Mit Handicap im Beruf
Unternehmerisches Engagement für Inklusion ist laut Justizminister Wolf in Corona-Zeiten besonders wichtig
- Ein Shuttlebus für Gehbehinderte, ein Blindenleitsystem, Spiegel über der Salatbar in der Kantine, damit Rollstuhlfahrer das Essen besser sehen können: Der Softwarekonzern SAP mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf hat diese Dinge eingerichtet, um seine Mitarbeiter mit Handicap zu unterstützen. Inwiefern das reicht und ob Menschen mit Behinderung in BadenWürttemberg ausreichend am Arbeitsleben auf dem ersten Arbeitsmarkt teilhaben können, darüber diskutierten Vertreter von Wirtschaft, Politik und Kirche am Mittwoch in Markdorf bei der TechniData AG, einem zu SAP gehörenden IT-Dienstleister. Organisator war das Schwerbehinderten-Netzwerk BodenseeOberschwaben.
SAP-Personalchef Cawa Younosi betonte, dass die Einbindung von beeinträchtigten Mitarbeitern „ein Wert sei, für den es zu streiten lohnt“. Dabei sei aber auch ein finanzielles Interesse nicht ausgeschlossen. SAP beschäftigt beispielsweise Autisten, die oft eine besonders ausgeprägte Konzentrationsfähigkeit und analytisches Denkverständnis aufweisen, mit dem sie komplexe IT-Probleme lösen können – ein wirtschaftlicher Gewinn für den Dax-Konzern.
Nun haben gerade große Unternehmen meist mehr Mittel, um Menschen mit Behinderung einzugliedern. Landesjustizminister Guido Wolf (CDU) appellierte am Mittwoch aber an alle Unternehmen in BadenWürttemberg – besonders in der derzeitigen Corona-Krise – sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst zu sein. „Wenn die Wirtschaft floriert, ist es leichter Menschen mit Behinderung einzubeziehen“. Das dürfe nun nicht verloren gehen.
Wolf sprach sich allerdings gegen eine ausgeweitete Quote für Schwerbehinderte in Unternehmen aus. „Es braucht eine gewisse unternehmerische Freiheit“, sagte er. Hinsichtlich der Beschäftigung Schwerbehinderter trifft die Arbeitgeber bisher eine Pflichtquote von fünf Prozent. Sie gilt ab 20 Beschäftigten. Kommt ein Arbeitgeber dem nicht nach, muss er eine Ausgleichsabgabe zahlen. Von dieser machen – schaut man auf die Statistiken – gerade viele kleinere Unternehmen Gebrauch.
Sowohl Hermann-Josef Drexl, leitender Direktor im Bischöflichen Ordinariat in Rottenburg, als auch Joachim Steck, Schwerbehindertenvertreter bei der Landesbank BadenWürttemberg sagten außerdem, dass es für Arbeitgeber oftmals schwer sei, Schwerbehindertenbeauftragte zu finden – also diejenigen, die sich für die Belange von Menschen mit Handicap in einem Unternehmen stark machen. „Das Amt ist ein schweres“, sagte Steck. Aber es sei enorm wichtig, dass es besetzt werde.