Von der Straße ins Parlament
Sie sind wieder da. Nach langer Corona-Pause drängen die jungen Aktivisten von Fridays for Future zurück auf die Straßen. In aller Welt, vor aller Augen zeigen sie, wie kompromisslos sie ein Ziel durchgesetzt sehen wollen: Die von Menschen verursachte Aufladung der Atmosphäre mit Kohlendioxid, Methan und Distickstoffmonoxid muss aufhören. Nicht in 30 Jahren, sondern am besten sofort. Es geht um eine lebenswerte Zukunft für die protestierende Generation.
Dieses große, einleuchtende Ziel treibt Hunderttausende in den Protest. Aus Greta Thunbergs einsamem Schulstreik ist die wohl erste globale Massenbewegung geworden. Die jungen Menschen sehen sich als Kämpfer für alle Bewohner des Planeten. Dass eine so große und gerechte Sache auch Selbstgerechtigkeit mit sich bringen muss, steht außer Frage. Verblüffend am Selbstverständnis der Fridays ist indes der Außenseiter-Status, den viele Demonstranten leben. Doch zumindest hierzulande kann davon keine Rede sein. Die Mehrheit der Deutschen scheint mit ihnen zu sympathisieren. So kuschelig wurde noch keine Protestbewegung vorher aufgenommen.
Doch ist die Bundesrepublik nicht die Welt und das Beispiel USA zeigt, dass es auch anders geht. Donald Trump wurde auch wegen seiner klimapolitischen Überzeugungen gewählt. Der Protest der ökobewegten Jugend interessiert gut die Hälfte der Wähler der größten Volkswirtschaft der Welt nicht die Bohne.
Auch dürfte die Erkenntnis schwer wiegen, dass Corona die Aufmerksamkeit für die Klimaaktivisten gemindert hat. Das Umweltthema wird nicht mehr verschwinden, aber die soziale Frage dringt wieder stärker ins Bewusstsein. Recht haben heißt also nicht unbedingt, auch Recht zu bekommen. Gerade deshalb müssten die Fridays nun den nächsten Schritt gehen und in die Parlamente ziehen. Doch der Gang durch die Institutionen wird mühsam. Hierbei sind Kompromisse notwendig. Das Verständnis für andere Lebensentwürfe ist zwingend. Das fehlt in der Bewegung. Elitäres Denken hilft in der Demokratie aber nur so weit, wie es auch andere gesellschaftliche Gruppen überzeugt.