Daimler dementiert Gerüchte über Formel-1-Ausstieg
Die noch ausstehenden Vertragsverlängerungen von Teamchef Toto Wolff und Weltmeister Lewis Hamilton führten zu Spekulationen
(dpa) - Lewis Hamilton lässt die Zukunft noch warten. Schon am Sonntag könnte der Formel-1-Star in Sotschi den vermeintlich unerreichbaren Siegrekord von Michael Schumacher (91 gewonnene Grands Prix) einstellen, mit seinem nächsten Arbeitsvertrag indes hat der 35-Jährige keine Eile. „Ich bin niemand, der einfach immer weiter das Gleiche will“, ließ Hamilton jüngst wissen. Dass der Brite seine Verhandlungen vor allem direkt mit Teamchef Toto Wolff führt, könnte die Königspersonalie bei Mercedes noch etwas komplizierter machen. Denn auch der Österreicher hat noch nicht für 2021 unterschrieben und liebäugelt wohl mit einer neuen Rolle beim Branchenführer.
Angesichts eben dieser offenen Vertragslage halten sich im Fahrerlager hartnäckige Spekulationen, der schwäbische Autobauer bereite einen Verkauf des Teams – und damit möglicherweise sogar einen Rückzug aus der Rennserie – vor. Beim DaimlerKonzern will man davon nichts wissen. „Wir gehen weiter mit dem Team, und das wird auch ein Mercedes-Team sein. Wir haben nicht vor, da rauszugehen“, sagte ein DaimlerSprecher vor dem Großen Preis von Russland. Zuvor hatte schon Teammitbesitzer Wolff Gerüchte über eine Übernahme der Mehrheit durch den britischen Chemie-Giganten Ineos bestritten.
Stattdessen will Daimler mit Lewis Hamilton und dem bereits für 2021 gebundenen Valtteri Bottas als Fahrerduo ebenso weitermachen wie mit Wolff, wie der Konzernsprecher versicherte: „Wir haben nicht vor, einen anderen Teamchef zu haben.“Der immer wieder ins Spiel gebrachte Wechsel des 48 Jahre alten Wolff ins Amt des Geschäftsführers der Formel 1 ist inzwischen wohl vom Tisch. Der frühere Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali wird offenkundig im nächsten
Jahr Chase Carey als Chef der Rennserie beerben (siehe „Leute“, Seite 21).
Möglich ist, dass Wolff in der Hierarchie weiter aufsteigt und Teile seiner Teamchef-Pflichten an der Rennstrecke abtritt. Über solche Fragen wird auch Lewis Hamilton Klarheit haben wollen, ehe er sich weiter an Mercedes bindet. „Man muss sicherstellen, dass sich unsere Werte im Gleichklang befinden, unsere Ziele und Wünsche“, sagte der Titelverteidiger, der, wie zuletzt schon, seinen Kontrakt selbst aushandelt.
„Sobald die kleinen Details erst einmal aussortiert sind, kommen die großen Fragen“, sagte Hamilton. „Wir brauchen einfach etwas Zeit dafür“, sagte Wolff und verwies auf den in der Corona-Notsaison bisher so engen Rennkalender mit neun WM-Läufen in elf Wochen: „Mit einem Rennen nach dem nächsten wollen wir uns nicht durch Vertragsgespräche ablenken lassen.“In den längeren Pausen vor und nach dem Russland-Gastspiel sei mehr Gelegenheit dazu. Wolff weiter: „Aber ich weiß nicht, wann wir es verkünden werden.“
Für Lewis Hamilton ist das laufende schon das achte Jahr beim Mercedes-Werksteam, auch davor bei McLaren hatte er schon einen Mercedes-Motor im Auto. Ein Ende dieser Partnerschaft erscheint undenkbar, zumal der WM-Spitzenreiter im kommenden Jahr auch Michael Schumachers Titelrekord brechen könnte. „Das fühlt sich unwirklich an. Es ist ein Privileg, in dieser Position zu sein und solch ein großartiges Team und Auto zu haben, um jedes Wochenende abliefern zu können“, sagte er.
Vor dem Rennen im russischen Olympia-Ort führt Hamilton die WM mit 55 Punkten Vorsprung vor Stallgefährte Bottas an und ist auf klarem Kurs zum siebten Titelgewinn. In Sotschi spricht die Statistik klar für den „Silberpfeil“-Piloten. Bei allen sechs Rennen dort gewann bislang ein Mercedes-Fahrer.