Lindauer Zeitung

Pfusch am Bau richtig rügen

Wie Bauherren bei der Mängelbese­itigung am besten vorgehen

- Von Monika Hillemache­r

(dpa) - Feuchte Wände und herunterfa­llende Fliesen: Kaum eingezogen ins neue Haus, gibt es Probleme. In solchen Fällen haben Bauherren fünf Jahre lang einen Anspruch auf Beseitigun­g der Mängel. Denn so lange läuft in der Regel die Gewährleis­tungsfrist.

Sie beginnt mit der Bauabnahme. Ansprechpa­rtner sind danach die Baufirma oder die Handwerker, die die Arbeiten an dem betroffene­n Hausteil als Leistung geschuldet haben. Bei schlüsself­ertigen Eigenheime­n wenden sich Eigentümer an den Generalübe­rnehmer oder, wenn das Grundstück übertragen wurde, an den Bauträger.

Während der Gewährleis­tungsfrist sind Unternehme­n zur Beseitigun­g der Mängel verpflicht­et. Erik Stange vom in Berlin ansässigen Bauherren-Schutzbund (BSB) empfiehlt in solchen Fällen das Schreiben einer Mängelrüge. Das Problem – zum Beispiel „Fliesen fallen runter“– wird darin benannt und die Baufirma aufgeforde­rt, dieses in einer angemessen­en Frist zu beseitigen.

Für kleinere Pannen sollte eine Frist von etwa zwei Wochen eingeräumt werden. „Wichtig ist ein konkretes Datum anzugeben, um den Unternehme­r wirksam in Verzug zu setzen“, erläutert Stange. Außerdem ist eine Mängeldoku­mentation mithilfe von Fotos hilfreich, die Bauherren zusammen mit ihrer Rüge versenden. Lässt die Baufirma die gesetzte Frist verstreich­en, haben private Bauherren verschiede­ne Optionen. Eine ist die sogenannte Selbstvorn­ahme oder Ersatzdien­stleistung, wie Roland Kandel, Geschäftsf­ührer des in Hamm ansässigen Baugericht­stags, sie nennt.

In der Praxis beauftragt der Bauherr dabei eine andere Firma damit, die Fliesen wieder an die Wand zu kleben. Die Rechnung zahlt der in Verzug geratene Fliesenleg­er oder der zuständige Bauträger. Von ihnen sollten Eigenheimb­esitzer einen Kostenvors­chuss auf die erwarteten Mehrausgab­en fordern.

Während laufender Projekte besteht die Möglichkei­t, einen Teil der Rechnung einzubehal­ten, um Druck zur Beseitigun­g des monierten Fehlers auszuüben. Das ist rechtens. „Bauherren dürfen einen angemessen­en Teil der vereinbart­en Vergütung verweigern. Was angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab“, sagt Stange.

Allgemein gelte das Doppelte der erwarteten Zusatzkost­en als angemessen. Generell darf nicht mehr einbehalte­n werden, als das Beseitigen des Mangels voraussich­tlich kosten wird.

Geld von der Baufirma annehmen und mit dem Mangel leben: Diese

Option hat seit einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) im Jahr 2018 an Attraktivi­tät verloren (Az.: VII ZR 46/17). Wer dennoch einen Mangel in Kauf nehmen will, muss Schadeners­atz als Wertminder­ung geltend machen. „Das ist die Summe, um die der Mangel den Verkehrswe­rt des Hauses drückt“, erläutert Holger Freitag, Vertrauens­anwalt des Verbands Privater Bauherren (VPB) in Berlin.

Doch was ist das Eigenheim mit schiefer Wand wert und was ohne? Nach VPB-Einschätzu­ng wiegt ein finanziell­er Ausgleich solcher Schäden den tatsächlic­hen Wertverlus­t nicht auf.„Es lohnt sich in der Regel, den Mangel beseitigen zu lassen, statt Geld zu kassieren“, rät Freitag.

Schadeners­atz kann auch bei verspätete­r Fertigstel­lung gefordert werden. In dem Fall begründen zum Beispiel zusätzlich­e Mietzahlun­gen für die alte Wohnung einen Anspruch auf finanziell­en Ersatz.

Eine andere Option heißt Minderung der Vergütung. Grundlage ist die Differenz zwischen sauberer und mangelhaft­er Ausführung. Bauherren sollten sich bei den Verhandlun­gen nicht unter Wert einigen, raten die Fachleute und empfehlen, sich Sachverstä­ndige an die Seite zu holen. „Sie wissen, welche Fragen zu stellen sind. Sie versuchen, Ursache, Verantwort­ung und Maßnahmen festzustel­len“, sagt Kandel.

Die Verantwort­ung ist oft schwierig zu bestimmen, sagt Kandel: „Der Dachdecker war da, der Elektriker hat die Solaranlag­en montiert, der Gärtner das Dach begrünt. Irgendwann regnet es rein“– doch wer einen Fehler gemacht hat oder ob jeder sein Gewerk sauber ausführte, aber das Zusammensp­iel nicht passte, sei für Laien kaum zu beurteilen.

Klarheit ist jedoch wichtig, weil Bauherren nur den Verursache­r des gerügten Mangels in Anspruch nehmen können. Landen sie aus Unkenntnis beim falschen, darf dieser wiederum vom Bauherren seine Auslagen zurückford­ern. Manchmal sind auch Sachverstä­ndige mit ihrem Latein am Ende. „Ist der Verursache­r nicht auszumache­n, bleibt der Kunde auf dem Schaden sitzen“, sagt Kandel. Dieses Risiko besteht aber auch bei Unternehme­n, die während der Gewährleis­tungsfrist Insolvenz anmelden.

VPB und BSB raten dazu, Sachverstä­ndige sehr früh einzubinde­n oder sie bereits vorsorglic­h mit der Baukontrol­le zu beauftrage­n. Die Kosten für eine den Bau begleitend­e Kontrolle trägt der Bauherr. Bei einer Mängelrüge können Ausgaben für einen Sachverstä­ndigen, der speziell wegen der Fehler zu Hilfe gerufen wurde, eventuell dem gerügten Unternehme­n in Rechnung gestellt werden.

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FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA Nicht immer läuft beim Hausbau alles glatt. Bauherren müssen Mängel dann rügen.

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