Von wegen Bielefake, von wegen Fußballfake
Jetzt heißt es tapfer sein, Verschwörungstheoretiker. Seit Samstag, 19. September 2020, kurz nach halb fünf solltet auch ihr es kapiert haben: Bielefeld gibt es. Am Samstag, 19. September 2020, nämlich – Spielminute 51 – spielte ein Zuckerpässchen auf
und wie der Eintracht Frankfurts Torhüter frech lupfend zum 0:1 düpiert hat, war allererste Bundesliga-Sahne. Bielefeld bloß Bielefake? Mitnichten. Elf lange Jahre mag der letzte Oberhaus-Treffer für den Deutschen Sportclub Arminia zurückliegen, die Nachgeborenen werden den Namen des Schützen – der Pole – kaum mehr kennen. Aber: Hinter dem laut euch so bösen B-Wort, Bielefeld-Existenzverneiner, stecken Ambitionen.
Soukou, Uwe Neuhaus Sergio Cordova Cebio Kevin Trapp Artur Wichniarek
Überaus realistische nach Zeiten auch der Drittklassigkeit, nach pekuniären Kalamitäten. Dubiose Finanzakrobatik wird es keine geben, das Arminen-Budget ist das bescheidenste im 18er-Feld. Mit Abstand. Neun der Startelf-Akteure beim 1:1 in Hessen (plus vier Eingewechselte) spielten das erste Mal Bundesliga, auch Trainer debütierte. Und analysierte ostwestfälisch-bodenständig hernach: „Wer die reifere Mannschaft war, darüber brauchen wir nicht zu reden. Wir haben versucht, mit unseren Mitteln eine gute Kompaktheit und eine gute Disziplin auf den Platz zu bringen. Das ist uns einigermaßen gelungen.“Es gibt schlechtere Existenznachweise ...
... doch bessere wohl kaum als drei Tore. hat die erzielt beim Nachspielzeit-3:2 seiner TSG Hoffenheim in Köln. Was – nun ja – nicht unbedingt überraschend kam: Die fünfte Vorbereitung im Kraichgau war die erste, die der Kroate komplett absolviert hatte; das Hoch durch den Viererpack beim 4:0 in Dortmund zum Saisonausklang 2019/20 überdauerte quasi ungedämpft den Sommer. Konsequenz: zwei Treffer beim Pokalsieg vor Wochenfrist in Chemnitz, jetzt Rechtsschuss, Elfmeter, Rechtsschuss. Verbal zielte der Mittelstürmer später abends noch genauer.
Andrej Kramaric
„Am Ende“, befand er (selbst)kritisch, „haben wir mit Glück das dritte Tor gemacht. Das war nicht gut genug heute. Das war kein Hoffenheim.“
Sebastian Hoeneß
Neutrainer gefielen diese klaren Worte, sein Urteil allerdings differenzierte. Passsicher hatten die Badener vor dem Wechsel agiert, dominant – allenfalls (zu) fahrlässig im Abschluss. Dann habe man sich „unnötigerweise beeindrucken“lassen. Wie die Mannschaft jedoch „zurückgekommen ist, war ein Sieg der Moral, des Teamspirits. Ein Kraftakt.“Den braucht es kommenden Sonntag ganz sicherlich wieder. Dann kommt der FC Bayern nach Sinsheim. Die Hoeneß’sche Ahnengalerie werden sie vorab allerorten bemühen, die Erfolgsstory vom Drittliga-Titel mit der Münchner „Zweiten“aufwärmen. Sebastian Hoeneß wird all das auszublenden, seinen Job zu machen versuchen. Da tut ein Andrej Kramaric gut, der sich eingeschossen hat. Auch auf jegliche Euphorie: „Alle wissen, was Bayern gegen Schalke gemacht hat.“
Wiedersehen soll schließlich Freude bereiten. So, wie das
erleben durfte in Köpenick. Dort, wo er mit Union Berlin aufgestiegen ist, bei Union Berlin Publikumsliebling war. Einen Vertrag zu den Konditionen, die sich der 32-Jährige gewünscht hätte, wollten die „Eisernen“ihm in unsicheren CoronaZeiten nicht anbieten. Nutznießer war der FC Augsburg. Der – Ironie des Spielplans – musste gleich nach Berlin. 4500 zugelassene Zuschauer dort empfingen Rafal Gikiewizc mit inbrünstigen „Fußballgott!“-Chören; eine standesgemäße Verabschiedung hatte im Juni die virusbedingte Geisterkulisse vereitelt. Gänsehaut indes kann sich auch mit Verspätung einstellen, und so beschloss der Schlussmann aus Olsztyn, das Seine zu diesem für ihn denkwürdigen 19. September 2020 beizusteuern. Der Reflex bei Kopfball kurz vor Ultimo war Knackpunkt beim Augsburger 3:1-Auswärtssieg, das anhaltende Plaudern mit den Ex-Kollegen nach Schlusspfiff reine Herzensangelegenheit: „Ab dem zweiten Spieltag wünsche ich Union alles Gute.“Auch Torhüter beim FCA Gikiewicz-Vorgänger, in Berlin Gikiewicz-Nachfolger.
Cedric Teucherts Rafal Gikiewicz Andreas Luthe,
Sachen gibt’s, die gibt’s nur im Fußball. In wirklich, nicht als Fußballfake.