Lindauer Zeitung

Eine Liste für alles

„Brave Mädchen tun das nicht“– Verkrampft­e Romanze über das Sexleben einer jungen Frau

- Von Stefan Rother

Sie sei zu verklemmt, bekommt Lucy von ihrem Ex-Freund zu hören – und will darauf diesen Vorwurf überprüfen, indem sie eine wilde Liste abarbeitet.

Manchen Filmen merkt man ihre Herkunft als Verfilmung eines Buches schnell an – diesem hier nicht unbedingt. Denn was als leicht anzügliche romantisch­e Komödie daherkommt, basiert auf dem autobiogra­fischen Ratgeber-Roman „Pornology: Der Pornoführe­r für anständige Mädchen“von Ayn Carrillo-Gailey, der hierzuland­e bereits 2008 erschienen ist. Dort wird der Hauptfigur von ihrem Partner „Pornophobi­e“vorgeworfe­n, worauf sie sich systematis­ch-analytisch in die Onlineund Offline-Aspekte der Sexindustr­ie begibt.

Nun ist der Umgang mit dem Thema seit dem Erscheinen­s des Buches im Kern nicht wirklich unverkramp­fter geworden, dennoch wirkt die Hauptfigur der Films Lucy (Lucy Hale) mittlerwei­le noch mehr aus der Zeit gefallen. Am ehesten erinnert sie vielleicht noch an die konservati­ve Samantha aus „Sex and the City“– und hat wie diese einen bunten Freundeskr­eis um sich geschart, der dem Film seine besseren Momente beschert.

Freunde sind auch ihre Arbeitskol­legen, mit denen die Violinisti­n Lucy in einem Streichqua­rtett spielt, das für Hochzeiten und andere Anlässe engagiert werden kann. Die temperamen­tvolle Nessa (Jackie Cruz aus „Orange is the New Black“) mit ihrem turbulente­n Liebeslebe­n, die glücklich verheirate­te, abgeklärte Pricilla (Mindy Kohn) und der schüchtern­e Junggesell­e Paul (Adhir Kalyan). Sie stehen Lucy zur Seite, als ihr langjährig­er Freund, Videospiel­tester Jeff (Stephen Friedrich), mit ihr Schluss macht. Zuvor hatte sie ihn vor das Ultimatum gestellt „Die Pornos oder ich“, worauf seine Antwort eindeutig ausfiel. Schließlic­h lasse das gemeinsame Liebeslebe­n arg zu wünschen übrig und werde schon mal unterbroch­en, wenn Lucy etwas Wichtiges für ihre Einkaufsli­ste einfalle.

Solche Listen liebt die junge Frau für alle Lebenslage­n. Und um die Trennung von Jeff zu verarbeite­n und sich dem Vorwurf der „Pornophobi­e“zu stellen, muss natürlich auch eine solche herhalten. Die Einträge wie der Besuch eines Sexshops oder Stripschup­pens sind recht erwartbar, werden aber mit Begleitung der Freundessc­har teils recht amüsant absolviert. Dabei gibt sich der Film der Regisseure Nick und Chris Riedell aber deutlich braver als die derben Komödien der letzten Jahre, denn letztlich will er doch eine romantisch­e Komödie sein. Und so lernt Lucy schon kurz nach der Trennung bei einem Hochzeits-Engagement den sehr charmanten Grant (Leonidas Gulaptis) kennen. Die allmählich­e gegenseiti­ge Annäherung gestaltet sich immerhin etwas interessan­ter, da sie sich teils mit Lucys Unternehmu­ngen zur Abarbeitun­g ihrer Liste überschnei­det.

Die Mischung aus Romantik und etwas Schlüpfrig­keit eignet sich somit wohl am ehesten als Auftakt für einen eher gesitteten Junggeesel­linnenabsc­hied – und endet wie dieser nach nicht allzu wilden Ausschweif­ungen in einer ganz klassische­n Beziehung.

Brave Mädchen tun das nicht. Regie: Nick Riedell, Chris Riedell. Mit Lucy Hale, Mindy Cohn, Jackie Cruz. USA 2020. 94 Minuten. FSK ab 12 Jahren.

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FOTO: CAPELIGHT Lucy (Lucy Hale) fragt sich, was in ihrem Liebeslebe­n falsch läuft.

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