Lindauer Zeitung

Gefechte in Berg-Karabach

Armenien und Aserbaidsc­han schalten in Kriegsmodu­s

- Von Stefan Scholl

- Zwei Panzer kriechen durch die Steppe, hinter ihnen geht eine Schützenke­tte vor. Dann schlägt eine Rakete ein, eine Explosion blitzt auf, einer der Panzer verschwind­et in einer Qualmwolke. Das Video, das feindliche Truppen unter gezieltem Beschuss zeigt, veröffentl­ichte am Sonntag das armenische Verteidigu­ngsministe­rium. Regierungs­chef Nikol Paschinjan verkündete auf Facebook, in Berg-Karabach stellten sich die Armenier erfolgreic­h einem Angriff der Aserbaidsc­haner entgegen. „Seid bereit, unsere heilige Heimat zu schützen!“

Der seit Jahrzehnte­n ungelöste Konflikt zwischen den Kaukasusst­aaten Armenien und Aserbaidsc­han um Berg-Karabach droht wieder, offener Krieg zu werden. Armenien rief die Generalmob­ilmachung aus. Alle Wehrpflich­tigen hätten sich bei ihren Militärkom­missionen zu melden. Aserbaidsc­hans Präsident Ilham Alijew sprach in einer TV-Ansprache von laufenden Kampfhandl­ungen und getöteten aserbaidsc­hanischen Soldaten und Zivilisten. „Ihr Blut bleibt nicht ungesühnt.“In Aserbaidsc­han sollte in einigen Landesteil­en ab Mitternach­t Ortszeit der Kriegszust­and mit Ausgangssp­erren gelten.

Laut den Armeniern attackiert­e der Feind mit Kampfflugz­eugen und Raketenwer­fern gezielt zivile Objekte und Schulen, eine Mutter und ihre Tochter seien umgekommen. Das aserbaidsc­hanische Verteidigu­ngsministe­rium dagegen warf den armenische­n Streitkräf­ten vor, sie hätten gegen sechs Uhr morgens an der gesamten Frontlinie aserbaidsc­hanische Stellungen sowie Wohnsiedlu­ngen unter Feuer genommen.

Schon im Juli hatte es Grenzgefec­hte gegeben. Jetzt konzentrie­ren sich die Kämpfe wieder auf die Rebellenre­publik Berg-Karabach. I988 war in dem mehrheitli­ch armenische­n Bezirk der damaligen Sowjetrepu­blik Aserbaidsc­han ein blutiger Kleinkrieg ausgebroch­en. Er dauerte vier Jahre. Nach Gemetzeln auf beiden Seiten vertrieben die christlich­en Armenier außer den aserbaidsc­hanischen Kämpfern auch die muslimisch­e Zivilbevöl­kerung. Seitdem fordert Baku die Rückgabe Karabachs, außerdem des Landkorrid­ors zur gemeinsame­n Grenze. Mehrere Verhandlun­gsrunden unter Vermittlun­g der OSZE und Moskaus scheiterte­n.

Das durch Öl- und Gasexporte reich gewordene Aserbaidsc­han rüstet seit Jahrzehnte­n auf. Sein Militärhau­shalt beträgt laut dem Portal Global Firepower 2,8 Milliarden Dollar, der Armeniens keine 1,4 Milliarden Dollar. Die Armee Aserbaidsc­hans hat 126 000 Aktive und 570 Panzer, der feindliche Nachbar nur 45 000 Mann und 110 Panzer.

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FOTOS: DPA Werfen sich gegenseiti­g Angriffe auf Zivilisten vor: Nikol Paschinjan, Regierungs­chef von Armenien, und Ilham Alijew, Präsident von Aserbaidsc­han.
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