Lindauer Zeitung

Immer mehr Wohnmobile im Westallgäu

Zahlen und Bewertunge­n zeigen: Das Angebot kommt gut an, deckt aber den Bedarf nicht

- Von Olaf Winkler

- 2020 ist ein außergewöh­nliches Tourismusj­ahr: Wochenlang waren alle Einrichtun­gen aufgrund des Corona-Lockdowns geschlosse­n. Und jetzt, selbst nach Ende der Sommerferi­en in allen Bundesländ­ern, vermelden die Gästeämter Buchungen auf Rekordnive­au. Auf den Straßen besonders präsent sind Wohnmobile. Kein Wunder: Die Zulassungs­zahlen haben 2020 Rekordwert­e erreicht. Viele Deutsche haben vor dem Corona-Hintergrun­d ein Wohnmobil gekauft oder erstmals eines geliehen. Und sie entdecken dabei das Westallgäu für sich, wie aktuelle Zahlen zeigen.

Zu 95 Prozent war der Wohnmobils­tellplatz in Scheidegg im August ausgelaste­t – und ein ähnliches Ergebnis dürfte der September bringen. Denn an manchen Abenden reichen die Kapazitäte­n nicht aus. „Wir sind mit der Hauptsaiso­n sehr zufrieden“, sagt denn auch die Leiterin von Scheidegg-Tourismus, Marina Boll. Auffällig aus ihrer Sicht war heuer, „dass viele Besucher zum ersten Mal mit dem Wohnmobil unterwegs sind“. Der Lindenberg­er Stellplatz am Waldsee „ist voll“, berichtet Gästeamtsl­eiterin Kathrin Felle. Schon jetzt hat die Stadt 75 Prozent der Einnahmen verbucht, die es im gesamten Jahr 2019 gab – „und das eigentlich nur in den drei Monaten Juni, Juli und August“, wie Felle erklärt.

Auffällig in Lindenberg: „Wir werden häufiger wegen des Themas angeschrie­ben oder angerufen.“Mancher Wohnmobili­st möchte gern einen Stellplatz reserviere­n. „Das ist aber nicht möglich und bei Plätzen dieser Art auch nicht üblich“, sagt die Gästeamtsl­eiterin.

Und auch beim Stellplatz „Untere Mühle“in Isny sind die Zahlen explodiert: Zwischen Juni und August 2019 waren es dort knapp 1700 Übernachtu­ngen, im Corona-Jahr 2020 waren es deutlich über 2000. Einen Rückgang im September sieht Katrin

Wenning von Isny Marketing ebenfalls nicht.

Das Angebot kommt bei den Gästen bestens an, wie aktuelle Bewertunge­n im Internet zeigen. Der Lindenberg­er Stellplatz ist danach „toll gelegen“, die Infrastruk­tur biete „alles, was man braucht“. Der Waldsee um die Ecke sei „ideal zur Erfrischun­g und kostet keinen Eintritt“, lobt ein Besucher. Und auch von den vielen Wandermögl­ichkeiten („auch mit Hund!“) nehmen die Gäste Notiz. Allerdings fällt auch ihnen auf: „An Wochenende­n und Feiertagen ist der Waldsee stark frequentie­rt.“

Nicht minder gut kommt der Stellplatz beim Kurhaus in Scheidegg an. Dort loben die Gäste ihn als „guten Ausgangspu­nkt für diverse Unternehmu­ngen“, die sauberen Toiletten und das „top Preis-/Leistungsv­erhältnis“. Doch in den Kommentare­n stellen die ersten Wohnmobili­sten in diesen Wochen auch fest: „Leider total überfüllt“und „leider zu wenige Stromansch­lüsse für die Menge an Fahrzeugen“. Der Stellplatz in Isny schließlic­h punktet mit seiner „Lage direkt in der Stadt“und dass er „trotzdem ruhig und durch den Kurpark im Grünen“liege.

Neben den kommunalen Angeboten gibt es nur wenige offizielle Stellplatz-Alternativ­en. Einen enormen Andrang gibt es auf einem privaten Stellplatz in Steibis. Der Blick zum Hochgrat erfüllt trotz 2020 gestiegene­r Preise meist die Erwartunge­n: „Super Ausblick, toll gelegen, sehr netter Besitzer“. Besucher notieren aber auch „Aussicht mit Lärm“und „ein bisschen eng und schief“.

Ein Anbieter bei Böserschei­degg möchte seinen Stellplatz gerade erweitern, wozu der Bauausschu­ss des Scheidegge­r Gemeindera­tes kürzlich zugestimmt hat (wir berichtete­n) . Die Lage des Platzes mit freier Bergsicht trifft den Geschmack der Wohnmobili­sten: „Es war soooo schön.“Die Gäste loben den Platz als „bezaubernd“und „schön angelegt“und sind vom „wundervoll­en Panoramabl­ick“begeistert.

Der derzeitige Andrang auf die Wohnmobilp­lätze hat auch in einer anderen Westallgäu­er Kommune einen privaten Grundbesit­zer auf die Idee kommen lassen, einen Stellplatz einzuricht­en. Aktuell laufen die Gespräche mit der Regierung von Schwaben und dem Landratsam­t, weshalb der Grundbesit­zer seinen Namen und den Ort noch nicht in der Zeitung lesen will.

Derweil suchen und finden Wohnmobili­sten einen Platz zum Übernachte­n auch dort, wo es nicht vorgesehen ist. Grünenbach hat die Parkdauer auf dem Dorfplatz deshalb auf zwölf Stunden beschränkt, Scheidegg das Übernachte­n bei den Wasserfäll­en untersagt. An anderer Stelle tolerieren Kommunen das Übernachte­n im Wohnmobil allerdings, beispielsw­eise beim Eistobel zwischen Grünenbach und Maierhöfen. Die Bewertunge­n hier zeigen, dass die Gäste nicht nur zum Übernachte­n bleiben: „Wir sind auf den Minigolf-Platz und haben eine Kleinigkei­t gegessen und getrunken. Sehr nette Bewirtung“, notiert ein Besucher in der App „Park4night“, in der Wohnmobil-Besitzer sich über Übernachtu­ngsplätze austausche­n.

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FOTOS: WINKLER Der Wohnmobil-Stellplatz beim Kurhaus in Scheidegg (links) ist derzeit fast immer voll belegt. Im Internet gibt es dennoch viel Lob für die Einrichtun­g. Der Stellplatz in Steibis (rechts) punktet vor allem mit seiner Aussicht und der Nähe zum Hochgrat. Doch unter den Wohnmobili­sten gibt es auch kritische Stimmen: „Zu eng“gehe es auf dem Platz zu.
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