Lindauer Zeitung

Der Rechtsruck bleibt aus

Lega-Chef Matteo Salvini ist Verlierer der Regionalwa­hlen in Italien – Mehrheit für Verkleiner­ung des Parlaments

- Von Thomas Migge

- Die erwarteten schlechten Wahlergebn­isse für die regierende­n Sozialdemo­kraten blieben aus, LegaChef Matteo Salvini ist der Verlierer und Italiens Parlament wird schrumpfen: Das sind die mit großer Spannung erwarteten Ergebnisse des Urnengangs am Sonntag und Montag in Italien. In sechs Regionen und rund 1000 Kommunen wurde gewählt, und etwa 41 Millionen Italiener hatten bei einem Referendum die Möglichkei­t, darüber zu entscheide­n, ob die Zahl der Volksvertr­eter in den beiden Kammern des Parlaments um rund ein Drittel reduziert werden soll. Mit dem Ziel, Geld zu sparen und die parlamenta­rische Arbeit effiziente­r als bisher zu machen.

Matteo Salvini, Chef der rechtsnati­onalen Partei Lega, war angetreten, um in traditione­ll links regierten Regionen die politische Macht zu übernehmen. Er gab sich seit Wochen siegessich­er. Doch Salvini ist der große Verlierer dieser Regional- und Kommunalwa­hlen. In der Toskana, in Kampanien und Apulien können die Sozialdemo­kraten PD weiterregi­eren. Der Kandidat der PD in Kampanien erhielt sogar mehr als 60 Prozent aller Stimmen. Schon im Frühjahr musste Salvini eine herbe Schlappe einstecken. Er hatte den Sieg seiner Partei bei der Regionalwa­hl in der traditione­ll links regierten Region Emilia Romagna vorausgesa­gt – und sich geirrt.

In der Region Venetien konnte sich der Legist Luca Zaia mit 70 Prozent der Stimmen behaupten. Dieser politisch gemäßigte Parteikoll­ege von Salvini bewies im Frühjahr während der für Italien schlimmste­n Wochen der Covid-19-Pandemie, dass das effiziente und schnell arbeitende Gesundheit­ssystem seiner Region eine Katastroph­e wie in der ebenfalls von Legisten regierten Region Lombardei verhindern konnte.

Zaia ist mit seinem unerwartet positiven Wahlergebn­is und seiner politisch eher ausgewogen­en Art jetzt zum parteiinte­rnen Gegenspiel­er des bärbeißige­n und aggressive­n Salvini geworden. Schon ist die Rede davon, dass er Salvini als Parteichef ablösen könnte.

Die Sozialdemo­kraten PD erleben nun eine Art politische­n Frühling. Von der 5-Sterne-Bewegung M5S, dem wichtigste­n Koalitions­partner der PD innerhalb der Regierung in Rom, kann man das nicht sagen. Sie konnte in zahlreiche­n Kommunen und Regionen nur noch einstellig­e Werte erreichen. Dort, wo sie sich zusammen mit den Sozialdemo­kraten den Wählern präsentier­t hat, schnitten sie besser ab. Die Resultate dieses Urnengangs werden voraussich­tlich dazu führen, dass die politische Bewegung M5S, einst als antiparlam­entarische Protestpar­tei angetreten, weitergehe­n wird auf ihrem bereits eingeschla­genen Weg der Normalisie­rung. Zum Unmut der Hardliner innerhalb der M5S.

Die M5S hatten auch die Volksbefra­gung zur Reduzierun­g der Parlamenta­rier in den beiden Kammern angestrebt. Seit Jahren fordern sie diese Reduzierun­g, um die hohen Kosten für den politische­n Apparat Roms zu senken und die politische Arbeit effiziente­r zu machen. Fast 70 Prozent der Wähler sprachen sich dafür aus. Und so wird die Zahl der Parlamenta­rier von 630 auf 400 und der Senatoren von 315 auf 200 sinken.

Die Regierung von Giuseppe Conte wird nach diesen für sie positiv verlaufene­n Wahlen wahrschein­lich bis zum Ende der Legislatur­periode in zwei Jahren im Amt bleiben. Aber sicher ist das angesichts der angespannt­en Beziehunge­n zwischen Sozialdemo­kraten und M5S nicht. Sie müssen sich nun zusammenra­ufen, um möglichst schnell ein neues Wahlrecht zu präsentier­en, das auch von der Opposition und vom Staatspräs­identen akzeptiert wird. Keine leichte Aufgabe angesichts einer Opposition, die sich gegen fast alles ausspricht, was die Regierung vorschlägt.

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FOTO: PIERO CRUCIATTI/AFP In der rechten Lega steht nach den italienisc­hen Regionalwa­hlen Matteo Salvinis Rolle als Parteichef infrage.

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