Massenhafte Corona-Ausbrüche an britischen Unis
Zwangsisolation für Hunderte junger Leute – Studierende kritisieren Verwaltung wegen angeblicher Untätigkeit
- Zu Beginn des neuen Semesters geraten Studierende in Grossbritannien zwischen die Corona-Fronten. An mehreren Universitäten des Landes kam es zu massenhaften Ausbrüchen von Sars-CoV-2, die Verwaltungen der Wohnheime reagierten darauf mit drakonischen Lockdown-Massnahmen. Schon ist davon die Rede, die Zwangsisolation werde notfalls auch über die Weihnachtsferien ausgedehnt. Die Labour-Opposition fordert nun eine rapide Ausweitung der Testkapazität sowie eine Regierungsgarantie für ungestörte Feiertage im Familienkreis.
Junge Leute stehen seit Wochen im Fokus der Covid-19-Bekämpfung, der Ton schwankt dabei zwischen paternalistischer Belehrung und strengen Ermahnungen mit erhobenem Zeigefinger.
Der besorgniserregende Anstieg der Neuinfektionen auf der Insel – zuletzt deutlich mehr als 6000 täglich – konzentrierte sich wochenlang auf die Altersgruppe bis 29 Jahre, ehe auch ältere Semester häufiger positiv getestet wurden.
Zu Monatsbeginn berichteten die Behörden vor allem von CoronaClustern unter jungen Urlaubern, die beispielsweise von Stränden in Griechenland und Kroatien in die Heimat zurückgekehrt waren. Nun ist immer häufiger von massiven Ausbrüchen in den Wohnheimen der Universitäten zu hören. Dort sind traditionell fast alle Erstsemester im Alter zwischen 17 und 19 Jahren untergebracht; viele erproben dort erstmals die Abwesenheit von ihren – häufig extrem behüteten – Elternhäusern.
Um den üblichen Alkohol- und Verbrüderungsexzessen vorzubeugen, haben viele Universitäten nicht nur die Ankunftszeiten der „Freshers“(Frischlinge) reglementiert, sondern die Studierenden auch in sozialen Kleingruppen (bubbles) zusammengefasst. Soweit möglich sollen die jungen Leute sozialen Kontakt mit anderen Studierenden vermeiden.
Wie weltfremd diese Vorkehrungen waren, haben mehrere schottische Cluster demonstriert. An den Universitäten von Aberdeen, Dundee und Glasgow gab es mehrere Hundert positiver Corona-Tests, Tausende junger Leute werden jetzt für jeweils 14 Tage in ihren Wohnheimen
kaserniert. Auf Twitter kursieren Berichte von Studierenden selbst sowie von ihren Eltern, in denen schlimme Zustände beschrieben werden. So soll in Glasgow die UniVerwaltung eine Wohngemeinschaft
Paris (dpa) – Medizinerinnen und Mediziner fordern angesichts der angespannten Corona-Lage in Frankreich „drastische Maßnahmen“. Ohne diese Maßnahmen würde es Frankreich mit einer zweiten Welle zu tun bekommen, die für Krankenhäuser und Intensivstationen viel schwieriger zu bewältigen sein werde als die erste, hieß es in einem offenen Brief von sieben Medizinern, der am Sonntag im „Journal du Dimanche“veröffentlicht wurde. „(…) Wir müssen jetzt schnell und entschlossen handeln.“
Spanien, Israel, Großbritannien und Italien setzten bereits seit fast zwei Wochen Maßnahmen um – in eichen verwarnt haben, weil dort laut ein Lied mit der Titelzeile „Let me out“(Lass‘ mich raus) gespielt wurde. Hingegen kümmere sich niemand um die Verpflegung und die psychische Gesundheit seiner Schützlinge. nigen Ländern gebe es gar Ausgangsbeschränkungen, so die Autorinnen und Autoren. „Die Gesundheitssituation in Frankreich unterscheidet sich nicht von der in diesen Ländern.“Die Experten fordern, dass Masken immer getragen werden – nur Menschen, die in einem Haushalt leben, könnten darauf verzichten. „Unternehmen und Bildungseinrichtungen sollten nicht geschlossen werden, aber Abstandsregeln sollten strikt durchgesetzt werden.“Auch in Restaurants müsse die Maske getragen werden – außer beim Essen. „Wenn diese Maßnahmen ab diesem Wochenende angewandt und zwei bis drei Wo
Die humoristische Seite der Verhältnisse sahen Kasernierte in einem Glasgower Wohnheim. In eines der Fenster klebten sie mit Isolierband die Worte: „Help us, send beer“(Helft uns, schickt Bier). lang aufrechterhalten werden, könnten sie das Niveau der Epidemie wieder auf das Niveau vom vergangenen Juni bringen.“Frankreich ist von der Pandemie schwer getroffen, mehr als 31 000 Menschen sind bisher gestorben. Der letzte Höchstwert der täglichen Corona-Neuinfektionen wurde am Donnerstagabend mit 16 096 Fällen erreicht.
Die Regierung hatte zuletzt strengere Regel für zahlreiche große Städte verhängt, darunter auch die Hauptstadt Paris. In Marseille müssen Bars und Restaurants komplett schließen. In Paris müssen Bars von diesem Montag an bereits um 22 Uhr zumachen.
Schottland stellt den Vorreiter dar, weil dort das Semester bereits in den vergangenen Wochen begonnen hat. Am Wochenende wurde aber bekannt, dass an der Metropolitan-Uni im englischen Manchester ebenfalls 147 Neuinfektionen registriert wurden. Dort sitzen nun rund 1700 Studenten fest.
Viele Universitäten haben bereits angekündigt, dass sämtliche Vorlesungen ins Internet verlegt würden; gleichzeitig stellten sie aber OfflineSeminare in Kleingruppen in Aussicht. Im Finanzierungsmodell der stark expandierten Bildungseinrichtungen spielen die Wohnheime und damit die Anwesenheit ihrer Zöglinge vor Ort eine wichtige Rolle. Für ein kaum mehr als zehn Quadratmeter großes Zimmer berechnet beispielsweise die Uni Bristol ihren Erstsemestern beziehungsweise deren Eltern rund 600 Pfund (657 Euro). Bad und Küche werden mit sechs bis zehn anderen jungen Leuten geteilt. Englische Universitäten kassieren zudem bis zu 9500 Pfund (10 405 Euro) pro Studienjahr von ihren Zöglingen.
Der Londoner Gesundheitsminister Matthew Hancock mochte vergangene Woche ausdrücklich den Spekulationen nicht entgegentreten, wonach die Corona-Quarantäne an Universitäten auch über die normalerweise drei Wochen langen Weihnachtsferien ausgedehnt werden könnten. „Ich habe mir abgewöhnt, Dinge auszuschliessen“, teilte der Minister der BBC mit.
Genau dies fordert nun Labours bildungspolitische Sprecherin Kate Green: Die schlingernde Regierung müsse dafür sorgen, dass zum Fest in knapp drei Monaten die Familien vereint sein können. Dafür sei eine erhebliche Ausweitung der Testkapazitäten an Unis nötig.
Nicht zufällig zielt Green auf eine zentrale Schwachstelle der britischen Corona-Bekämpfung. Die Konservativen haben in zehn Regierungsjahren nicht nur das Nationale Gesundheitssystem NHS ausbluten lassen, sondern seit Ausbruch der Pandemie auch die Rückverfolgung von Covidinfizierten einer Reihe von Privatfirmen unter Leitung der früheren Telekom-Managerin Dido Harding übertragen. Deren Bemühungen bleiben dürftig, die Infektionsrate scheint außer Kontrolle, schon werden in Regierungskreisen weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens diskutiert.