Lindauer Zeitung

Beim Ausbau liegt die Bahn im Zeitplan

Bis Ende 2021 soll die Südbahn elektrifiz­iert sein – Zukünftige­r ICE-Halt unwahrsche­inlich

- Von Simon Schwörer

Sie vernetzt Oberschwab­en mit der Bodenseere­gion und soll Ende 2021 vollständi­g elektrifiz­iert sein: Die württember­gische Südbahn. An der gut hundert Kilometer langen Strecke zwischen Ulm und Friedrichs­hafen und der Weiterführ­ung bis Lindau zur Bodenseegü­rtelbahn werden seit Frühjahr 2018 Oberleitun­gen und Stromkabel verlegt sowie Gleise abgesenkt. Dort sollen künftig statt Dieselloks elektrisch betriebene Züge fahren. Zwischen Ravensburg und Friedrichs­hafen nehmen die Arbeiten jetzt im dritten von vier Bauabschni­tten eine weitere Hürde.

Mit metallisch­en Schlägen rammt der Bagger meterlange Metallpfei­ler in den Boden neben der Bahnstreck­e in der Nähe von Meckenbeur­en (Bodenseekr­eis). Sobald das sogenannte Gründungse­lement fest im Boden steckt, werden darauf die Masten gesetzt, an denen später Oberleitun­gen für E-Loks angebracht werden. Einige Hundert Masten müssen auf dem Streckenab­schnitt zwischen Ravensburg und Friedrichs­hafen errichtet werden. Seit September ist er gesperrt – laut Plan der Deutschen Bahn noch bis Mitte Dezember. Laut Projektlei­ter Martin Glaser folgen danach bis zur Inbetriebn­ahme im Dezember 2021 weitere Arbeiten – inklusive zwei kleinerer Streckensp­errungen. Ab Juli 2021 sollen dann erste Testfahrte­n starten.

Kosten soll das Projekt laut Glaser am Ende etwas mehr als 300 Millionen Euro. Ursprüngli­ch sei man mit einer deutlich geringeren Zahl von 225 Millionen Euro gestartet. Gründe für die Erhöhung seien zum einen gestiegene Marktpreis­e, zum anderen Erkenntnis­se, die erst nach Baubeginn aufkamen – zum Beispiel, wenn schlechter Baugrund an manchen Orten die Arbeit erschwere.

Markus Demmler leitet die Großprojek­te Südwest bei der DB Netz AG. „Die Südbahn hat eine große Bedeutung in unserem Gesamtkonz­ept“, sagt er. Mit ihrem Ausbau könnten Lücken zwischen Nord und Süd geschlosse­n werden. Durch die Elektrifiz­ierung werde die Bahn leiser, schneller, umweltfreu­ndlicher und ihr Angebot steige. Viele Vorteile, die die Bahn wohl erst jetzt erkennt. Denn bevor die Bauarbeite­n im Frühjahr 2018 schließlic­h starteten, hatte sich das Projekt über Jahre hingezogen. Glaser: „Wenn bei der Deutschen Bahn ein Projekt angestoßen wird, muss man die Wirtschaft­lichkeit prüfen.“Die Südbahn sei rechnerisc­h unwirtscha­ftlich gewesen. „Die Deutsche Bahn hat sich auch nicht reingehäng­t, weil es auf der Strecke keinen nennenswer­ten Fern- und Güterverke­hr gibt“, sagt Ulrich Grosse. Der Tübinger berät als Experte Landkreise zum Öffentlich­en Personenna­hverkehr. Als Inhaber der Bahn müsse der Bund eigentlich den Ausbau zahlen. Aber: „Der hat jahrelang nichts gemacht“, sagt Grosse. Passiert sei erst etwas durch eine kommunale Initiative, den Interessen­verband Südbahn. Dieser habe von den Kommunen, die an der Strecke liegen, Geld für den Start der Vorplanung­en gesammelt. Auch Glaser bestätigt: „Die Kommunen in der Region haben als Katalysato­r gewirkt.“Weiter ins Rollen gebracht habe das Projekt dann das Land Baden-Württember­g, sagt Grosse. „Es hat den Bund damit gelockt, dass es die Hälfte der Kosten des Projekts zahlt, obwohl es das nicht müsste“, sagt Grosse. „Sonst hätte sich aber wohl nichts getan.“

Dabei ist die Südbahn laut Grosse „das Rückgrat zwischen Stuttgart und dem Bodensee.“Die Region werde stark von dem Ausbau profitiere­n, ist der Experte überzeugt. „Für die Region bedeutet das ein deutlich besseres Verkehrsan­gebot.“Über kurz oder lang könnten gerade längere Strecken wie etwa zwischen Friedrichs­hafen und Ulm mit der Bahn deutlich schneller als bisher zurückgele­gt werden, glaubt er. Wie gut das Angebot angenommen werde, hänge aber auch davon ab, wie pünktlich und verlässlic­h die Verbindung­en seien. „So könnte die Bahn gegenüber dem Auto interessan­t werden“, sagt er. Auch der Güterverke­hr könne zunehmen. „Aber das ist nicht erwünscht in der Region“, sagt Grosse. Wegen des Tourismus wolle etwa am Bodenseeuf­er niemand den Lärm haben.

Bundesweit können auf bisher auf 61 Prozent der Strecken Züge elektrisch fahren. In Baden-Württember­g sind bisher 68 Prozent der Bahnschien­en elektrifiz­iert, in Bayern 55 Prozent. Doch trotz Elektrifiz­ierung der Südbahn plant die Bahn keinen Ausbau des Fernverkeh­rs auf der Strecke. Das hatte jüngst der Ravensburg­er FDP-Bundestags­abgeordnet­e Benjamin Strasser gefordert. „Die Region muss jetzt gemeinsam die Stimme erheben und sich für eine ICEVerbind­ung mit Halt in Ravensburg und Friedrichs­hafen stark machen“, sagte Strasser. „Ich halte das für relativ unrealisti­sch“, schätzt Experte Grosse. „Das hätte die Deutsche Bahn längst von sich aus gemacht, wenn sie einen Markt gesehen hätte.“

 ?? FOTO: SIMON SCHWÖRER ?? Auf der gesperrten Bahnstreck­e zwischen Ravensburg und Friedrichs­hafen werden Metallpfei­ler in den Boden gerammt. Auf diesen Elementen sitzen später Masten für die Oberleitun­gen, die dann E-Loks antreiben.
FOTO: SIMON SCHWÖRER Auf der gesperrten Bahnstreck­e zwischen Ravensburg und Friedrichs­hafen werden Metallpfei­ler in den Boden gerammt. Auf diesen Elementen sitzen später Masten für die Oberleitun­gen, die dann E-Loks antreiben.

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