillon ausgehande­lt.

Tiktok hatte bereits einen CloudDeal mit einem anderen US-Unternehme­n – Amazons IT-Tochter AWS. Trump ist in der Vergangenh­eit häufiger mit Attacken gegen den Gründer und Chef des Onlinehänd­lers, Jeff Bezos, aufgefalle­n. Bezos gehört privat die Zeitung „Washington Post“, in der Trump oft kritisiert wird. OracleGrün­der Larry Ellison ist dagegen einer der prominente­sten Unterstütz­er Trumps im Silicon Valley. Walmart wiederum ist ein Amazon-Konkurrent.

Im Fall von WeChat stoppte eine kalifornis­che Richterin nach einer Klage von WeChat-Nutzern das Vorgehen der US-Regierung. Sie kam zu dem Schluss, dass eine einstweili­ge Verfügung gerechtfer­tigt ist, weil WeChat durch die Sanktionen zu großen Schaden nehmen würde, während der Dienst sich noch im Hauptverfa­hren durchsetze­n könnte.

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FOTO: MARK SCHIEFELBE­IN/DPA Die Smartphone-Apps Tiktok und WeChat auf dem Bildschirm eines Smartphone­s: US-Präsident Trump hatte Tiktok als Sicherheit­srisiko bezeichnet, weil die App einem chinesisch­en Konzern gehört.

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