Eine Liste für alles
„Brave Mädchen tun das nicht“– Verkrampfte Romanze über das Sexleben einer jungen Frau
Sie sei zu verklemmt, bekommt Lucy von ihrem Ex-Freund zu hören – und will darauf diesen Vorwurf überprüfen, indem sie eine wilde Liste abarbeitet.
Manchen Filmen merkt man ihre Herkunft als Verfilmung eines Buches schnell an – diesem hier nicht unbedingt. Denn was als leicht anzügliche romantische Komödie daherkommt, basiert auf dem autobiografischen Ratgeber-Roman „Pornology: Der Pornoführer für anständige Mädchen“von Ayn Carrillo-Gailey, der hierzulande bereits 2008 erschienen ist. Dort wird der Hauptfigur von ihrem Partner „Pornophobie“vorgeworfen, worauf sie sich systematisch-analytisch in die Onlineund Offline-Aspekte der Sexindustrie begibt.
Nun ist der Umgang mit dem Thema seit dem Erscheinens des Buches im Kern nicht wirklich unverkrampfter geworden, dennoch wirkt die Hauptfigur der Films Lucy (Lucy Hale) mittlerweile noch mehr aus der Zeit gefallen. Am ehesten erinnert sie vielleicht noch an die konservative Samantha aus „Sex and the City“– und hat wie diese einen bunten Freundeskreis um sich geschart, der dem Film seine besseren Momente beschert.
Freunde sind auch ihre Arbeitskollegen, mit denen die Violinistin Lucy in einem Streichquartett spielt, das für Hochzeiten und andere Anlässe engagiert werden kann. Die temperamentvolle Nessa (Jackie Cruz aus „Orange is the New Black“) mit ihrem turbulenten Liebesleben, die glücklich verheiratete, abgeklärte Pricilla (Mindy Kohn) und der schüchterne Junggeselle Paul (Adhir Kalyan). Sie stehen Lucy zur Seite, als ihr langjähriger Freund, Videospieltester Jeff (Stephen Friedrich), mit ihr Schluss macht. Zuvor hatte sie ihn vor das Ultimatum gestellt „Die Pornos oder ich“, worauf seine Antwort eindeutig ausfiel. Schließlich lasse das gemeinsame Liebesleben arg zu wünschen übrig und werde schon mal unterbrochen, wenn Lucy etwas Wichtiges für ihre Einkaufsliste einfalle.
Solche Listen liebt die junge Frau für alle Lebenslagen. Und um die Trennung von Jeff zu verarbeiten und sich dem Vorwurf der „Pornophobie“zu stellen, muss natürlich auch eine solche herhalten. Die Einträge wie der Besuch eines Sexshops oder Stripschuppens sind recht erwartbar, werden aber mit Begleitung der Freundesschar teils recht amüsant absolviert. Dabei gibt sich der Film der Regisseure Nick und Chris Riedell aber deutlich braver als die derben Komödien der letzten Jahre, denn letztlich will er doch eine romantische Komödie sein. Und so lernt Lucy schon kurz nach der Trennung bei einem Hochzeits-Engagement den sehr charmanten Grant (Leonidas Gulaptis) kennen. Die allmähliche gegenseitige Annäherung gestaltet sich immerhin etwas interessanter, da sie sich teils mit Lucys Unternehmungen zur Abarbeitung ihrer Liste überschneidet.
Die Mischung aus Romantik und etwas Schlüpfrigkeit eignet sich somit wohl am ehesten als Auftakt für einen eher gesitteten Junggeesellinnenabschied – und endet wie dieser nach nicht allzu wilden Ausschweifungen in einer ganz klassischen Beziehung.
Brave Mädchen tun das nicht. Regie: Nick Riedell, Chris Riedell. Mit Lucy Hale, Mindy Cohn, Jackie Cruz. USA 2020. 94 Minuten. FSK ab 12 Jahren.