Lindauer Zeitung

Das Problem besteht weiter

- Von Daniela Weingärtne­r politik@schwaebisc­he.de

Will Europa eine sichere Festung für seine Bürger oder ein sicherer Hort für Schutzbedü­rftige sein? Mit dieser Frage schlagen sich Politiker in ihren Wahlkreise­n genauso herum wie Staatenlen­ker auf den Gipfeltref­fen. Mit ihrem Reformvors­chlag hat die EU-Kommission nun den Versuch unternomme­n, aus dem „Entwederod­er“ein „Sowohl-als-auch“zu machen. Zwar bedeutet das nicht, wie von einigen Kommissare­n vollmundig behauptet, das Ende des ungerechte­n Verteilsys­tems. Immerhin enthält der Vorschlag aber einige Ideen, die vielleicht Bewegung in die festgefahr­ene Debatte bringen.

„Na dann macht mal“scheint Brüssel all denen zuzurufen, die seit Jahren mehr Abschottun­g und mehr Abschiebun­g verlangen. Wenn alles so kommt, wie von der Kommission geplant, kann sich künftig jedes Land entscheide­n, ob es mehr zum Festungsch­arakter oder zum humanitäre­n Image beitragen will. Wer sich weiterhin konsequent weigert, Flüchtling­e aufzunehme­n, der soll sich eben mehr dabei engagieren, abgelehnte Bewerber wieder loszuwerde­n. Schon jetzt darf man sich darauf freuen, wie Victor Orbán in Nigeria, Afghanista­n oder auch mit einem libyschen Warlord Gespräche führt. Weil die aufnahmeun­willigen Länder wissen, dass es leicht ist, Abschiebun­gen zu fordern, oft aber unmöglich, sie durchzufüh­ren, werden sie die Reform wohl ablehnen.

Sollte es aber wider Erwarten zu einer Einigung kommen, ist damit das Leid der in Lagern ausharrend­en Flüchtling­e und der Druck auf die südlichen Küstenstaa­ten keineswegs vorbei. Denn neben dem neuen Element der „Abschiebun­gspatensch­aften“enthält der Vorschlag unzählige Ladenhüter, die sich längst als untauglich erwiesen haben, etwa die Registrier­ung der Flüchtling­e bereits in den Aufnahmelä­ndern. Auch wird seit Jahren erfolglos eine Beschleuni­gung der Verfahren gefordert.

Das Problem wird uns also erhalten bleiben. Die vorgeschla­gene Reform ist kein Wundermitt­el, aber vielleicht eine Möglichkei­t, einige Mitgliedss­taaten mehr als bisher in die Pflicht zu nehmen.

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