Werbetrommel für Warn-App
Gesundheitsminister Spahn fordert zu stärkerer Nutzung auf – Maskenpflicht ab Oktober strenger kontrolliert
(dpa) - Die Bundesregierung ruft alle Bürger dazu auf, wegen steigender Infektionsrisiken im Herbst und Winter die neue Corona-WarnApp stärker einzusetzen. „Bitte nutzen Sie dieses Werkzeug in der Pandemie“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch in Berlin. Dazu gehöre, bei einem positiven Test auch seine Kontakte über die Smartphone-Anwendung zu informieren – bisher passiere das nur in der Hälfte der Fälle. Vor Beratungen von Bund und Ländern in der kommenden Woche unterstrich Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), dass Lockerungen von Schutzmaßnahmen derzeit nicht angebracht seien. Die Verkehrsunternehmen kündigten unterdessen an, dass sich Fahrgäste in Bus und Bahn auf stärkere Kontrollen der Maskenpflicht einstellen müssen.
Spahn sagte bei einer Zwischenbilanz 100 Tage nach dem Start der Corona-App, bisher hätten fast 5000 Nutzer eigene Kontakte damit gewarnt. Bei je zehn bis 20 Kontakten seien so Zigtausende Menschen informiert worden. Braun nannte die im Auftrag des Bundes entwickelte Anwendung eine „große Erfolgsgeschichte“. Mit rund 18 Millionen Downloads sei sie öfter heruntergeladen worden als alle anderen Corona-Apps in Europa. 400 000 Mal wurde sie in ausländischen Stores heruntergeladen, um sie in Deutschland nutzen zu können.
Spahn betonte, die App sei „kein Allheilmittel“. Sie ergänze die Arbeit von Gesundheitsämtern und Gesundheitswesen. Es komme zudem weiter auf Abstand, Hygieneregeln und Alltagsmasken an. Die CoronaWarn-App kann messen, ob sich Handynutzer über eine längere Zeit näher als etwa zwei Meter gekommen
ANZEIGE sind. Ist ein Nutzer positiv getestet worden und hat dies in der App geteilt, meldet sie anderen Anwendern, dass sie sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben. Dann kann man sich auf Kassenkosten testen lassen. Die Hersteller der Anwendung, SAP und Deutsche Telekom, kündigten an, dass die App um neue Funktionen ergänzt werden solle und künftig auch in zehn weiteren europäischen Ländern eingesetzt werden könne. Um die Ausbreitung des Coronavirus auch in Bus und Bahn zu verhindern, soll die Maskenpflicht stärker kontrolliert werden. Von Oktober an soll es regionale, überregionale und bundesweite Schwerpunktkontrollen an bestimmten Tagen geben. Darauf verständigten sich Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen sowie Bundespolizei, Verkehrsunternehmen und Gewerkschaften. Je nach Landesrecht sollen die Kontrollen auch auf Bahnhöfe und Haltestellen ausgedehnt werden.
Kanzleramtschef Braun bekräftigte mit Blick auf die generelle CoronaLage, schon bei den vorigen Gesprächen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten habe man gesagt, dass momentan kein Anlass gegeben sei, über weitere
Lockerungen nachzudenken. Er verwies auf eine zunehmende Tendenz der Corona-Infektionszahlen. Die Gesundheitsämter meldeten am Mittwochmorgen bundesweit 1769 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages. Auch der Berliner Virologe Christian Drosten warnte, dass die Pandemie nun erst richtig losgehen werde. „Wir müssen, um die Situation in den kommenden Monaten zu beherrschen, Dinge ändern“, sagte er im Vorfeld der im Oktober anstehenden Gesundheitskonferenz World Health Summit. „Die Pandemie wird jetzt erst richtig losgehen. Auch bei uns.“Die Nationale Wissenschaftsakademie
Die Bundesregierung hat Regionen in elf Ländern der Europäischen Union wegen steigender Infektionszahlen zu CoronaRisikogebieten erklärt. Darunter sind auch Gebiete in den Nachbarländern Dänemark, Tschechien, Frankreich, Österreich und den Niederlanden. Insgesamt sind damit nun schon 14 von 27 EU-Mitgliedstaaten wieder ganz oder teilweise als Corona-Risikogebiete ausgewiesen. Neu hinzugekommen sind am Mittwoch Regionen in Dänemark, Portugal, Irland und Slowenien. Zudem wurden weitere Regionen in Frankreich, Tschechien, den Niederlanden, Kroatien, Rumänien, Österreich und Ungarn als Risikogebiete ausgewiesen. Reisende, die aus Risikogebieten zurückkehren, müssen sich 48 Stunden vor oder nach der Einreise testen lassen. (dpa)
Leopoldina sprach sich in einer Stellungnahme für ein einheitlicheres Vorgehen in Deutschland aus. Die Verantwortlichen von Bund und Ländern sollten sich auf bundesweit verbindliche, wirksame und einheitliche Regeln einigen und diese konsequenter als bisher um- und durchsetzen. Ziel müsse es auch bei steigenden Neuinfektionszahlen bleiben, das öffentliche und wirtschaftliche Leben aufrecht zu erhalten und die Schließung von Bildungseinrichtungen zu vermeiden. So hatten sich auch Vertreter von Bund und Ländern zuletzt immer wieder geäußert.