Rückkehr mit Ärgernissen
Die Fans sind zurück und die Bundesliga fühlt sich teilweise „wie richtiger Fußball“an
(SID) - In Stuttgart trieben die Fans den VfB zur Aufholjagd, in Dortmund schwappte La Ola durchs Stadion, und in Bremen gab’s endlich wieder Pfiffe für eine Heimpleite: Die Rückkehr der Zuschauer schuf in den Bundesliga-Arenen nach einem halben Jahr mit Geisterspielen die lange vermisste FußballAtmosphäre – allerdings nicht überall. „Wir brauchen diese Unterstützung. Das hat uns einen Extra-Impuls gegeben“, sagte Doppeltorschütze Erling Haaland nach dem 3:0 des BVB gegen Borussia Mönchengladbach über die 9300 Fans, die nach monatelanger Stille wieder für den passenden Ton sorgten. „Es war eine ganz andere Stimmung als bei den Geisterspielen. Das hat mehr Fußball-Charakter“, meinte Sportdirektor Michael Zorc. „Wie richtiger Fußball“fühlte es sich für WerderTrainer Florian Kohfeldt im Weserstadion an – auch wenn nach dem 1:4 gegen Hertha die meisten der 8400 Zuschauer den Beinahe-Absteiger mit Pfiffen in die Kabine schickten.
Der lautstarke Unmut der Anhänger ärgerte dagegen Stuttgarts Abwehrspieler Marc-Oliver Kempf beim 2:3 gegen den SC Freiburg zunächst. „Schade“sei es, wenn „man im ersten Heimspiel von den Fans Pfiffe kassiert“, merkte er kritisch an. Doch in der Schlussphase trieben die 7123 Besucher, die als einzige in der Bundesliga ihren Mundschutz auch auf den Plätzen tragen mussten, den Aufsteiger nach vorne – und fast noch zum Ausgleich. „Schön war es, dass sie uns am Ende nochmal nach vorne gepeitscht haben“, so Kempf.
In Köln hätten sie beim 2:3 gegen Hoffenheim gerne ein paar Pfiffe in Kauf genommen, doch die Ränge blieben wegen zu hoher Corona-Infektionszahlen leer. Das kurzfristige
Zuschauerverbot erst am Vorabend brachte FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle in Rage: „Wir müssen die Prozesse hinterfragen und die Verhältnismäßigkeit. 20 Kilometer entfernt ist ein Freizeitpark, da sind jetzt 10 000 Besucher.“
Probleme mit dem Mindestabstand gab es ausgerechnet im leeren Münchner Stadion. Beim 8:0 des FC Bayern gegen Schalke 04 saßen die Funktionäre beider Clubs ohne Maske dicht nebeneinander. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml zufolge wäre es für die Münchner Führungsriege „klüger gewesen, wenn sie nicht so eng aufeinander gesessen wären – weil auch ausreichend Platz war.“Gemäß des DFLKonzepts sind alle Personen in „Zone 2“des Stadions, zu der die Tribüne zählt, „zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes verpflichtet, sofern der Mindestabstand von 1,50 m nicht einzuhalten ist“. FCB-Boss Karl-Heinz Rummenigge sprach von einem Missverständnis. „Wir sind uns alle einig, dass das Bild nicht unbedingt vorbildlich war“, sagte der Vorstandsvorsitzende und versprach: „Beim nächsten Spiel werden wir wieder den Abstand halten.“
Insgesamt 44 923 Fans sahen die ersten neun Spiele im Oberhaus – in Stadien, in denen ohne Corona 453 231 Zuschauer Platz gehabt hätten. Die von den Bundesländern festgelegte Grenze von 20 Prozent der Kapazität wurde längst nicht überall ausgeschöpft. Es war dennoch ein erster Schritt zurück zur lang vermissten Fußball-Welt.